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"Stolz und Vorurteil" oder: ein weiterer Grund für den Verbleib der Briten in der EU

Illustration: Katharina Bitzl

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Um die Spannung ein wenig zu lockern, hier gleich mal die berühmteste Szene der Serie: 

Die Serie:

Schon der erste Satz, der in der allerersten Folge fällt, ist in gewissen (tendenziell weiblichen) Kreisen so bekannt wie der Refrain des Spice-Girls-Hits „Wannabe“ auf einem Karaoke-Firmenevent der örtlichen Kreissparkasse: „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.“

Die Handlung selbst ist ebenso bekannt, weil seitdem hunderte Male in diversen Settings und Interpretationen wiederholt: England, Anfang des 19. Jahrhunderts: Elizabeth, „Lizzy“, Bennet (gespielt von Jennifer Ehle) ist die zweitälteste der fünf Bennet-Schwestern und Vertraute ihrer großen Schwester Jane. Sie ist intelligent, humorvoll, unprätentiös und im Gegensatz zu ihrer großen Schwester nicht außergewöhnlich attraktiv. Der Vater ist ein verarmter Landadeliger, die Mutter ein bisschen dumm und ziemlich impertinent, die jüngeren Schwestern nervig und oberflächlich.

Die oberste Pflicht der Bennet-Schwestern ist es, so schnell wie möglich geheiratet zu werden, um den Eltern nicht länger auf der Tasche zu liegen.

Als in der Nachbarschaft Charles Bingley einzieht, ein lediger, wohlhabender und ausgesprochen attraktiver junger Mann, ist klar, dass Mutter Bennet sofort aktiv werden muss, um dem Herrn eine ihrer Töchter anzudrehen. Tatsächlich verlieben sich Jane und der junge Bingley ineinander, werden allerdings durch diverse Intrigen und Missverständnisse bald wieder getrennt. Lizzy hingegen lernt in mehreren eher unerfreulichen Begegnungen Fitzwilliam Darcy (Colin Firth) kennen, den älteren, aristokratischen, etwas mürrischen und sehr, sehr reichen besten Freund Bingleys.

Als ein Regiment im Heimatort der Bennets stationiert wird, wird es richtig verwickelt: Lizzy freundet sich mit dem gut aussehenden und charmanten Offizier Wickham an, der immer wieder andeutet, von Mr. Darcy aufs Gemeinste übervorteilt worden zu sein. Zur selben Zeit trifft der Pfarrer Mr. Collins, ein ausgesprochen unsympathischer Cousin der Bennet-Schwestern, ein, dem nach dem Tod des Vaters das gesamte Vermögen zufallen würde und der deshalb aus vermeintlicher Selbstlosigkeit anbietet, Lizzy zu ehelichen, damit das Vermögen weiter in der Familie bleibt. Weder er noch Lizzys Mutter können es fassen, als diese dankend ablehnt.  

Wo findest du die Serie?

Die Serie gibt es in verschiedenen Fassungen auf DVD – empfehlenswert sind solche, die auch die britische Langfassung enthalten.  

Der Zeitaufwand:

Die original britische Langfassung besteht aus sechs Folgen von je 50 Minuten Dauer. Du hast also Zeit, dir die Serie an diesem Wochenende reinzuziehen und gleichzeitig alle Analysen zum Brexit-Referendum aufmerksam zu verfolgen. 

Wo du Zeit sparen kannst:

Hast du’s eilig? Dann schau dir die deutsche Schnittfassung an, die ist eine halbe Stunde kürzer. Oder den Film mit Keira Knightley, der dauert nur zweieinhal Stunden – da musst aber halt auch auf Colin „The Original Mr. Darcy“ Firth verzichten. Und welchen Sinn hat dann überhaupt alles?

Womit kannst du das vor deinem Gewissen rechtfertigen?

Dein Gewissen kann ganz beruhigt sein, denn du siehst hier nicht nur die Verfilmung von Weltliteratur allerersten Ranges; die Serie ist sozusagen Grundlagenwissen in der höheren Kunst der romantischen Verwicklungskomödie - so gut wie alle modernen romantischen Komödien beziehen sich entweder auf die Original-Vorlage ("Bridget Jones") oder haben mindestens einen Handlungsstrang ganz schamlos geklaut.  Zudem kann man, obwohl die Verfilmung schon mehr als 20 Jahre auf dem Buckel hat (und die literarische Vorlage sogar schon über 200),  die Serie gerade jetzt - zum Höhepunkt der Brexit-Kampagne -  unter einer ganz anderen Prämisse anschauen:  Kaum je versteht man besser, was die Briten so einzigartig macht. Und warum sie, trotz oder gerade wegen all ihrer Eigenheiten und Spleens bitte unbedingt bei uns in der EU bleiben sollen. 

So fühlst du dich nach der Serie:

Sehr erhaben, sehr adelig, sehr britisch und sehr, sehr, sehr romantisch. Aber auch ausnehmend froh, dass dein Daseinszweck nicht ausschließlich darin besteht, von einem reichen Junggesellen geheiratet zu werden. Und, dass du Zugang zu höherer Bildung hast. 

 

Und danach?

Achtung, da kommt jetzt einiges: „Stolz und Vorurteil“ wurde, wie die meisten Jane-Austen-Romane, dutzendfach verfilmt - zum ersten Mal 1938. Die bekanntesten Adaptionen sind „Sinn und Sinnlichkeit“ mit Emma Thompson und Hugh Grant von 1995, „Emma“ mit Gwyneth Paltrow von 1996, die moderne Fassung des Stoffs „Clueless“ mit Alicia Silverstone aus dem Jahr 1995, die Kinoversion von „Stolz und Vorurteil“ mit Keira Knightley von 2005 und natürlich alle Bridget-Jones-Filme, in denen Colin Firth den ziemlich verdrucksten Menschenrechts-Anwalt "Mr. Darcy" spielt.

Hast du dich vor allem über die unglaublich tollen Drehorte gefreut und kannst nicht genug bekommen von prachtvollen Herrenhäusern des britischen Landadels, bietet sich die Upstairs-Downstairs-Serie „Downton Abbey“ an. Wenn du tiefer in die englische Geschichte einsteigen möchtest, könntest du mit „Tudors“ weitermachen. Jonathan Rhys-Meyers spielt darin den blutrünstigen König Heinrich VIII., der eine Frau nach der anderen ehelicht, enthaupten lässt, Intrigen spinnt, und sogar eine neue Religion erfindet, als der Papst seine Ehe nicht annullieren will. Oder du gehst schnell ins Kino und schaust dir den Film "Stolz & Vorurteil & Zombies" an, solange er noch läuft.

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