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Jungs, führt ihr einen Brusthaarkrieg?

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Darüber, wie wir zu euren Körperhaaren stehen und wie ihr zu unseren steht, wurde an dieser Stelle ja schon oft gesprochen. Haare sollen auch heute unser Thema sein, aber anders: Wir wüssten gerne, wie ihr untereinander zu euren Körperhaaren steht.  

Damit ich genauer erklären kann, was ich meine, lass uns kurz zusammen in den August reisen und an den See gehen: Die Sonne scheint, die Vögel singen, das Wasser plätschert, schöne junge Menschen genießen den Sommer. Die anwesenden Jungs tragen Badehosen und Obenrum nix, damit sie jederzeit ins Wasser springen können (oder damit sie braun werden). Auf Männerbrüsten, das wissen wir, wachsen oft Haare, mal mehr, mal weniger, so auch hier. Wenn man genauer hinsieht, lassen sich die Seejungs in zwei Gruppen einteilen, die unterschiedlich mit ihrer Brustbehaarung umgehen: Die eine Gruppe lässt das Haar wild und ungezähmt wuchern, die andere Gruppe rasiert es ab. Erstmal kein großes Ding, im Gesicht läuft das ja genauso. Allerdings, so scheint mir, tut sich zwischen diesen beiden Gruppen ein Graben auf.  

Nie habe ich gehört, dass sich ein Mann abfällig darüber geäußert hat, dass ein anderer Mann sich jeden Morgen den Bart rasiert. Oder sich die Achselhaare stutzt. Oder gar die Rückenhaare wachst. Alles kein Problem. Aber wenn es ums Brusthaar geht, werdet ihr ganz komisch. „Boah, der Typ rasiert sich die Brusthaare“, raunt ein Seejunge einem anderen Seejungen oder einem Seemädchen zu, „wie bescheuert!“ Und dabei guckt er sehr, sehr abfällig. Es ist, als habe er mit einem einzelnen Blick auf die kahlgeschlagene Brust entschieden, dass er und der andere niemals Freunde werden können. Dass ihre Interessen, ihre Überzeugungen und ihre Vorlieben auf jeden Fall völlig unterschiedlich sein müssen. Dass sie grundlegend verschiedene Menschen sind.  

Diese Szene war nun ausgedacht – aber ich habe das so oder ähnlich schon erlebt. Mehr als einmal. Dass die von euch, die ihr Brusthaar mit Stolz tragen, abgestoßen oder doch immerhin sehr irritiert sind, wenn ein Artgenosse sich dieses Brusthaar abrasiert. Und dass nur sehr, sehr selten unrasierte und rasierte Brüste zusammensitzen und sich gernhaben.  

Das mit dem Brusthaar scheint eine Frage der Ideologie zu sein. Könnt ihr uns das mal genauer erklären? Wie ist euer Verhältnis zum Brusthaar? Wie war das, als es kam, und wann fiel die Entscheidung, ob es bleiben kann oder gehen muss? Und welches Statement steckt hinter naturbelassener Behaarung, welches hinter rasierter? Hand auf Herz, äh, die Brust, und raus mit dem Geheimnis!

Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von piet-vanriesenbeck


Mit der Körperbehaarung ist es bei uns so eine Sache. Man hat sie ab einem gewissen Alter eigentlich überall, sie lässt sich aber leider nicht überall so cool tragen wie im Gesicht. Hier ist es mittlerweile mehr als okay, die Haare sprießen zu lassen. Über Bärte lässt sich zwar auch noch diskutieren, hier stehen aber eher Stilfragen im Vordergrund. Anders ist es mit der Behaarung weiter unten. Der Umgang mit der Behaarung abwärts des Halses ist eine intimere Sache.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Die Männerwelt ist auch hier gespalten, nur dass ihr es hier nicht so deutlich merkt, denn wie man sich in der Frage entschieden hat, wird meistens nicht so deutlich zur Schau getragen. Trotzdem beginnt hier schon die Spaltung, die, wie ihr scheinbar denkt, durch die Brustbehaarung hervorgerufen wird. Manche Jungs halten es für hygienisch, sich beispielsweise die Achseln zu rasieren oder fühlen sich damit einfach wohler, andere lassen lieber sprießen. Wie man sich hier entscheidet, ist aber bereits ein Indiz für die Vorstellung von Männlichkeit. Dazu später mehr.  

Der Ort, an dem diese Spaltung sichtbar wird, wie du richtig erkannt hast, ist der Badesee. Genauer genommen: die männliche Brust am Badesee. Denn hier wird das, was vorher intim beschlossen wurde, zum Statement. Eine rasierte Brust lässt sich nicht verstecken, zu ihr muss man stehen. Dennoch deutet sie in den meisten Fällen an, wie es weiter unten weiter geht. Durch dieses Statement wird der glattrasierte Mann am Badesee in eine Schublade gesteckt. In eine von zweien im Schrank des Männlichkeitsverständnisses.  

Was der Brusthaarrasierte sagen will und was meist auch so verstanden wird, ist, dass ihm Körperhygiene wichtig ist. Ein sauberer Körper ist für ihn nicht nur geruchsfrei, sondern auf Hochglanz poliert, dabei stören Haare. Zu seinem Männlichkeitsbild gehört außerdem ein trainierter Körper, deshalb hängt er typischerweise sehr viel im Fitnessstudio ab und selten in der Bib. Man trifft den Brustrasierten häufig in Clubs und seltener in Kneipen, denn dort kommt man über Gespräche ans Ziel und seine Partnersuche ist körperbasiert. Mit seiner glänzenden Brust, will der Rasierte Weibchen anlocken, die seine Ideale teilen. Der Behaarte macht das...genauso.  

Der Typ üppiges Brusthaar muss nicht unbedingt unhygienisch sein und auch er versucht, mit seinem Körper Signale zu senden. Doch während der Rasierte mit glänzenden Muskeln eher für Ordnung und Sicherheit wirbt, signalisiert der unrasierte einen unregelmäßigen Lebensstil und verspricht Abenteuer. Für Körperrasuren bleibt dabei keine Zeit und die Auseinandersetzung damit ist an sich schon unmännlich. Dabei ist seine Haltung dazu an anderen Stellen viel weniger selbstbewusst und das eine oder andere Körperteil rasiert auch er ganz gerne.  

Mit der rasierten Brust macht man sich also deshalb am Badesee lächerlich, weil man sich damit tief in die – nicht so tiefgründige – Persönlichkeit blicken lässt. Bei Männerbrüsten ist definitiv nichts Gold, was glänzt. Andererseits sind die Männerbrüste am Badeseen als Etiketten ganz gut geeignet, man kann ihn ganz gut entnehmen, welcher Typ Mann dahinter zu erwarten ist.

Text: valerie-dewitt - und piet-vanriesenbeck; Cover-Foto: froodmat / photocase.de

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