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Jungs, schlaft ihr auch zusammen in einem Bett?

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Wenn Jungenkörper und Mädchenkörper eng ineinanderverwoben einschlummern, ist das ein schönes Ritual, das Nähe erzeugt. Es muss aber nicht immer gleich was Geschlechtliches sein, wenn zwei Menschen nebeneinander einschlafen. Wir machen das mit unseren Mädchenfreundinnen seit Kindertagen. Als ich in die Grundschule ging, wohnte meine beste Freundin zwar gleich im Haus nebenan, aber jedes Wochenende übernachtete entweder ich bei ihr oder sie bei mir. Wir lagen zusammen im Bett, lästerten über doofe Lehrer, noch doofere Klassenkameraden und hörten Benjamin Blümchen-Kassetten. Ab der Mittelstufe fing es an mit dem Dummesachenmachen, am liebsten nachts und draußen in Anwesenheit von Jungen. „Heute Abend Pyjama-Party bei Laura“ erzählte man Mama und Papa, ging raus und machte die dummen Sachen. Am Ende der Nacht kam man bei jener Freundin unter, deren Eltern tolerante Ex-Hippies waren und keine Sperrstunde definierten. Man blieb noch eine Weile wach, lästerte über diesen einen doofen Jungen, den noch dooferen anderen Jungen und hörte zum Einschlafen Gitarrenmusik von viel besseren Jungen. Inzwischen wohnen wir nicht mehr bei unseren spießigen Eltern und solche pubertäre Bed-Ins ergeben sich nur noch selten. Manchmal aber besuchen wir unsere Freundinnen aus alten Tagen, die jetzt in Hamburg, Wien oder Münster studieren und dann ist alles genauso wie früher. Von ihnen hat niemand eine Gästematratze, dafür alle Betten, die mindestens 1,40 Meter breit sind. Vielleicht steht auch ein Sofa im Zimmer, aber da wollen wir nicht schlafen, denn Nähe erzeugende Einschlafgespräche kann man nicht quer durch den ganzen Raum führen, sondern nur nebeneinander im Flüstermodus. Man klärt, wer innen und wer außen schläft und versucht nachts nicht in das Schlafrevier der anderen einzudringen. Morgens wacht man auf, die Freundin geht duschen, kommt nackig aus dem Bad, wir gucken nicht befremdet hin, denn was wir sehen, kennen wir schon aus jahrelanger Sichtung anderer Mädchenkörper. Soviel zu uns. Jetzt zu euch. Macht ihr das auch? Lasst ihr andere Jungs in euer Bett? Oder verbannt ihr euren besten Freund auf den Fußboden, wo er am nächsten Morgen mit einem kaputten Rücken auf einer Isomatte aufwacht? Zieht ihr euch auch voreinander um, oder geht ihr dazu verschämt ins Bad? Die Jungsantwort kannst du auf der nächsten Seite lesen!


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Jungsantwort: Wenn Junge bei Junge übernachtet, dann ist die Vorgeschichte des Abends meist eine, die mit Alkohol, Rauchen, Tanzen, also irgendetwas Exzessivem zu tun hat. Einer kommt dann nicht mehr nach Hause, weil er seine S-Bahn verpasst hat oder zu viel getrunken hat, um mit dem Auto zu fahren. Manchmal kriegt man auch Besuch von einem Kumpel aus einer anderen Stadt, aber mit dem geht man ja auch meistens Biertrinken. Sowas führt fast immer zu übelriechenden Körperausdünstungen. Zusammen auf einem 1,60-Meter-Bett (zu zweit auf kleineren Betten zu schlafen, ist sowieso indiskutabel) betrunken einschlafen, ist nicht so das Problem. Schwierig wird es beim Aufwachen: Dann liegt da plötzlich ein stinkendes, schwitzendes, schnarchendes, raumverdrängendes Wesen im Bett. Was soll daran denn schön sein? Das ist jetzt zwar eine ehrliche, aber etwas oberflächliche Antwort. Kramen wir tiefer in unserer Seele herum, stoßen wir auf eine leichte, aber latente Form der Homophobie. Die ist nirgendwo besser auf den Punkt gebracht worden als in dem Film „Y tu mama tambien“: Die zwei Freunde Julio und Tenoch fahren zusammen mit Louisa an den Strand und verbringen den Abend Tequila trinkend. Irgendwann küssen sich Julio und Louisa, dann küssen sich auch Lousia und Tenoch und dann … küssen sich Tenoch und Julio. Am nächsten Morgen liegen Julio und Tenoch Arm in Arm im Bett. Das erste, was Julio tut, als er aufwacht, ist: Kotzen. Vielleicht haltet ihr uns jetzt für verklemmt, homophob und kindisch, aber diese Szene aus „Y tu mama tambien“ ist für uns eine absolute Horrorvorstellung. Wir tun alles, um eine solche Situation zu vermeiden. Schließlich ist man im Schlaf seiner Sinne beraubt, der Körper bewegt sich unwillentlich, diffuse Bedürfnisse nach Nähe könnten sich ihren Weg an die Oberfläche bahnen und schon hat man ein behaartes Männerbein auf seinem Bauch und ein versabbertes Bartgesicht am Ohr. Igitt. Die Frage, ob wir uns gegenseitig nackt ansehen, hat sich damit hoffentlich erübrigt. Intime Einschlafgespräche führen wir schon auch – aber in sicherer Entfernung von Bett zu Isomatte/Couch/Luftmatratze. philipp-mattheis

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