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Das ist... Atena Farghadani, iranische Rebellin

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Das ist...

... Atena Farghadani, 29 Jahre alt und Künstlerin, genau genommen: Karikaturistin. Da Atena allerdings in Iran lebt, wo man sich mit Kritik an Herrschern schnell unbeliebt macht, muss man auch sagen: Das ist Atena Farghadani, seit Sommer 2014 Häftling im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran – hier sitzen vor allem politische Gefangene. 

Die kann...

... nicht gebrochen werden. Nach Veröffentlichung einer Karikatur, die iranische Parlamentsabgeordnete als Tiere zeigt, wurde sie im August 2014 das erste Mal festgenommen. Zuvor war sie bereits aufgefallen, weil sie für eine Kunstausstellung in Teheran mit Angehörigen von Opfern der Grünen Revolution nach den Präsidentschaftswahlen 2009 gesprochen hatte. Anstatt zu schweigen, veröffentlichte Atena nach ihrer Entlassung im November 2014 ein Youtube-Video, in dem sie körperliche und verbale Misshandlungen durch die Justiz schilderte. Außerdem schrieb sie einen offenen Brief an ihren Richter, in dem sie auf die Missachtung der Menschenrechte in ihrem Land hinwies. Kurz darauf wurde sie erneut inhaftiert, trat in Hungerstreik und erlitt einen Herzinfarkt. Am 1. Juni 2015 wurde Atena, unter anderem wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System", "Beleidigung von Parlamentsabgeordneten durch Zeichnungen" und "Zusammenkunft und Konspiration gegen die nationale Sicherheit“ zu zwölf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Was an sich schon drakonisch erscheint, wird durch neue Vorwürfe noch getoppt: Weil sie ihrem Anwalt vor Zeugen die Hand gab, läuft ein weiteres Verfahren gegen Atena wegen "Führen einer illegitimen Beziehung". Im islamischen Iran ist der Körperkontakt zwischen nicht miteinander verheirateten Männern und Frauen untersagt. Dass diese Regel in Atenas Fall allerdings besonders streng ausgelegt wird, zeigen die vergangenen Tage: Amnesty International berichtet, die junge Frau habe sich im Gefängnis mehreren Jungfräulichkeitstests unterziehen müssen, Wächter würden sie als Schlampe beschimpfen und schlagen. Die Anschuldigungen kommen von Atena selbst – sie hat sie als Notiz aus dem Gefängnis schmuggeln lassen. Ihr Anwalt wurde deshalb ebenfalls inhafitiert – aber mittlerweile nach Zahlung von 60.000 Dollar wieder freigelassen. 

Die geht...

... leider unter in den aktuellen Debatten. Erst kürzlich war der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier in Iran, um für Unterstützung im Syrien-Konflikt zu werben. Gleichzeitig war die 90-Tage-Frist nach Unterzeichnen des Atomabkommens in Wien abgelaufen, nach der die Iraner anfangen müssen, den Uranabbau zurückzuschrauben. Das alles wird als Zeichen der Öffnung des Irans zum Westen gesehen, insbesondere nach den düsteren Zeiten unter Mahmud Ahmadinedschad, den Medien gerne mal als "Irren von Teheran" bezeichneten. Reiseseiten raten deshalb gerade, "sich das Land möglichst jetzt noch anzuschauen". Dass unter dem als liberal gefeierten Präsidenten Hassan Rohani die Zahl der Hinrichtungen massiv gestiegen ist (laut Amnesty drei Hinrichtungen pro Tag) und Anhänger der Grünen Revolution wie die Studentin Bahareh Hedayat trotz Verbüßung ihrer Haftstrafe nicht freigelassen werden, rutscht in der Wahrnehmung immer weiter nach hinten.  

Wir lernen daraus:

..., dass Iran ein immer größeres Problem mit Menschenrechten, insbesondere aber mit Frauenrechten hat. Atenas umstrittene Karikatur kann als Metapher auf die frauenfeindliche Regierungspolitik gewertet werden. Anlass war eine Parlamentsentscheidung, die der Bevölkerung den offiziellen Zugang zu Verhütungsmitteln untersagt, Sterilisation steht unter Strafe. Hintergrund ist, dass der Iran einen der massivsten Geburtenrückgänge der Welt verzeichnet, Ayatollah Chamenei gleichzeitig aber angekündigt hat, die Bevölkerungszahl verdoppeln zu wollen  – auch, um die iranische Staatsreligion, die Zwölfer-Schia, weiter zu verbreiten. Das geht vor allem zu Lasten der Frauen. Erst vergangenes Jahr wurde die 26-jährige Reyhaneh Jabbari trotz internationaler Proteste gehängt, nachdem sie einen Mann erstochen hatte, der versucht hatte, sie zu vergewaltigen.

Nur Google weiß...

... was genau die Karikatur denn nun eigentlich zeigte, derentwegen Atena ins Gefängnis kam: 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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