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Ich bin kein Kostüm

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Der Oktober geht zuneige und folgerichtig schieben sich immer öfter Bilder von DIY-Kürbiskreationen und verkleideten Trinkgrüppchen durch die eigene Timeline: Halloween ist da. Für die USA ist dieses Fest bekanntlich ungefähr von so hoher Bedeutung wie Karneval für Nordrhein-Westfalen. Natürlich steht bei den Amerikanern seit jeher der Grusel im Mittelpunkt des Feiertags – doch weil eben nicht alle immer nur Hexen, Mörder und Vampire sein wollen, wird sich auch gern anders verkleidet. Zum Beispiel als Tier, Streichholz, Geisha oder irgendeine andere Figur, die man im Alltag nicht ist.

Kostüme wie das der Geisha erhitzen jedoch derzeit die Gemüter der studentischen Anti-Rassismus-Organisation S.T.A.R.S aus Ohio. Pünktlich zum einkehrenden Halloween-Enthusiasmus im Land stellte die Gruppe ihre Protestkampagne „We're a culture not a costume" online. Jedes ihrer Plakate zeigt einen Vertreter einer bestimmten Kultur, der mit schwer angesäuerter Miene das Bild seines Kulturklischees in die Kamera hält. So zeigt ein dunkelhäutiges Mädchen das Foto einer zur Schwarzen verkleideten Frau, ein Mexikaner einen Amigo mit Esel oder ein Arabischstämmiger das Bild eines Mannes mit Sprengstoffattrappen vor der Brust. Über ihnen allen schwebt folgender Slogan: „This is not who i am, and this is not okay."

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Was als Protestaktion gegen rassistisch anmutende Verkleidungen begann, hat sich internetgemäß längst zu einer veralberten Meme entwickelt: Mittlerweile finden sich im Netz unzählige Kopien des Plakats, die statt politischer Minderheiten etwa Golden Retriever zeigen, die sich über Hundekostüme beschweren, Roboter, die sich über Roboterkostüme beschweren oder Navis, jene blauen Wesen aus dem Film Avatar, die vorgeben, sich von blau angemalten Halloweenfeiernden verlacht zu fühlen. Viele Menschen können die Kampagne der Studenten offensichtlich nicht recht ernst nehmen, weil sie nicht verstehen, wo die Grenze zwischen Rollenspielen und Rassismus verläuft. Sie provozieren die Frage, wer eigentlich festlegt, wann und warum etwas noch witzig oder schon makaber ist. Und welche Maßstäbe der politischen Korrektheit überhaupt auf einer dermaßen unernsten Angelegenheit wie einem Kostümfest herrschen können, ohne die ganze Feierlichkeit dadurch ihres Sinnes zu entleeren.

Den engagierten Mitgliedern von S.T.A.R.S gefällt das Gewitzele natürlich gar nicht. Eine von ihnen postet in ihrem tumblr-Blog: „I hate that this has become a meme. Let me try to articulate what, exactly, is wrong with it. (...) By blacking up all you are doing is feeding into this historical precedent wherein you are reducing all black people to this one image. It proves you do not think of them as people but as images and stereotypes."

Die Netzgemeinde lässt sich davon nicht aufhalten. Bei Gawker kann man mittlerweile den nicht ganz ironiefreien Test machen, ob das eigene Kostüm nun schon rassistisch ist, oder nicht. 

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