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Jungs, gab es bei euch auch die Auto-Regel?

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Die Mädchenfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Die vermutlich prägendste Zeit meines jungen Lebens habe ich auf einer katholischen (!) Kloster(!)-Schule  für Mädchen (!) verbracht. Genau. Deshalb also das ganze Elend.  

Aber darüber wollte ich gar nicht sprechen. Sondern über das große, das eine und fast ausschließliche Thema aus dieser Zeit – euch Jungs. Nur weil wir auf einer Mädchenschule waren, heißt das nämlich nicht, dass wir nicht sehr am anderen Geschlecht interessiert gewesen wären. Im Gegenteil! Unser großes Ziel, das wir mit ebensolchem Ehrgeiz verfolgten, war, einen eigenen, echten Freund zu haben. Zum Liebhaben und Küssen aber schon auch, das gebe ich zu, um die Mitschülerinnen schwer zu beeindrucken.  

Und um die neidisch zu machen, musste man gewisse Punkte beachten:
1. überhaupt einen Freund zu haben, war schon ein großer Pluspunkt.
2. wenn er ein oder zwei Jahre älter war, dann war das gut und solide, aber irgendwie auch durchschnittlich.
3. Richtig punkten konnte man allerdings erst mit einem Verknallten, der NICHT EINMAL MEHR ZUR SCHULE GING UND SEIN MÄDCHEN MIT EINEM ECHTEN AUTO ABHOLTE. 

Okay, das klingt jetzt einigermaßen utopisch, aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen, wie die Katja in der 11. Klasse von ihrem reifen 20-jährigen Freund tatsächlich mit dem Opel Corsa nach der sechsten Stunde abgeholt wurde und dann mit ihm vermutlich in seine Penthouse-Wohnung in Schwabing fuhr, wo sie stundenlang küssten und vielleicht sogar Petting machten – man weiß ja nicht so genau, worauf so reife Jungs so „stehen“. Jedenfalls ist natürlich völlig klar, dass Katja nach diesem Auftritt ein völlig anderes „standing“ in der Klasse hatte als vorher. Sie war jetzt eine echte Frau und in unserem Ansehen enorm gestiegen. Klar, dass wir alle sehr, sehr neidisch waren. 

Und nach diesem schier endlos erscheinenden Exkurs komme ich nun endlich zu euch Jungs und meiner Frage an euch: Gab es zu Schulzeiten bei euch ebenfalls eine entsprechende Regel, nur eben in die andere Richtung? Waren die Jungs die coolsten, die die jüngsten Mädchen abgriffen? Oder war eure junge Freundin gar der Grund, warum ihr einfach kein ordentliches Standing bekommen konntet?

Auf der nächsten Seite kannst du die Jungsantwort lesen.


Die Jungsantwort von christian-helten

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Bei uns in der Schule gab es drei Pausenhöfe. Zwei, auf den alle Jahrgangsstufen durften, und den einen vor dem Schulgebäude, der den Schülern aus der Oberstufe vorbehalten war. Als Junge merkte man schnell, dass ihr Mädchen schon ab der neunten Klasse vor allem dorthin blicktet, wenn ihr das Bedürfnis hattet, bewundernde Blicke zu verteilen und potenzielles Freund-Material zu sichten.

Bei uns war das ein bisschen anders. Das Alter spielte zunächst mal überhaupt keine Rolle. Wir wollten lediglich das hübscheste Mädchen. Ob sie in die Jahrgangsstufe über oder unter uns ging, war ziemlich egal. Nur war es pragmatisch gesehen erfolgversprechender, sich als Zehntklässler nicht in eines der rauchenden Oberstufenmädchen zu verlieben. Die fanden wir schon ziemlich toll und wären auch sehr gespannt darauf gewesen, was sie in ihrem Zimmer vielleicht alles mit uns machen würden. Aber ernsthaft daran glauben, dass wir dieses Zimmer wirklich eines Tages von innen sehen würden, konnten wir nicht. Unsere Bewunderung für sie war vergleichbar mit jener eines Kreisliga-Kickers für die Spieler der Champions League: Der schaut sich die Messis und Robbens gerne an und spricht mit seinen Kumpels über sie – dass er aber jemals mit ihnen zusammen auf dem Platz stehen wird, ist ziemlich ausgeschlossen.

Es gab deswegen schon ein paar Pluspunkte, wenn man es trotz des ungeschriebenen Das-Mädchen-ist-jünger-als-der-Junge-Gesetzes geschafft hatte, eine Freundin aus einem höheren Jahrgang abzubekommen. Aber nur, solange der Abstand nicht zu groß war. Deine Autoregel zum Beispiel galt für uns Jungs ganz und gar nicht. Wir standen noch zu sehr unter der Befehlsgewalt unserer Mütter, als dass wir mit dieser Situation entspannt umgehen hätten können. Sich von einem Mädchen von der Schule abholen lassen, hätte unsere Freunde wahrscheinlich zu höhnischen Fragen veranlasst, ob unsere Freundin uns auch was zum Anziehen rauslegt und unsere Hausaufgaben kontrolliert.

In die andere Richtung verhielt es sich entsprechend. Eine jüngere Freundin war normal – aber nur bis zu einem gewissen Altersunterschied. Eine Klasse drunter: Total okay. Zwei Klassen drunter: Okay, mit gelegentlichem Veräppelungspotenzial. Drei Klassen drunter: Enorm gesteigertes Veräppelungspotenzial mit spürbaren Standingverlusten. Vier Klassen Unterschied: Standingkatastrophe, also definitiv nicht ratsam - und zum Glück sowieso äußerst selten vorkommend.

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