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18. Dezember

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Dass es nichts nützt, sich Weltfrieden zu wünschen, habe ich schon früh gelernt. Das war im Familienurlaub in Italien. Eines Abends flimmerte in der Strandbar die Wahl zur Miss Italia über den Bildschirm. Auf die Frage nach ihrem größten Wunsch verkündeten die Kandidatinnen säuselnd und schluchzend eine nach der anderen: Weltfrieden! Der überschminkte Moderator klatschte jedes Mal in die Hände und strich den bibbernden Mädchen aufmunternd über die Paillettentaille: „Brava!“. Das fand ich ziemlich bescheuert. Also beschränkte ich mich auf finanzierbare Wünsche, zumindest meistens.

Ich habe eine Woche vor Weihnachten Geburtstag. Nein, das ist nicht so schlimm wie alle denken, das ist sogar sehr gut. Nah genug an Weihnachten, dass es noch ein Türchen auf dem Adventskalender am Geburtstag gibt, aber auch weit genug weg, um den Geburtstag nicht unterm Weihnachtsbaum feiern zu müssen. Nah genug, dass es schon Plätzchen und Lebkuchen gibt, aber auch weit genug weg, dass einem Weihnachtsmänner und Lichterketten noch nicht zum Hals raushängen. Nah genug, dass man den Geburtstag jedes Jahr mit der Familie nachfeiern kann, aber auch weit genug weg, dass noch nicht alle Freunde in Zügen, Bussen und Flugzeugen verschwunden sind, um nach Hause zu fahren.

Vor Weihnachten Geburtstag haben birgt noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Man kann einmal im Jahr wunschlistenmäßig so richtig auf den Putz hauen. Geldbeutel und Nervenenden haben schließlich ein ganzes Jahr Zeit zu heilen. Das Pferd, das elektrische Kinderauto und die Riesenschildkröte habe ich trotzdem nicht gekriegt. Aber meine Weihnachts-Geburtstags-Wunschliste hat mir zumindest viel beschert, was ich mir sonst nicht hätte leisten können: Discman, Stereoanlage oder Flugtickets.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich jedes Jahr eine Wunschliste geschrieben habe, aber ich weiß, dass ich einmal einen Brief persönlich an den Weihnachtsmann adressieren durfte. Ich wusste nur nicht, ob er am Nord- oder Südpol wohnt und habe beides draufgeschrieben. Nordsüdpol. Als ich später den Brief mit  der Adresszeile in den Händen hielt, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt. Der einzige Wunschzettel, der heute noch existiert, ist aus dem Jahr 2006. Darauf steht: „Gutes Essen. Keine Weihnachtslieder.“.

Dieses Jahr wünsche ich mir was Funktionales. Man wird ja schließlich älter. Und reifer. Deswegen auf meiner Liste: warme Wintersachen. Ich brauche dringend einen richtig warmen Wintermantel und vor allem Winterschuhe, da mein intensives Socken-Layering mittlerweile zu viel Aufsehen erregt und der Fuß fast aus dem Schuh herausquillt. Außerdem: Schnee. Meine Familie. Viele Mandarinen und einen schönen Baum. Freunde wiedersehen. Kakao mit Sahne. Einen schönen Schal. Am Kamin sitzen und ein Buch lesen. Eine Schneeballschlacht. Frühstücken gehen. Heiße Maroni. Und eine Überraschung. Ach ja: gutes Essen. Und keine Weihnachtslieder.

Dieser Text stammt von sina-pousset.

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