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Was findet ihr an anderen Mädchen hübsch?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Egal ob auf Ausflugsdampfern oder bei Affengeburten: Wo man in den letzten Wochen das Wort Topmodel fallen ließ, blieb es nicht liegen, sondern wurde hin und hergefetzt. „Aaaargh, die Branca-Sophie muss raus, die, die ist doch echt kein Model!“, gellte es aus wilden Erdbeermündern. Und sogar Träger von Kinnprothesen taten sich dabei mit tiefgründigen Analysen fremder Wangenknochen und Haarfrisuren hervor, die dann wahlweise als „total hübsch“ oder „gehngarnicht“ etikettiert wurden. Uns ist in diesem Zusammenhang schon öfter aufgefallen, liebe Mädchen, dass ihr bei der Beurteilung eurer Geschlechtsgenossinnen völlig irrational vorgeht. Beispiel eins: Wir sitzen im Café, und vorbei kommen eine grazile, blonde Pferdeschwanzstudentin, Marke Ralph-Lauren-Praktikantin und eine Zwei-Tonnen Madame mit Schleifen im Haar, Marke Suppenküchen-Praktikantin. Wir Jungs sind ehrlich und sagen: „Wow, die Ralph-Lauren-Tussi sieht schon echt ganz gut aus.“ Und sonst nichts. Ihr sagt: „Ich finde die Dicke hat ein total schönes Gesicht, so sinnlich, irgendwie. Die ist – eigentlich -tausendmal hübscher als die andere, die ist einfach nur langweilig.“ Gut, vielleicht sind wir da vom Testosteron geblendet, so was sehen wir eben nicht. Beispiel zwei. Da sind die zwei Models mit Namen Klein-Brünetta und Groß-Blondia. Meine beste Freundin, die ausgesprochen braunes Haar in 1,58 Meter Höhe herumträgt, kritisiert immer nur an Klein-Brünetta herum, kann absolut nichts an ihr finden und wird richtig pampig, wenn ich die Brünetta besser finde als die Blondia. Die wiederum, so glaube ich, darf nur gewähren, weil sie optisch gewissermaßen nicht in direkte Konkurrenz zu besagter Freundin tritt. Fassen wir zusammen: Ein anderer Mädchentyp als ihr selber seid, wird von euch leichter hübsch gefunden, genauso wie alle Damen, die sich ohnehin in anderen (unteren) Ligen bewegen. (Auch gerne: ganz alte Frauen, O-Ton: „Da sieht man echt, wie hübsch die mal war“). Alles was sich aber scheinbar in eurem Revier und mit euren Attributen bewegt, wird als untauglich abgestempelt und weggebissen. Objektiv ist das nicht. Und dann spielt bei euch ja außerdem noch die Nettigkeit eine gewisse Rolle, oder? Kirsten Dunst findet ihr alle irgendwie super, weil sie so natürlich ist und Jessica Alba, eine Frau wie ein Denkmal, geht euch immer nur auf die Nerven. Also, Klartext, was findet ihr bei anderen Mädchen hübsch? Und wie sollte die andere besser nicht sein? Die Mädchenantwort steht auf der nächsten Seite.


Die Mädchenantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Lästern stärkt den Geist der Gemeinschaft. Und über was kann man sich das Maul leichter zerreißen als über das defizitäre Äußere anderer Leute, hier: anderer Mädchen? Wie wir das untereinander tun, ist zwar eine äußerst diffizile Angelegenheit, aber nicht zwingend irrational. Lass mich versuchen, dir das zu erklären: Die Strategie, als Brünette eine Blondine viel besser zu finden, da sie typmäßig außer Konkurrenz steht, erscheint zunächst sehr plausibel. Aber genauso kann man Frauen, die einem selbst ähneln, erst recht viel schöner finden, weil man damit gleichzeitig seine eigene Eitelkeit bestätigt. Die ist hübsch, die sieht so aus wie ich, ergo bin ich auch hübsch! So ungefähr. Eine vermutlich repräsentative Umfrage in meinem Bekanntinnenkreis hat ergeben, dass beide Vorgehensweisen gleichermaßen Anhänger finden. Zweitens: Wir neigen zu einer extrem korinthenkackerischen Unterscheidung zwischen gutaussehend und schön. Die Auszeichnung Schönheit vergeben wir ausschließlich an überzeugende Allroundpakete. Kleidungsstil, das nebulöse Ding Ausstrahlung und Charaktereigenschaften, sofern bekannt, werden wesentlich mit in die Beurteilung miteinbezogen. Gutaussehend ist dagegen ein Lob, das wir gerne inflationärer verteilen. Gut aussehen kann man durchaus auch partiell: „Also im Gesicht schaut die ja schon ganz ok aus“ sagen wir in so einem Fall. Will heißen: Der Rest der Frau ist ästhetisch inakzeptabel. Ob unser Daumen nach oben oder unten zeigt, entscheidet sich außerdem daran, ob die betreffende Frau mit uns befreundet ist, gerade nur zufällig vorbeiradelt oder uns aus der "InTouch" ins Auge springt. Für unsere Freundinnen haben wir immer wohlwollende Worte parat. Ich finde alle Mädchen, die ich mag, grundsätzlich immer „voll hübsch“. Das hört man zumindest von mir, wenn nach meiner Meinung gefragt wird. Bei einer fremden Geschlechtsgenossin fällt unser Urteil schon härter aus. Von ihr hätten wir auch keine Retourkutsche zu befürchten. Vollkommen enthemmt werden wir schließlich bei Promis. Diese Sorte Mensch schwebt einerseits in ganz anderen Sphären als wir, andererseits meinen wir, dass unser Halbwissen über deren Schönheits-OPs und Entzugskuren eine fundierte Beurteilungsgrundlage bildet. Dann kann ein Satz wie „Angelina Jolie stinkt und sieht aus wie ein abgeranzter Junkie“ fallen, obwohl die Frau an sich einer Göttin gleicht. Und obwohl die Nasenloch-Augenbrauen-Kinn-Proportionen von Jessica Alba bestimmt irgendwie symmetrischer ausfallen, finden wir Kirsten Dunst viel schöner. Die hätten wir nämlich lieber als Freundin. Wir könnten theoretisch schon objektiv urteilen. Aber ist das nötig? Wir wollen mit diesen Mädchen ja nicht ins Bett. Im Endeffekt wissen wir eh nie so genau, worauf ihr hinaus wollt. Was ihr optisch gut findet und welche Mädchen wirklich verliebenswert sind. Eigentlich müsst ihr nur endlich mal Folgendes sagen: „Die Ralph-Lauren-Tussi ist schon unglaublich schön, aber mit so einer wollte ich eher nicht zusammen sein.“ xifan-yang

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