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Mädchen, was, wenn wir keine Lust auf Sex haben?

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Die Jungsfrage:

Mein Freund E. ist frisch verliebt, in ein Mädchen von vorzüglichem Äußeren. Und doch schlitterte er kürzlich frontal in ein Problem: Er hatte keine Lust auf Sex. Er war nicht krank und nicht verkatert, er hatte einfach abends den Kopf voll Arbeit und verknoteten Gedanken. Und nach mehrwöchigem Dauerschmusen mit der besagten Dame kam ihm abends im Bett kein rechter Bock auf Beischlaf.

Das vorzügliche Mädchen neigt sonst, wie er mir versichert, nicht zu Selbstzweifeln. Nun aber reagierte es schlimm verunsichert. Woran es denn läge: An jenem Satz vorhin beim Abendessen? Am Nachthemd? Am neufrisierten Pony? Die Begründung, E. habe einfach gerade "keine Lust", schien ihr offensichtlich vorgeschoben vor ein größeres, unbedingt zu lösendes Problem.

Ihr Mädchen seid in solcher Situation ja fein raus: Euch steht eine ganze Palette an Gründen zur Verfügung, die euch am Sex hindern können: Da ist der Kopf, der Bauch und euer ewig vertrackter Unterleib! Wir haken da nicht lang nach, selbst wenn wir insgeheim eine stinknormale, symptomfreie Sex-Unlust wittern. Die kennt nämlich – anders als der Volksmund glaubt! - auch jeder von uns. Bei älteren Paaren ("älter" beginnt, sobald das Bett auch zum Lesen genutzt wird) relativiert sich das. Da wird gelegentliche Sex-Lustlosigkeit auf dem kurzen Dienstweg hingenommen. Bei Neuverliebten aber, wie dem armen E., ist das anders - da brauchen wir schon eine nässende Operationsnaht auf dem Bauch, damit ihr uns ohne Misstrauen zugesteht, dass wir mal keinen Sex wollen.

Gibt es einen eleganten Weg, euch zu sagen, dass wir keinen Bumsbock haben? Und zwar ohne dass ihr euch das gleich zu Herzen nehmt und an eurer Vorzüglichkeit zweifelt? Denn an der ändert es ja nichts, wenn wir mal eine Runde aussetzen wollen, wirklich!

Auf der nächsten Seite: die Mädchenantwort von cora-hartmann.



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Mir fällt da spontan "Lysistrata" von Aristophanes ein. In der griechischen Komödie verschwören sich die Frauen Athens und Spartas, um ihre kriegführenden Männer zum Friedensschluss zu bewegen. Das klappt, indem sie ihnen drohen, nicht mehr mit ihnen zu schlafen, bis sie den Krieg beenden. Das machen die Männer dann auch. Sie sind in einem vereint: ihrem unbändigen Verlangen nach der Frau.

Die Geschichte beschreibt das von dir genannte Vorurteil ziemlich gut. Dass also Männer grundsätzlich immer Sex wollen. Und obwohl wir heute, fast 2500 Jahre später, eigentlich emanzipierter damit umgehen müssten, hält sich das Klischee. Und wird ja auch, gerade in Hollywood-Filmen, gerne immer wieder aufgewärmt: Wenn Mädchen keine Lust haben, drehen Männer durch. Weil sie nämlich immer Bock haben.

Das alles schwingt irgendwie mit, wenn ihr uns sagt, dass ihr mal keine Lust auf Sex habt. Die von dir beschriebene Situation ist aber vor allem deshalb kompliziert, weil sich E. und seine Flamme erst am Anfang ihrer Liaison befinden. Wo nach dem Lehrbuch das sexuelle Verlangen ja noch potenziert vorhanden sein sollte! Wenn wir euch noch nicht so lange kennen, können wir eben noch nicht mit endgültiger Sicherheit sagen, ob ihr die "Gedankenknoten" nicht nur vorschiebt, eigentlich aber etwas Generelles dahinter steckt. Dann kann uns so was passieren wie der schönen neuen Frau von E.: Wir denken, dass wir selbst die Schuld an der Sex-Flaute tragen.
 
Die gute Nachricht ist: Eigentlich müssen wir und ihr durch diese Unsicherheit nur einmal durch. Denn sobald wir euch ein bisschen kennen, können wir ja doch ganz gut einschätzen, wie es um euch und uns gerade steht. Dass es dieses von uns konstruierte grundlegende Problem gar nicht gibt.
 
Deshalb ist es am besten, wenn ihr ganz ehrlich sagt, dass euch nicht danach ist. Das müsst ihr ja nicht in einen herzlosen Satz verpacken - von einem barschen "Heute nicht!", ohne von der Zeitung aufzuschauen, rate ich ab. Sagt es einfach wie die normalen, charmanten Jungs, die ihr seid: Mit in-die-Augen-Gucken. Einer Begründung. Und vielleicht einem Küsschen, wenn euch danach ist. Böse Missverständnisse entstehen nämlich vor allem dann, wenn Dinge nicht ausgesprochen werden und Vermutungen vor sich hin gären.

Ihr könnt uns übrigens auch gerne von euren Gedankenknoten erzählen. Denn beim Entknoten sind wir nicht nur gerne behilflich, sondern in der Regel ja auch ganz gut. Und falls ihr es euch dann doch anders überlegt - meldet euch einfach.

cora-hartmann


Text: lucas-grunewald - Cover: jonibe.de / photocase.de

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