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Mädchen, was ist das mit euch und den Blumen?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Es ist ja nicht so, dass wir etwas Schönes nicht schön finden könnten. Doch, doch, wir kapieren Feuerwerk und Schlosstreppe und Lampions. Auch eine Blumenwiese oder ein erblühter Rosenstock sind uns geläufig und wenn wir sie sehen, deuten wir wohlwollend drauf. Aber wenn es um das verschärfte, Indoor-Blumentrara geht, stellen wir doch einen gewisse Kluft zwischen euren und unseren Ambitionen fest. Ein alleine wohnender Mann hat, wenn es hoch kommt, eine Vase. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie für große Blumensträuße und massive Einzelblumen zu klein ist und dass ein Strauß Tulpen oder zarter Veilchen darin verschwindet. Das macht nichts, denn er bekommt ohnehin nur äußerst selten von seinen achtzig Freunden Blumen mitgebracht, sieht man von denen ab, die es am Schießstand zu gewinnen gibt. Die Vase ist deswegen als Münzschale oder Aschenbecher entfremdet. Es sind diesem ganz normalen Mann auch die meisten Blumenarten nicht namentlich bekannt, Sonnenblume und Narzisse immerhin kann er auseinanderhalten und fährt damit sehr gut. Insgeheim findet er Blumen im Haus ja auch ein wenig irrational. Nach drei Tagen doch, verwandelt sich die Blühpracht in bröckelnden, schmutzenden, stinkenden Grünmüll und nach vier Tagen liegt das Zeug in der Biotonne. Da hat man, denkt der Mann, doch mehr von einem schönen Bild, einem Poster oder seinetwegen einer winkenden Katze im Regal. Trotzdem bringt er pflichtschuldig seiner Angebeteten erst eine Rose und im Verlauf ihrer Liebe alles andere, was ihm die rigorosen Damen im Blumengeschäft zu absolut irren Preise aufdrängen und mit verstörenden Pflegehinweisen versehen. Die Angebetete freut sich trotzdem wie bekloppt über jeden Stängel, sortiert sie perfekt in eine der 18 Vasen, trägt sie der Sonne hinterher, notiert sich die Blühzeiten und schwärmt ihrer Mutter am Telefon davon vor. Mädchen, ehrlich, was ist das mit euch und den Blumen?


Die Mädchenantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Wichtigste, liebe Jungs, gleich vorneweg: Niemals dürft ihr Blumen mit Rosen verwechseln! Rosen sind Kirmes-Kitsch. Rosen sind Kuschelrock-Deko. Rosen sind was für traurige Clowns und überschminkte Schulschönheiten. Rosen sind doof. Sie sind seltsam aufdringlich und versuchen ständig, ihre Umwelt mit Bedeutung zu schwängern. Also lasst uns über Blumen sprechen. Blumen sind schön. Egal, ob sie in übergroßen Glasvasen, verrosteten Camping-Tassen oder umfunktionierten Zahnputzbechern stecken. Blumen sind jeden Tag anders, sie riechen gut und ja, manchmal auch seltsam. Sie erfordern Sorgfalt in der Auswahl und gehen kaputt, wenn man sich nicht um sie kümmert. Klar sind Blumen irgendwie wahnsinnig irrational. Aber genau deswegen finden wir auch jeden Strauß und jeden Stängel so besonders, irgendwie eigen. Blumen sind auch ein Stückchen heile Welt. Eine Art Erinnerungsstück aus der Zeit, in der wir von Oma die alte 20er Jahre Puppenstube geschenkt bekamen und auf jedem Minitisch ein fingernagelgroßes Blumengesteck stand. Falls ihr das nicht nachvollziehen könnt, ein letzter Versuch: Blumen sind halt Farmville live. Und ihr könntet uns wirklich viel häufiger welche schenken. Echt jetzt. Narzissen, Veilchen, Gerbera und wie sie alle heißen (so genau wissen wir das nämlich auch nicht) werden völlig zu Unrecht für ein aus existentieller Not oder kolossaler Einfallslosigkeit geborenes Geschenk gehalten. Mit dem Dreiklang der trostlosen Herzlichkeiten - Pralinenschachtel, Plüschtier, Parfum - haben Blumen wirklich nichts zu tun. Auch diese dämliche Metaebene, die bei Blumengeschenken immer mitschwingt, nervt. Warum kann man Blumen nicht einfach kaufen, weil es hübsche Unikate sind? Ein Stück Natur? Ein einfacher Garten-Ersatz? Warum müssen euch die vielen Filme und Werbespots andauernd signalisieren, dass Blumen entweder teure Romantik-Botschafter oder billige Entschuldigungs-Maßnahmen sind? Jeder Mensch - und erst Recht jedes Mädchen - weiß, dass ein Blumenstrauß keine Probleme unter den Teppich kehrt. Dass eine Pusteblume keine Affäre aus der Welt zaubert und dass eine Tulpe keinen Kotzfleck im Bad verzeihbar macht. Versucht das bloß nicht! Blumen machen uns einfach nur eine riesige Freude. Wir schauen sie gerne an. Sie verdoppelt dann für einen wertvollen Moment lang unseren Herzschlag. anna-kistner

Text: max-scharnigg - Foto: photocase.com © florian reimann

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