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Die Mädchenfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dass Jungs in der Adoleszenz angeblich Wettwichsen veranstalten - geschenkt. Das ist wohl einfach nur die homoerotische Weiterentwicklung der Doktorspiele. Aber dass der Schwanzvergleich auch mit Mitte Zwanzig noch ein fester Bestandteil der abendlichen Konversation ist - und ich habe das mit eigenen Ohren gehört - ist wirklich rätselhaft. Was habt ihr denn davon, wenn euer Glied tatsächlich länger sein sollte, als das eures besten Freundes? Seid ihr dann auch beruflich auf der Gewinner-Seite? Und wie vergleicht ihr? Ist der Penis im Ruhezustand Gegenstand des Vergleichs oder im erigierten? Es ist nichts dagegen einzuwenden, darüber froh zu sein, wenn man untenrum gut ausgestattet ist. Aber hat euch eure Mutter nicht beigebracht, dass es von äußerst schlechter Erziehung zeugt, wenn man seine körperlichen Vorzüge benutzt, um andere Menschen unglücklich zu machen? christina-kretschmer Die Jungsantwort

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ach du liebes bisschen Pimmel! Ich habe mich weder im Ruhezustand noch erigiert je mit jemandem über die Länge von Penissen unterhalten. Das höchste der Gefühle wäre ein sportlich-rationaler Bericht darüber, wie der eigene Penis ein besonderes Kunststück vollbracht hat oder sich heldenhaft verletzte. Ein längerer, gar ernsthafter Disput über Zentimeter erscheint mir aber recht unwürdig – vor allem unter besten Freunden, da haut man sich meinetwegen gegenseitig in die Eier und macht dann Eunuchengeräusche, aber sonst nichts. Dass man sich im stillen Kämmerlein gelegentlich fragt, ob das alles so seine Richtigkeit hat, kommt natürlich vor, vor allem beim sogenannten Heranwachsen. Aber die Zipfel-Zweifel unterscheiden sich dann nicht groß von denen, die man auch mit Nase, Ohr und Hals in dieser Zeit hat: Zu groß? Zu Klein? Zu behaart? Wiegen meine inneren Werte das noch auf? Beim Zweifeln denken wir auch gar nicht so sehr an die Formate der anderen Jungs, sondern eher an eure Mädchenansprüche. Was die angeht, habe ich eigentlich noch nie gehört, dass jenseits von „Sex and the City“ die Schwanzlänge tatsächlich zu Beziehungstrübungen geführt hätte. Und wenn, würden wir wohl kaum beim Stammtisch davon erzählen. Denn es ist nicht zu verleugnen, dass die Vorstellung, man hätte den kleinsten Penis Mitteleuropas, nicht besonders populär ist. Gleichsam unpopulär sind aber auch tatsächliche Schwanzvergleiche unter erwachsenen Menschen, die ja wenn überhaupt, nur beim After-Sport-Dusching oder in der Sauna ausgetragen werden könnten. Und selbst dann greift immer noch die goldene Jungsausrede, dass der aktuell dargebotene Aggregatszustand des Penis ausgerechnet der Unvorteilhafte ist. Dem ganzen Thema fehlt es also eindeutig an einem sachlichen Fundament. Im Grunde ist es doch wie mit euren Brüsten: Es gibt große, es gibt kleine und es gibt welche, in die man sich verliebt. Dass tatsächlich noch viel weniger über Penisse geredet wird als über Brüste, liegt wohl vor allem an ihrer Alltagsunsichtbarkeit. Und an der wollen wir bitte auch nichts ändern, oder?

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