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„Gras hat mir schon oft die Tour vermasselt“

Foto: Photocase Bearbeitung: jetzt

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Zum Kiffen hat so ziemlich jede*r eine Meinung. In der öffentlichen Debatte darüber kommen die Konsument*innen aber am wenigsten zu Wort. Das sind in Deutschland rund 3,7 Millionen Menschen – und längst nicht alle kiffen aus medizinischen Gründen. Die Studentin Mia kifft seit sieben Jahren. Hier erzählt sie von ihrem Alltag mit Cannabis. In der letzten Folge hat sie über ihre Sexualität gesprochen.

Wenn ich bekifft zu Hause sitze, denke ich mir viel zu oft, dass es hier unter meiner Decke viel schöner ist als draußen in einer Bar bei einem Date. Da ich ja eigentlich immer rauche, ist das mit den Dates schwierig. Mir ist es oft einfach zu stressig, mich mit jemandem zu treffen, so dass ich gar nicht weiß, zu wie vielen ersten Dates ich gar nicht hingegangen bin. Ich hatte noch nie eine richtige Beziehung, was mich nicht stört. Ich habe halt noch nicht die Richtige gefunden und wegen dem vielen Gras fällt es mir sehr schwer, überhaupt jemanden kennenzulernen.

Wenn ich dann mal jemanden date, dann verläuft das oft im Sand, weil ich mich danach nicht mehr melde. Ich denke da gerade an ein Mädchen, mit dem ich mich ein paar Mal getroffen hatte. Es lief echt gut, wir haben uns toll verstanden und mega gut unterhalten. Beim dritten Date haben wir über viel Persönliches gesprochen, ich glaube, sie hatte eine schwierige Familiengeschichte oder so. Ich war leider so high, dass ich alles wieder vergessen hatte, als wir uns das nächste Mal treffen wollten. Weil mir das peinlich war und ich nicht nochmal nachfragen wollte, habe ich mich nie wieder bei ihr gemeldet.

Ich habe außerdem das Gefühl, dass ich wegen des Kiffens viel wählerischer bin, als ich es sonst bei Frauen wäre. Kiffer sind sehr fixiert auf Einzelheiten, wenn einem irgendwas an einer Person nicht passt, dann nervt das high noch viel mehr. Ich habe mal ein Date loswerden wollen, weil sie so einen heftigen schwäbischen Akzent hatte. Ich schrieb einer Freundin heimlich, dass sie einen Notfall-Anruf bei mir vortäuschen soll, um da wegzukommen. Ich bin wegen dem vielen Gras oft überfordert und auch schnell genervt, wenn etwas mal nicht meinen Vorstellungen entspricht. Und ich habe eine sehr genaue Vorstellung von der Person, die ich als Freundin haben möchte. Sie soll eine Person sein, die meinen Konsum versteht, die auch Kunst macht, sich ausdrücken kann und weiß, was sie will. Schöne Zähne wären auch nice. Girls, meldet euch!

Davor solltet ihr aber wissen: Gras hat mir schon oft die Tour vermasselt. Bei einer, die ich so vor vier Jahren datete, habe ich mich nie getraut, wirklich zu sagen, wie sehr ich sie mochte. Ich hab lieber mit ihr gekifft, auf Kumpel gemacht, anstatt sie zu küssen oder ihr zu sagen, dass ich sie wirklich mag. Sie mochte mich auch, da bin ich mir im Nachhinein sicher. Aber wir waren die ganze Zeit high. Vielleicht hat sie mir ja auch Signale geschickt, die ich stoned nicht gecheckt habe. 

Ich denke übrigens, ich könnte auch mit einer Person zusammen sein, die nicht kifft. So eine Koexistenz fände ich sogar gut, vielleicht hab ich dann selbst auch weniger Lust auf Gras. Mir wäre es aber wichtig, dass meine Freundin das Kiffen nicht generell verteufelt – dann könnte ich nicht mit ihr zusammen sein. Wenn ich so darüber nachdenke, glaube ich aber auch, dass es für mich schwierig wird, jemand kennen zu lernen, der nicht kifft. Ich häng ja nur mit Kiffern rum.

Mia heißt nicht wirklich Mia, möchte aber  ihren richtigen Namen nicht im Internet lesen. Ihr wahrer Name ist der Redaktion bekannt. Für diese Kolumne treffen wir sie regelmäßig und sprechen mit ihr über ihr Leben als Kifferin.

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