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"Leistung ist der zentrale Gedanke dieser Welt"

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jetzt.de: Sie tauchen selber als Figur in Ihrem Film auf, auch Ihr Sohn hat eine kleine Rolle. Er ist neun Jahre alt und Fußball-Fan, der auch selber spielt. Würden Sie ihm raten, Fußball-Profi zu werden?
  Andreas Bach: Nein. Das liegt aber nicht daran, dass ich denke, dass das Geschäft über die Maßen unmenschlich ist. Es liegt daran, dass ich möchte, dass er sich irgendwann selbst frei entscheidet, welchen Beruf er letztendlich ausüben will.
 
  jetzt.de: Für den Film haben Sie viele Fußball-Vereine überall in Deutschland besucht. Haben Sie da einen Einblick in eine Branche bekommen, in die Sie überhaupt einen jungen Fußballer schicken würden?
  Bach: So gut ist mein Einblick nun auch nicht. Aber ich würde sagen, dass die Branche prinzipiell nicht „gefährlicher“ ist als jede andere. Wer sich sozial ausleben möchte und wem der Teamgedanke wichtig ist, für den kann das sicher spannend werden. Das Wichtigste ist aber, das sieht man auch im Film, dass man es wirklich wollen muss. Man muss Talent haben, aber es braucht natürlich auch eine große Portion Disziplin.
 
  jetzt.de: Den jungen Profis, die man Woche für Woche in der Bundesliga oder sogar bei Länderspielen sehen kann, merkt man das auch an. Sie sind, wie der ehemalige Dortmunder Profi Lars Ricken es in dem Film sagt, sehr früh erwachsen geworden.
  Bach: Das stimmt. Wobei es da durchaus individuelle Unterschiede gibt. Aber es ist schon richtig, dass diese Jungs viel von ihrer Jugend opfern. Das merkt man dann auch an der Entwicklung, die sie nehmen. Schauen Sie sich zum Beispiel mal Holger Badstuber, mit dem wir für den Film gesprochen haben, im Vergleich zu Bastian Schweinsteiger an, der fünf Jahre älter und schon länger im Geschäft ist. Dann blicken Sie mal fünf Jahre zurück, 2006, ins sogenannte Sommermärchen. Da wird deutlich, wie schnell diese Spieler in kurzer Zeit reifen.

   jetzt.de: Diese Formulierung taucht auch in dem Film häufiger auf. Da sprechen die Nachwuchs-Trainer oft von „Spielermaterial“, das reifen muss. Sogar die Spieler übernehmen diese Sprache, wenn sie über sich reden. Das klingt schon sehr leistungsgetrieben.
  Bach: Leistung ist der zentrale Gedanke in dieser Welt. Die Spieler wissen, dass sie gut sind. Sie wissen aber auch, dass direkt der nächste Jahrgang folgt. Deshalb geht es immer nur um Leistung. In den Medien sieht man jedoch nur ganz selten die Spieler, die es nicht bis ganz an die Spitze schaffen. Es gibt logischerweise viel mehr Spieler, die in den Mannschaften der dritten oder vierten Liga spielen – und nicht in der ersten Bundesliga. Ein jüngerer Viertligaspieler verdient aktuell als sogenannter „Vertragsspieler“ vielleicht erst mal geschätzt um die 2500 bis 3000 Euro im Monat, vielleicht noch plus Einsatz- und Erfolgsprämien. Brutto wohlgemerkt, vor Steuern. Dieser Spieler soll sich für seinen Verein aber bereits voll auf den Sport konzentrieren. Er weiß aber oft noch gar nicht, wie es in der Folgesaison weitergeht. Gerade vor diesem Hintergrund finde ich es zum Beispiel sehr richtig, dass Julian Draxler von Schalke 04 – deren zweite Mannschaft spielt zum Beispiel in der vierten Liga – jetzt doch nicht die Schule schmeißt, sondern gegen den ursprünglichen Rat des Trainers (damals noch Felix Magath, d. Red.) doch erst mal einen Abschluss macht.
 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



  jetzt.de: Den Vereinen geht es dabei natürlich um Wertschöpfung. Gute junge Spieler können sie für viel Geld weiterverkaufen. Merkt man das bei den Vereinen, die Sie besucht haben, auch so stark?
  Bach: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Man spürt es immer, aber es ist natürlich auch das gute Recht eines Vereins. Man muss es zur Kenntnis nehmen, und man muss sich als Spieler bewusst sein, dass jeder Verein gewisse Interessen verfolgt und erfolgreich sein will. Aber junge Spieler müssen sich dabei auch selber schützen. Denn es macht natürlich keinen Spaß mehr, wenn auch kleinere Vereine, wie es uns hier in Köln passiert ist, gar keine Kinder um die zehn Jahre mehr aufnehmen wollen, weil sie vielleicht glauben, schon ausreichend viele gute Jungs für ihren Jugendspielbetrieb zu haben. Das ist völlig übertriebener Ehrgeiz. Ich finde sehr richtig, was Dariusz Wosz in dem Film sagt: dass Kinder bis zehn Jahre einfach nur Fußball spielen sollten, erst mal ohne Druck und Leistungsinteressen im Nacken. Die Kinder müssen Kinder bleiben dürfen. Gerade auch in den Vereinen.
 
  jetzt.de: War es eigentlich leicht, die Nachwuchszentren zu besuchen?
  Bach: Das war sehr unterschiedlich. Ich denke, das hängt auch damit zusammen, wie es für die Vereine aktuell läuft. Aber meist hat es gut geklappt. Das hat mich durchaus ein wenig überrascht, weil ich ja eigentlich kein Sportjournalist bin.
 
  jetzt.de: Wie sind Sie denn dann auf dieses Thema gekommen?
  Bach: Ich habe mich schon immer sehr für Fußball interessiert und habe auch selber gekickt. Im Frühjahr 2010 hat mich das Thema junge Spieler in der Bundesliga sehr gepackt. Die Idee, mich dem mal saisonübergreifend zu widmen, lag plötzlich ziemlich nahe. Dabei ging es mir unter anderem darum, zu zeigen, wie junge Spieler in die Branche kommen.
 
  jetzt.de: Für den Film haben Sie aber nicht, wie sonst üblich, zuerst einen Fernsehsender gesucht, sondern sind quasi auf eigene Faust los. Warum?
  Bach: Es hätte vermutlich zu lange gedauert, mit einem Sender zu sprechen, ihm auch nur annähernd genau diesen Film zu verkaufen, diesen anschließend zu produzieren und danach ohne große Änderungen durch die Abnahmen zu bringen. Der Film würde niemals heute zu sehen sein, sondern in anderer Form vielleicht erst Mitte, Ende 2011 oder sogar erst 2012 eine Erstausstrahlung haben. Der Faktor Zeit ist aber im schnellebigen Fußball sehr wichtig – auch wenn man versucht, längerfristige Entwicklungen aufzuzeigen. Und Bonusmaterial wie zum Beispiel das sehr umfangreiche Hermann Gerland-Interview würde gar nicht erst in voller Länge veröffentlicht. Ich wollte eben dieses sehr persönliche Konzept verfolgen, deshalb bin ich letztlich das Risiko der Eigenproduktion eingegangen.
 
  jetzt.de: Jetzt kann man den Film auf DVD kaufen. Im Abspann sieht man dann neben den Namen aller Beteiligten jeweils ein Vereinswappen. Ist es ein Film, der nur für Fußball-Fans interessant ist?
  Bach: Nein. Aber ich wollte schon zeigen, aus welcher Position wir diesen Film gemacht haben. Ich fand die Idee charmant, sichtbar zu machen, dass „Hauptsache Fußball“ auf einem vereinsübergreifenden Konzept basiert.
 
  jetzt.de: Wer soll die DVD denn kaufen?
  Bach: Ich glaube, es gibt inzwischen einen relativ jungen Markt für Fans, die auch eher vereinsübergreifend denken. Also für Leute, die sich vielleicht etwas mehr für die Hintergründe des Spiels interessieren. Im Buchmarkt funktioniert das teilweise schon recht gut. Und wir wollen gerne ausprobieren, ob das auch für DVDs funktionieren kann.
 
Die DVD kann man online kaufen – unter www.hauptsachefussball-film.de gibt es auch einen Trailer zu dem Film.

Text: dirk-vongehlen - Foto: DWerner/photocase.com

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