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Mit Kind sind wir unschlagbar, oder?

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Die Jungsfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Er hatte ein Strahlen im Gesicht. Erst dachte ich, das große schwedische Möbelhaus hätte ein Ball-Basin für Menschen über 12 Jahren eingerichtet und er hätte am Nachmittag selbstverloren ein Bad in roten und gelben Plastikkugeln genommen. Doch das Glück, das meinen Freund bei Ikea strahlen ließ, fand er nicht im Kinderspielbereich, sondern auf den Gängen: "Alle Mädchen haben mich angelacht", erzählte er. "Einige wollten gar nicht mehr gehen." Der Grund seiner Beliebtheit ist nicht mal einen halben Meter groß und kann nicht laufen: ein Säugling im Kinderwagen. Leihweise schob mein Kumpel die Kleine durch das Möbelhaus und fühlte sich wie Ronaldinho beim Betreten eines nur mit Mädchen besetzten Stadions: Kreischen, Sympathiebekundungen und leuchtende Mädchenaugen allüberall. "Vielleicht ist ein Junge mit Säugling deshalb so attraktiv", spekulierte mein Freund, anschließend wieder kinderlos beim Bier, "weil Mädchen ihn nicht als Gefahr betrachten." Der ist eh vergeben, denkt Ihr, so seine Theorie, hat ein Kind und ist allein deshalb schon nett und freundlich. Er nahm einen tiefen Schluck, stellte das Glas ab und voller Überzeugung fest: "Wenn alle Jungs wüssten, wie beliebt man mit Kind ist, das deutsche Geburtenproblem wäre gelöst." Wir debattierten noch lange über die Frage, aber eigentlich kamen wir zu keiner Lösung. Deshalb, erklärt Euch: Sind Jungs, die einen Säugling durch die Gegend schieben, für euch tatsächlich attraktiver als wir armen Kinderlosen? dirk-vongehlen Die Mädchenantwort

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Es war letztes Jahr, im Frühling. Ich lümmelte auf meiner karierten Picknickdecke im Park, knabberte Salzstangen und hörte Franzi zu. Franzi, meine Mitbewohnerin und Freundin, war zu diesem Zeitpunkt ein verlassener Single und gerade in der Phase, in der man den Ex in das heißeste Feuer und das gesamte männliche Geschlecht auf den entlegensten Winkel des Planeten Mars wünscht. Sie schimpfte, sie zeterte, sie heulte. Treulose, räudige Hunde seien die Männer, gefühllos, egoistisch und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Plötzlich verstummte die zeternde, heulende Franzi. Über den Rasen stackste ein kleines Mädchen, ein bisschen älter als ein Jahr. An ihrer Hand: Björn, 28, Buchwissenschaftsstudent und Papa von Beruf. Er schleppte einen riesengroßen Rucksack mit sich, dessen Inhalt er langsam und bedächtig ausbreitete: Erst die Kuscheldecke, dann den Schmusehasen, die Dinkelkekse und die Apfelschorle. Während der ganzen Zeit sprach er ruhig und bedächtig mit Lena, nahm sie zwischendurch auf den Arm und kniff sie in die Backe. Franzi flüsterte: „Ist der aber lieb.“ Zwei Augenaufschläge später hatte sie die Decken gewechselt, fütterte Lena mit Dinkelkeksen und verabredete sich mit Björn, schon seit einer Weile von Lenas Mama getrennt lebend, für den nächsten Abend. Seit diesem Frühlingspicknick bin ich mir sicher: In gewissen Lebenslagen finden wir Männer mit Kindern tatsächlich attraktiver. Nämlich dann, wenn man wir mal wieder von den Männern enttäuscht, ausgenutzt, verlassen wurden. Und uns nach Sicherheit, Verständnis und Einfühlungsvermögen sehnen. Eine Schulter zum Anlehnen brauchen und einen Mann dazu, der seine eigenen Bedürfnisse auch mal hinten anstellt und Verantwortung übernimmt. All das strahlt ein liebevoller Papa aus und gewinnt bei von Männern enttäuschten Frauen auf ganzer Linie gegen den Single, der jeden morgen bis elf Uhr schläft, nicht weiß, mit welcher Frau er die nächsten drei Wochen seines Lebens verbringen will und der sich lieber mit Computerspielen statt mit Windeln wechseln beschäftigt. Außerdem fällt es Frauen wie Franzi, deren Selbstbewusstsein durch eine Trennung sehr gelitten hat, viel leichter, einen Mann mit Kind anzusprechen: Einmal über den Wagen beugen, ein „Oh, wie süß!“ seufzen und schon ist man mitten im Gespräch, ohne viel von sich preiszugeben. Doch wenn wir Frauen die Phase erreicht haben, in der wir das Alleinsein genießen, den Frieden mit dem männlichen Geschlecht und der Welt geschlossen haben, ja dann finden wir Männer, die mit einen Säugling durch den Park ruckeln, bloß süß. Denn ein Mann mit Kind ist meistens vergeben, genießt sein Familienglück und ist damit für uns unerreichbar. Und dann schauen wir von unserer Picknickdecke aus viel lieber den attraktiven Kinderlosen hinterher.

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