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Jungsfrage: Mädchen, wie gehen gute Komplimente?

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Es soll hier um die Kunst gehen, euch nette Dinge zu sagen, deshalb bin ich erstmal gemein. Da gibt es etwas, was ich einfach nicht verstehe. Ich persönlich freue mich über jedes noch so bescheuerte Kompliment, das mir zugesprochen wird. Ihr nicht. Ihr habt da irgendein kompliziertes System, was man euch sagen darf und was nicht. Dabei könnte es so wunderbar einfach sein: Junge sagt "Mädchen blub-bla toll", Mädchen freut sich, Junge freut sich, weil Mädchen sich freut. Also sagen wir: "Heute abend siehst du besonders entzückend aus." Ihr verdreht die Augen. Wir sagen: "Mit dir kann man sich sehr gut unterhalten." Ihr guckt, als hätten wir euch die Gelbsucht diagnostiziert. Wir sagen: "Das war ein äußerst schlauer Gedanke gerade, darf ich den klauen und in die Welt hinaus tragen?" Ihr denkt, wir wollen mit euch ins Bett und verschwindet aufs Klo. Im besten Fall nickt ihr höflich und sagt artig danke. Wir wissen ja: Ein Kompliment sollte so intelligent, individuell und originell sein wie diejenige, der es gilt. Es sollte ohne jeglichen Hintergedanken ausgesprochen werden – allerhöchsten mit dem, eine Freude zu machen. Und es sollte so gemeint sein, wie es gesagt ist. Ehrlich und aufrichtig. Wir geben uns alle Mühe, aber ich lande allerhöchstens ab und zu einen Glückstreffer. Gelernt habe ich: Komplimente über Äußeres sind ein äußerst riskantes Minenfeld. Unterstellen wir euch völlig zu recht eine besondere Intelligenz oder jegliche andere soziale Kompetenz, schaut ihr, als hätten wir gerade etwas entdeckt, was die ganze Welt schon lange gewusst hat. Ich mag manchmal glauben, es läge daran, dass ihr als Kind dermaßen verzärtelt worden seid und jetzt auf alles allergisch reagiert, was irgendwie nach verbalem Getätschel aussieht. Ihr habt deshalb diese Abwehrhaltung entwickelt, das Komplimente-ins-Gegenteil-Verkehren. Wir wollen euch aber doch gar nichts Böses, sondern euch nur ab und zu sagen, dass ihr eben toll seid. Verdammt hübsch und schlau und sonst auch ganz passabel – sonst wären wir ja nicht mit euch befreundet oder sonst was. Wie geht das also richtig, euch ein Kompliment zu machen? PS. Wir könnten übrigens auch ein paar Komplimente mehr vertragen. Geht zwar auch ohne, aber freuen uns wirklich über alles. Auf der nächsten Seite kannst du die Mädchenantwort lesen


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Junge, Junge. Mit deiner Annahme, wir seien verwöhnte Wesen und deshalb unempfänglich für eure Komplimente, liegst du so falsch, du glaubst es ja gar nicht! Selbstverständlich ist alles ganz anders und zwar wie folgt: Nicht, weil wir schon vor Jahren randvoll mit Komplimenten zugeschüttet wurden, reagieren wir meist verhalten auf jene von euch, im Gegenteil: Wir zweifeln grundsätzlich so sehr an uns, dass es uns schwer fällt, eurem Nettgerede zu glauben und es in unseren Köpfen nicht in eine negative Mitteilung umzuwenden. Ich glaube, kaum ein Mädchen kommt mit einem gesunden Maß an Selbstbewusstsein durch die Pubertät. Alle anderen sind immer schöner, dünner, besser in Mathe oder Reli, dicklippiger, schmalhüftiger, schlauer, schlagfertiger und süßer. Man selbst dagegen kennt sich dank jahrelanger intensiver äußerer und innerer Erforschung als eine Ansammlung von Verfehlungen, Unzulänglichkeiten und kaschierten Schönheitsfehlern. Wir sind sehr kritisch mit uns, zu sehr. Und dann kommt ein Herr wie du daher, schaut uns einmal von oben bis unten an und sagt etwas über unsere Haare! Statt uns zu freuen, nehmen wir das von euch Gesagte, drehen es im Kreis herum, versuchen, unterschwellige Botschaften herauszufiltern und kommen meist zu wenig erfreulichen Ergebnissen. Nehmen wir mal deine Beispiele: Du sagst „deine Frisur sieht heute wirklich toll aus“. Wir denken: „heute sieht sie toll aus, sah wohl gestern scheiße aus, oder was?!.“ Du sagst: „der Gedanke von dir ist sehr intelligent, darf ich den klauen?“ Wir denken: „Paternalistisches Arschloch, denkt wohl, er könnte mir mit dieser gönnerhaften Äußerung den Tag versüßen….“ Du sagst: „Du bist so intelligent!“ Wir denken: „Ja, und? Warum jetzt der Wirbel? Denkt der, Mädchen seien prinzipiell doof und er müsste auf diese Ausnahme gesondert hinweisen?“ Du sagst: „Du bist hübsch.“ Wir denken: Er mag nur mein Äußeres – dass ich ein reiches Innenleben besitze, interessiert ihn wieder kein Stück, diesen oberflächlichen Menschen! Kein Wunder, dass deine Erfolgsquote beim Komplimentieren gegen Null geht. Komplimente sind ein höchst komplizierter zwischenmenschlicher Bereich, den man nur mit Samthandschuhen und trittsicherem Schuhwerk betreten sollte. Zumindest so lange, bis die Empfänger es geschafft haben, ihre eigenen Unsicherheiten mal für eine Weile beiseite zu legen und sich ehrlich zu freuen. Das lernen wir Mädchen nämlich dann doch mit der Zeit und dann freuen wir uns wirklich über ein nettes, ehrlich gemeintes und bitteschön originelles Kompliment. Und geben es dann auch gerne zurück. Versprochen! penni-dreyer

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