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Das ist: Alyona Alyona, Ikone vieler ukrainischer Millennials

Alyona Alyona.
Foto: privat

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Das ist ...

... Alyona Alyona, bürgerlich Aljona Sawranenko, gelernte Kindergärtnerin und mittlerweile hauptberufliche Rapperin, die Stimme der Millennials in der Ukraine.

Die kommt ...

... aus dem Kaff Baryschiwka im Umland von Kiew und ist mit 27 knapp ein halbes Jahr älter als die ukrainische Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Während sie aufwuchs, hat die Ukraine sich zum Nationalstaat gewandelt. Zur Zeit der Orangenen Revolution 2004 hörte Alyona Alyona in einem Kyjiwer Musikgeschäft Eminem-CDs probe und entdeckte wie viele Ukrainer*innen ihres Alters durch die Rapsongs die Welt und den Westen. 2013, als ein Rapper namens Macklemore durch die Charts thriftshoppte, begann der Euromaidan und dann der Konflikt mit Russland. Dass die Rapperin nicht nur ein Neunziger-Kind, sondern auch die lebensechte, arbeiterclassy „Alyona from the Block“ ist, merkt man nicht zuletzt am Look ihrer Videos: Cartoon-Schnipsel, Trainingsanzüge und die Plattenbau-Kulisse der Vorstadt, die bei so vielen Ukrainer*innen Kindheitserinnerungen auslöst.

Die geht ...

... in ihren Musikvideos auf Stimmungen ein, die die ukrainische Generation U30 ausmachen: Ihr Debüt „Ribki“ („Fischlein“, ein Synonym für junge Frauen) wurde nach seiner Veröffentlichung im Oktober 2018 in der Ukraine zum Viralhit. In dem trashig-bunt zusammengeschnittenen Clip rappt sie humorvoll darüber, wie es ist, der „dickste Fisch zu sein“ – und nicht ins enge Schönheitsideal zu passen. „Salischaju swij dim“ („Ich verlasse mein Haus“) ist eine inoffizielle Hymne für die vielen Ukrainerinnen und Ukrainer,  die aus ihrem angestammten Leben in eine bessere Zukunft wegziehen wollen – ob in die EU, nach Amerika oder in die Hauptstadt Kiew, so wie Alyona jüngst für ihre Rap-Karriere.

Die kann ...

... richtig gut rappen – und das in ihrer Muttersprache Ukrainisch. Dass sie fast ohne Kraftausdrücke auskommt, dürfte ihrer Beliebtheit in allen Altersgruppen förderlich sein: Denn viele Ukrainerinnen sind stolz auf ihre Muttersprache und wollen sie auch als Literatur- und Kultursprache stärken. Auf Russisch, sagt Alyona Alyona, könnte sie nicht rappen. Auch wenn die Sprache von fast allen Ukrainern verstanden wird und ihr Zugang zum russischen Musikmarkt eröffnen würde: „Ich habe auf Russisch schon alles gesagt, was ich sagen könnte - alle Synonyme und Antonyme verwendet. Auf Ukrainisch gibt es noch so viel zu erzählen.“

Daraus lernen wir ...

... dass es sich lohnen kann zu bleiben, wenn alle gehen und weiter sein Ding zu machen, auch wenn es noch so „nischig“ erscheint. In der Ukraine ist Alyona Alyona im Begriff, Kult zu werden – und schon versuchen die ersten Kräfte, sich mit ihr zu schmücken: Präsident Petro Poroschenko hat die Rapperin schon auf eine Veranstaltung eingeladen –  was auf viel Kritik stieß. Angeblich ging sie hin, wie sie später sagte, weil sie dort potentielle Förderer für ihren damaligen Kindergarten kennenlernen konnte. Und nicht, wir ihr vorgeworfen wurde, um sich als Poroschenkos Unterstützerin zu positionieren. Kurz darauf – und wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen – erschien dann „Obizjanky“, ihr bislang politischster Track - über „Versprechungen“, denen man nicht trauen kann.

Nicht einmal Google weiß ...

..., ob Alyona Alyona vielleicht eines Tages die Ukraine beim ESC vertritt. Gerade hat das Land seine Teilnahme in diesem Jahr abgesagt, weil die Kandidatin Maruv sich nicht entschieden genug von Russland distanzierte. Noch versucht Alyona Alyona, sich als unpolitisch darzustellen, um einer solchen Vereinnahmung zu entgehen. Sie wolle, dass ukrainischer Rap in der Welt bekannter werde, aber keine Botschafterin ihres Landes sein, sagt sie. Und verweist darauf, dass sie sich ja gerade erst auf ihre ersten Live-Auftritte vorbereitet. Im aufgeheizten Debattenklima der Ukraine wird sich eine aufstrebende Kultfigur wie sie aber nicht ewig raushalten können.

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