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Mädchen, sind wir attraktiver, wenn wir in einer Beziehung stecken?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Es gibt da ein Phänomen, über das Jungs immer mit ein wenig Wehleid in der Stimme sprechen, so von wegen: „Ach, Deutschland ist schon ok, wenn der Winter halt nicht so kalt wäre“ oder „Wenn man doch vom Rauchen keinen Krebs bekäme“. Es geht also um eine triviale, leicht bedauerliche, aber letztlich nicht zu verändernde Tatsache. Immer dann nämlich, wenn wir eine Freundin haben, geht was. Das heißt, es könnte was gehen, wenn wir genau in diesem Moment keine Freundin hätten. Wir stehen in einer Bar und denken endlich mal nicht daran, wer gerade besonders gut aussieht und wer uns vielleicht angelächelt oder sonst irgendwelche Kontaktsignale ausgesandt haben könnte. Das ist ein Zustand, der sich wirklich gut anfühlt – in etwa so, wie wenn einen ganz lange der Kopf juckt und man sich ständig kratzen muss und dann hört das mit einem Mal auf. Wir sind entspannt. Wir können dann ganz ohne Hintergedanken mit euch Gespräche führen – über Westerwelle als Außenminister oder Sex im Stehen – so, als ob wir einfach gute Freunde wären. Und genau in diesen Situationen kriegen wir die meisten Angebote. Das Mädchen mit den schwarzen Locken, die mindestens eine Liga über uns spielt, lächelt plötzlich. Ein anderes berührt uns am Unterarm, während wir gerade über Westerwelle und seine neue Rolle als Außenminister schwadronieren. Auf der Straße fragt uns eine Französin, ob wir ihr einen Club empfehlen können. Die Exfreundin schreibt uns eine Mail, in der steht, früher sei nicht alles schlecht gewesen. Wegen der einzelnen Ereignisse würden wir uns nichts einbilden, aber die Häufung dieser Kontaktaufnahmen macht uns wirklich stutzig. Sobald wir wieder Single sind, passiert nichts dergleichen: Wochenlang kein Lächeln, keine Berührung, null Interesse an unserer Person. Nix geht, nicht mal ein bisschen was. Erfuhrchtsvoll zitieren wir dann Studien amerikanischer Wissenschaftler, wonach der Mann bei ausgefülltem Sexualleben bestimmte Duftstoffe aussondert, auf die Frauen wiederum besonders anspringen - in der Hoffnung, so dieses Phänomen erklärbar zu machen. Jemand wirft ein, dass wir einfach lässiger rüberkommen, weil wir uns in einer Beziehung sicherer fühlen. Dieses Selbstbewusstsein macht uns attraktiver. Und ein Dritter meint, sobald die Mädchen wissen, dass wir vergeben sind, ist ihr Jagdinstinkt geweckt. Wir seien dann für euch eine Herausforderung, so wie manche Frauen in französischen Schwarz-Weißfilmen unbedingt einen jungen Mönch verführen wollen. Vielleicht verarscht uns ja auch unsere eigene Wahrnehmung und wir bilden uns das alles nur ein. Was meint ihr: Sind wir für euch attraktiver, wenn wir in einer Beziehung stecken? Auf der nächsten Seite kannst du die Mädchenantwort lesen.


Die Mädchenantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Es ist ja so: Als Mädchen kann man eigentlich keinen dümmeren Einfall haben, als sich in einen fest verkabelten Mann zu verlieben. Man muss dann beharrlich Störsignale senden und anschließend ewig auf vielsagende SMS warten. Am Ende hockt man heulend auf einem fremden Haufen Beziehungsmüll, weil man zufällig in die Rolle der kostenlosen Abrissunternehmerin einer eh schon kaputten Liebe gerutscht ist. Wenn wir jetzt aber davon ausgehen, dass es einen Unterschied zwischen „attraktiv finden“ und „sich ernsthaft verlieben“ gibt, dann kann es tatsächlich eine Rolle spielen, ob der Junge, der sich da gerade so hübsch eine Strähne aus der Stirn wischt, eine Freundin hat oder nicht. Hat er nämlich keine, dann fragen wir uns insgeheim schon, woran das möglicherweise liegen könnte. Und während der gute Junge dann in sicherlich sehr spannender Weise von Außenministern erzählt und in unfassbar lässiger Art über Stehsex reden kann, klappern wir Fieslinge in Gedanken jeden seiner Sätze hektisch nach versteckten Falltüren ab: Wahrscheinlich ist er viel zu selbstverliebt. Vielleicht ist er einer von denen, denken wir dann, die am linken Bettpfosten Strichlisten über ihre zu Fall gebrachten Party-Mitbringsel führen. Auf jeden Fall wäre es besser, nicht zu offensiv zu lächeln. Weniger vorsichtig müssen wir Mädchen natürlich bei denen vorgehen, die sich ebenfalls sehr hübsch die Haare aus der Stirn wischen können - hinter deren Name aber ein rotes Häkchen zwecks vorhandener Freundin prangt. Möglicherweise riecht ihr fest Vergebenen tatsächlich besser als eure partnerlosen Abbilder. Zum Beispiel, weil ihr eurer Freundin versprechen musstet, mit dem Rauchen aufzuhören. Das ist aber nicht der Grund dafür, dass wir euch offensiv anlächeln, nach dem zweiten Bier möglichst zufällig euren Unterarm berühren und am nächsten Tag noch eine betont lustige Mail hinterher schicken. Vermutlich hat es tatsächlich etwas mit dem Jagdinstinkt zu tun. Attraktiv hin oder her. Ihr seid vor allem ein schönes Versuchskaninchen. Gerade weil ihr in festen Händen seid, können wir unser ganzes „Find mich cool“-Repertoire ins Blaue schießen. Ihr werdet euch schon nicht losmachen und plötzlich nach unserer Hand greifen. Wir können also guten Gewissens testen, was so geht. Damit wir dann, wenn es eines Tages wirklich drauf ankommt, zielsicher ins Schwarze treffen. Was heißt das jetzt für euch vergebene Jungs? Ihr habt Recht. Wir gucken euch netter an, wir lachen euch aufreizender zu. Euer Gefühl hat euch nicht verarscht. Wir Mädchen verarschen euch. Ein klein bisschen zumindest. anna-kistner

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