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Warum heißen die so komisch?

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jetzt.de: Tumblr, Wimdu, Dawanda – viele Startups tragen seltsame Namen. Was sollen solche Konstrukte?
Mark Leiblein: Natürlich stolpert man über solche Namen erst mal. Aber dieses Stolpern finde ich nicht schlecht. Der Name fällt auf, und man schaut vielleicht auch nur auf die Seite, weil man wissen will, was sich hinter so einem komischen Ausdruck verbirgt. Außerdem ist es ein Internet-Trend, sich verrückte Fantasienamen zu geben. Das hat auch praktische Gründe: Wenn man seltsame Namen erfindet, hat man die Möglichkeit, sich die dazugehörigen Domains zu sichern. Wenn sich zum Beispiel Dawanda, ein Portal, auf dem mit selbstgemachten Sachen gehandelt wird, selbstgemacht.de nennen würde, sähe es mit der Verfügbarkeit der Domains wahrscheinlich schlecht aus. Bei einem Namen, der keine Bedeutung hat und daher auch noch nicht existiert, ist das kein Problem.

Mal abgesehen von den rechtlichen Fragen: Ist es nicht trotzdem besser, wenn ich sofort erkenne, was sich hinter einer Internetadresse verbirgt? Bei Flüge.de erschließt sich sofort, worum es geht, bei opodo.de nicht.
Ich finde eigentlich die Mischung am besten. Bei den Reiseportalen gefällt mir Expedia am besten. Das ist zwar ein Fantasiename, aber einer, der Assoziationen weckt: Expedition, es geht weg, auf eine spannende Reise. Bei Opodo steckt übrigens auch etwas dahinter, selbst wenn man das nicht merkt: Der Name ist eine Abkürzung von „OPportunity tO DO.

Ist das oft der Fall? Dass man die Gedankenkonstrukte nicht ausmachen kann, die sich hinter den Namen verbergen?
Ja. Auch die weltbekannte Suchmaschine Google hat eine Anspielung im Namen. Er kommt von ‚googol’, einer Bezeichnung für eine ins Unendliche gehende Zahl. Das weiß niemand, und das interessiert auch niemanden. Trotzdem ist es nicht schlecht, so eine Geschichte zu haben. Die kann man auf seiner Webseite erklären und sie prägt sich vielleicht ein. Und oft lässt sich eine tiefere Bedeutung gar nicht vermeiden. Irgendwo muss man ja anfangen, wenn man sich einen Namen ausdenkt. Die meisten nehmen dann irgendeine Grundlage und ändern sie ab – ob das die Initialien der Gründer sind oder der Ort, wo man herkommt. Wir haben auch schon Aufträge bekommen, wo es hieß, der Name dürfe absolut keine Bedeutung haben. Das war schwierig. Denn irgendwo muss man ja ansetzen.

Es scheint gewisse Trends zu geben. Nach myVideo kam myMuesli, aktuell enden ganz viele Namen auf –ando: Amiando, Merkando, Zalando, Lieferando. Wie kommt es zu solchen Ansammlungen?
Das passiert, wenn eine Firma sehr schnell bekannt und erfolgreich wird. Nach dem großen Erfolg von Twitter kam Flattr. Wir haben als Namensberatung schön öfter die Anfrage bekommen: ‚Wir hätten gerne so was wie Google.’ Die Startups, die ihren Namen an den eines erfolgreichen Unternehmens anlehnen wollen, hoffen, dass sich dieser Erfolg auf ihren Namen überträgt. Im Fall der –andos war es wahrscheinlich Zalando. Die waren glaube ich nicht mal die ersten, die diese Endung benutzt haben. Aber die ersten, die damit richtig erfolgreich wurden.

Funktioniert diese Taktik?
Wenn es, wie im Fall der vielen –andos, zu viele ähnliche Namen gibt, ist das nicht optimal. Da ist der Überraschungseffekt schon aufgebraucht und der Name erregt keine besondere Aufmerksamkeit. Der einzige Vorteil, der da noch bleibt, ist, dass man sofort weiß, dass es irgendwas mit Internet zu tun hat. Und bei zu großer Ähnlichkeit läuft man Gefahr, in den Bereich der Markenrechtsverletzung hineinzurutschen. Wir versuchen, immer was zu finden, das möglichst einzigartig ist.

Früher haben Sie nur Firmen beraten, die einen Namen suchten. Dazu haben Sie auch das Internet-Portal Namerobot.de gegründet, auf dem man sich seinen Firmennamen generieren lassen kann. Warum?
Wir haben viele Anfragen von jungen Unternehmern bekommen, die einen Namen für ihr Startup suchten oder markenrechtliche Probleme hatten. Die brauchten Beratung, hatten aber meistens kein Geld. Wir fanden es schade, dass die vielen Gründer in Deutschland keine Namensberatung bekommen. Deshalb haben wir die Techniken, die wir benutzen, in eine Software übersetzt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Wie funktioniert das System?
Es gibt verschiedene Namensgeneratoren. Man kommt zuerst in den Wort-Import, wo man Stichwörter zu seinem Unternehmen eingeben kann. Im nächsten Schritt kann er sie durch Synonyme, Reime und so weiter verfeinern. Dann geht es in die Namensfabrik, wo es sieben Generatoren gibt, die alle unterschiedliche Namen ausspucken. Bei einem kommen nur Fantasienamen, ein anderer verschmilzt verschiedene Stichwörter miteinander – wie bei Groupon, das ist ja eine Mischung aus Group und Coupon. Am Ende kann man noch prüfen lassen, ob der Name schon irgendwo existiert oder als Marke eingetragen ist.  

Ihr Firmenname, „Namestorm“, ist auch so eine Verschmelzung. Kann ich daraus schließen, dass diese Art von Namen die beste ist?
Zumindest ist das eine der besseren Varianten. Die Verschmelzung ist eine meiner Lieblingsnamensrichtungen, weil solche Konstruktionen im Gegensatz zu Fantasienamen gleich etwas aussagen und im Idealfall gleich zwei Vorteile des Unternehmens transportieren.

Was halten Sie von Wortspielen wie Spreadshirt, die im Internet ja auch weit verbreitet sind?
Find ich auch sehr gut, wenn es ein gutes Ursprungswort gibt, mit dem man kreativ spielen kann. Und wenn es passt. Für eine Versicherung wäre das eher nichts, aber für einen Webshop oder so was ist das auf jeden Fall gut.

Was kostet denn ein Name, wenn man ihn nicht online erstellt, sondern sich von Ihnen beraten lässt?
Das hängt von der Zeit ab, die wir brauchen. Die wiederum hat damit zu tun, ob jemand auf den lokalen oder den internationalen Markt will. Da kommen dann noch Markenrecherchen hinzu und linguistische Prüfungen, damit nicht so was herauskommt wie beim Mitsubishi Pajero.

Was auf spanisch so viel wie Wichser bedeuetet...
Genau. An einem guten Namen sitzen wir zu dritt ungefähr eine Woche. Wenn man einen Stundenlohn von 75 Euro nimmt, kann man sich das ungefähr ausrechnen.

Als jemand, der sich täglich mit Namen beschäftigt, sind Sie wahrscheinlich viel sensibler als andere Leute. Wie oft fallen Ihnen im Alltag schlechte Firmennamen auf?
Eigentlich bin ich meistens eher auf der Suche nach Inspiration. Aber es kommt schon jede Woche ein paar Mal vor, dass ich etwas sehe und mir denke: Das ist aber ziemlich misslungen. Gestern zum Beispiel habe ich ein Auto eines Feinkost-Lieferservice gesehen. Der hieß „Kötzinger“. Da hätte der Eigentümer vielleicht nicht auf seinem Nachnamen im Firmennamen beharren sollen.

Text: christian-helten - Fotos: knallgrün / photocase.com, privat

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