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Jungs, warum ist euch eure Wäsche egal?

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Mein Freund und ich haben ein Wäsche-Agreement. Ich wasche. Er nicht. Dieses Agreement haben wir nicht, weil mein Freund ein Chauvi ist, sondern weil ich nicht möchte, dass er meine Wäsche versaut. Es ist nämlich so: Ich habe für schwarze Sachen ein Schwarzwaschmittel, für Weißes ein Weißwaschmittel, für Sportwäsche ein Hygienewaschmittel, für Feinwäsche ein Feinwaschmittel, für Wolle eine Wollwaschmittel und dazu noch ein kunterbuntes Arsenal an Weichspülern, Anti-Grau-Sachets und vielem weiteren Schnickschnack. Ich wasche alles nach Farben, Textur und Temperaturempfindlichkeit getrennt. Mein Freund nicht.  

Er haut alles in die Trommel und wäscht im 3-Kilo-30-Grad-Modus. Egal, wie viel und was drin ist, dunkelblau mit weiß, schwarz mit bunt, Jeans mit Socken, alles pupswurscht. Eine Weile dachte ich, dass ich vielleicht mit meinem Wäschegedöns etwas zwanghaft bin, aber ein Blick in meinen engen und erweiterten Freundinnenkreis bestätigt: Alle Mädchen haben eine beachtliche Waschmittel-Batterie mit detaillierter How-to-Agenda, allen Jungs ist das ein Rätsel. Viel mehr noch, die Jungs begegnen der Persil-Armada mit völligem Unverständnis.  

Aber woran liegt das? Sind euch eure Klamotten echt so egal? Habt ihr keine Angst um euer Lieblingsshirt, dass es plötzlich statt weiß hellrosa ist, weil ihr den roten Badvorleger mitgewaschen habt? Oder der Lieblingspulli nur noch einem Gartenzwerg passt? Ist es tatsächlich so, dass eure Mütter euch nicht gezeigt haben, wie Wäschewaschen geht, weil das halt so `ne Frauenaufgabe war und ist? Oder sind wir Mädchen einfach nur mehr auf die Werbung konditioniert, die natürlich in Sachen Wäsche Frauen anspricht und nicht Männer. Zumindest habe ich noch keinen Kerl im Fernsehen erlebt, der ein Hemd hochhebt und sagt: „Iiih, was für ein Grauschleier!“ Also Jungs: Warum machen wir aus unserer Wäsche und den dazugehörigen Reinigungsmitteln so viel mehr eine Wissenschaft als ihr?

Auf der nächsten Seite: Die Jungsantwort von alexander-gutsfeld.




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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Die Jungsantwort von alexander-gutsfeld:

Manchmal gibt es Texte, bei deren Lektüre sich einem eine völlig neue Welt erschließt. Deine Frage hat genau das bei mir bewirkt. In meinem bisherigen Leben haben Wollwaschmittel, Feinwaschmittel, Hygienewaschmittel und wie sie sonst noch alle heißen nicht nur keine Rolle gespielt. Ich wusste gar nicht, dass es sie gibt. Waschmittel war für mich immer gleich Waschmittel. Bis du deine Frage gestellt hast.  

Komisch eigentlich, denn selbst als Kind einer ägyptischen Mutter, die einen mit viel Liebe zum Macho herangezogen hat, wacht man irgendwann in der realen Welt auf. Und muss sich eingestehen, dass man auch beim letzten nicht völlig versifften Pullover ein paar Fettflecken erkennen kann und es wieder Zeit wird für einen Waschgang.

Weil es Dinge gibt, die spaßiger sind als das Wäschewaschen, versuchen wir Jungs diesen so schnell wie möglich hinter uns zu bringen.  Wir schmeißen also alles, was wir finden können, in die Trommel. Wenn wir gut in Form sind, denken wir noch daran, die Hosentaschen zu leeren. An der Einstellung der Maschine muss  nichts geändert werden. Die ist die gleiche wie beim letzten mal: bunt und 30 Grad. Dann wird noch etwas von dem Billig-Waschmittel reingefüllt und los geht's. Ab dann kann man nur noch hoffen, dass mal wieder alles gut geht.  

Das tut es meistens auch. Und das ist schon der erste Grund für unsere Schlampigkeit. Wir sind mit unserer Technik bisher gut durchgekommen. Wo kein Problem ist, braucht man auch keine komplexe Lösung.  

Dass es gut geht, liegt natürlich auch daran, dass es nicht allzu viel zu versauen gibt. Viele von uns haben halt nur Hosen, Pullis und T-Shirts, das ist in Sachen Waschkomplexität Anfängerniveau. Ihr dagegen: Seidenblusen, Spitzen-BHs, Kaschmirschals, Wollkleidchen. Alles empfindlicher als ein Kartenhaus. Ihr müsst wissen, was ihr tut. Wir nicht, geht ja nix kaputt. Und wenn doch, ist es nicht so schlimm wie bei euch. Jungskleidung ist nicht so vielfältig, fast alles ist ersetzbar, wenn es sich nicht gerade um die geliebte Lederjacke handelt – und die muss man ja zum Glück nicht waschen.  

Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn es gibt sie ja durchaus, die modebewussten Typen, die zehn verschiedene paar Schuhe zu Hause haben und die jeden Tag ein neues, perfekt aufeinander abgestimmtes und selbstverständlich blitzsauberes Outfit tragen. Sie passen nicht so recht ins eben beschriebene Bild. Aber selbst die haben meistens keine mit euch vergleichbare Waschexpertise. Ich glaube, das liegt daran, dass wir generell ein anderes Verständnis von Sauberkeit haben als ihr. Wir definieren Sauberkeit als Abwesenheit von Schmutz, ein Kleidungsstück ist sauber, wenn es nicht dreckig ist. Bei euch ist der Zustand der Sauberkeit erst erreicht, wenn der letzte Grauschleier verjagt ist.  

Wahrscheinlich gibt es ihn sogar, irgendwo da draußen: den männlichen Sauberkeitsfetischisten, der fünf verschiede Waschmittel zu Hause stehen hat. Aber er gibt sich nicht zu erkennen. Er spricht nicht darüber. Vielleicht sind wir Jungs einfach noch nicht tolerant genug, einen männlichen Waschmittelexperten unter uns zu dulden. Er würde als Waschlappen veräppelt werden. Die Männerwelt ist vielleicht noch nicht bereit für den Waschmittel-Nerd.

Text: michele-loetzner - Text: michele-loetzner; Cover: kallejipp-photocase.de

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