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Safran-Risotto für die Holzhacker

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Im Proberaum schlägt das Herz einer Band. Hier entstehen die Songs, die eines Tages vielleicht jeder mitsingen kann. Deshalb haben wir in den vergangen Monaten regelmäßig junge Münchner Musiker in ihren Proberäumen besucht. Zum Abschluss der Proberaumkolumne haben wir bei der alteingesessenen, elfköpfigen Band G.Rag y los Hermanos Patchekos in ihrem versteckten Übungsraum in Giesing vorbeigeschaut. Ihre Musik bezeichnen sie als Caribbean Trash Folk. Neben eigenen Alben hat die Band auch den Soundtrack zur Fernsehserie München Sieben komponiert und eingespielt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



„Seit gut sechs Jahren haben wir unseren Proberaum nun schon in München-Giesing, völlig versteckt zwischen Wohnplatten und einem Gymnasium. Hier sieht es aus wie auf dem Land: ein paar kleine Häuschen, viel Grün und einige Werkstätten. Wir möchten nie wieder weg von hier. Vorher, ganz zu Anfang unserer Bandzeiten, waren wir noch im damaligen Kunstpark Ost zum Proben. Um in unseren dortigen Raum zu gelangen, mussten wir immer durch die Chill-Out-Area und an der Müllstation des ehemaligen Ultraschall vorbei. Da roch es immer fürchterlich nach Red Bull, Abfall und Raver-Urin. Dafür hatten wir da aber auch eine riesige Bühne und haben oft große Privatkonzerte gegeben. Hier kommt so etwas eher selten vor, wenn, dann laden wir zum netten Beisammensein und zum Grillen ein – was sicher auch damit zusammenhängt, dass wir älter geworden sind und dass wir die Nachbarschaft hier nicht so sehr strapazieren können.
 
Regelmäßige Probetermine haben wir eigentlich nicht. Der G.Rag sagt immer, wann es mal wieder an der Zeit wäre, und wir hören dann auf ihn. Im Schnitt ist das so ein- bis zweimal im Monat, manchmal auch öfters. Wir verbringen trotzdem viel Zeit hier, treffen uns zum Grillen oder feiern Geburtstage. Gerade im Sommer ist das traumhaft. Unsere Proberäume sind bis heute schon immer auch Orte zum Rumhängen und zum Wohlfühlen gewesen. Es ist uns wichtig, dass wir es uns gutgehen lassen da, wo wir Musik machen. Jeder hat seinen eigenen Schlüssel: Wenn es einem zu Hause mal reicht oder er einfach allein ein bisschen vor sich hin musizieren möchte, kommt er einfach her. Es kommt auch vor, dass hier mal jemand einschläft und dann einfach übernachtet. Wir haben eine kleine Küche hier hinein gebaut und kochen viel.

Neben uns und unserem Tonstudio gibt es hier noch eine Siebdruckwerkstatt, eine Feinmetallwerkstatt und das Häuschen unserer Vermieterin. Einmal ist unser Proberaum beinahe abgebrannt. Die Praktikantin der Siebdruckwerkstatt hatte die T-Shirt-Trocknungsmaschine nicht abgeschaltet, als sie gegangen ist. Wenn der Mann aus der Feinmetallwerkstatt nicht gesehen hätte, dass da Rauch aus unseren Räumen dringt, wären wir unseren schönen Proberaum jetzt wohl für immer los.

Abgesehen von unseren Instrumenten und dem Tonstudio sind die zwei wichtigsten Dinge in unserem Proberaum erstens die Küche, wo es oft Safran-Risotto für alle gibt, und zweitens natürlich unser Ofen. Hier gibt es sonst nämlich nur eine Elektroheizung, da würden wir uns im Winter nicht nur totfrieren, sondern auch totzahlen. Einmal im Jahr ist deshalb großes Band-Holzhacken angesagt.

Ein großes Grundgesetz in unserer Band lautet: Ordnung im Übungsraum hat erste Priorität. Gerade weil es hier so wahnsinnig viel Platz gibt, ist man schnell verleitet, etwas zwischenzulagern oder liegen zu lassen. G.Rag und Stofferl sind dann immer diejenigen, die das kontrollieren und die zum Putzen aufrufen. Das klingt jetzt sehr erwachsen, aber tatsächlich war das schon vor dreizehn Jahren so, als wir alle noch kleinere, wilde Punks waren.“


Text: mercedes-lauenstein - Foto: Juri Gottschall

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