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Jungs, was ist eigentlich so schlimm daran, keinen hochzukriegen?

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Gestern bin ich auf dem Weg zur S-Bahn wieder einmal an einem dieser sympathischen Pharma-Plakate vorbeigewandert, auf dem sich ein älteres Pärchen ganz verzückt in die Augen starrt, weil es - wie der Beschriftung des Plakates zu entnehmen ist - beim Arzt war und von diesem eine Pille gegen die Erektionsstörungen des Mannes bekommen hatte. Ich mag diese Plakate sehr gerne. Ich vermute, das liegt vor allem daran, dass die beiden immer so verzückt aussehen. Und auch daran, dass dieses etwas unangenehm peinliche Thema so hübsch in Fliederfarben gehalten, auch mal bei Tageslicht beleuchtet wird. Keinen hoch zu bekommen, im Bett zu versagen, es nicht zu bringen, das sind ja - so denke ich mir - ziemlich bedrohlich Ängste im sexuellen Hinterstübchen eines jeden Jungen. Und es ist ja nicht so, als wäre diese Furcht völlig unbegründet, es kommt durchaus vor. Alleine in meinem nicht allzu ausschweifenden Sexualleben ist es schon zweimal passiert, dass der anwesende Knabe leichte Performance-Schwierigkeiten hatte. Was ich ja, so als nette und aufgeklärte Person, kein bisschen schlimm fand. Nur die beiden Herren waren jeweils extrem peinlich berührt und bekamen ganz schwitzige Hände vor lauter Erklärungsnotstand. Meine extrem entspannte Reaktion hatte ehrlicherweise nicht ausschließlich etwas mit meiner angeborenen Großzügigkeit zu tun. Es hat mir vielmehr ziemlich gut getan, einmal nicht diejenige Person in dem Kammerspiel zu sein, deren Sexualität irritierenderweise nicht auf Knopfdruck (Ha!) funktioniert. Dass ich einmal diejenige sein konnte, die reibungslos funktionieren könnte, wenn es denn etwas zu funktionieren gäbe. Und dass endlich mal der Junge mit Kopfschütteln seinen eigenen Körper betrachtete, weil der ihn im Stich gelassen hatte. Aber keine derartige Versicherung, keine noch so tröstenden Worte konnten die Jungs dazu bringen, sich zu entspannen. Und das verstehe ich nicht ganz, Jungs. Was, Herrgott noch einmal, ist denn so wahnsinnig schlimm an der Vorstellung, Erektionsprobleme zu haben? Und wie stellt ihr euch euer Sexleben in den nächsten Jahrzehnten vor, wenn ihr jetzt schon so ein Drama darum machen müsst? Auf der nächsten Seite kannst du die Jungsantwort lesen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ihr wundert euch ernsthaft darüber, dass eure tröstende Worte uns nicht entspannen können, wenn unser eigentlich bestes Stück ausnahmsweise mal nicht seinen besten Tag hat? Schon mal drüber nachgedacht, dass wir überhaupt nicht getröstet werden wollen? Bloß kein bemutterndes Mitleid! Erstens hat Mutti im Bett nichts zu suchen und zweitens nehmen wir euch in den Arm, nicht ihr uns. Verstanden? In Wahrheit ist es nämlich nicht unsere Erektionsstörung, vor der wir uns fürchten. Es ist eure angeblich so „extrem entspannte“ Reaktion, die uns Angst macht. Klar, es ist kein Geheimnis, dass es das männliche Horrorszenario schlechthin ist, keine stattliche Latte zu kriegen. Unsere Erektionsstörung wird aber erst dann zum Erektionsproblem, wenn ihr uns in der sowieso schon frustrierenden Situation mit einem mitleidigen „Das kann doch jedem mal passieren“ auch noch den letzten Rest unserer Männlichkeit nehmt. Nicht weniger hilfreich sind die obligatorischen Zweifel an eurer eigenen Weiblichkeit: „Findest du mich nicht (mehr) sexy?“ Nein, verdammt noch mal, es liegt nicht an dir! Aber wenn du mich dazu nötigst, es auch noch aussprechen zu müssen, dass es mein Versagen ist, dann wird mein Schwanz bestimmt nicht vor Stolz anschwellen. So gesehen liegt unsere Angst vorm Keinen-hoch-kriegen eben auch ein bisschen an euch: Mitleid, Selbstzweifel oder die halbherzigen Versuche, unser Teil doch noch zum Leben zu erwecken sind keine Lösung. So macht ihr unseren Erfolgsdruck beim nächsten Mal nur noch größer. Nehmt euch ein Beispiel an den Jungs und entspannt euch einfach mal! Oder habt ihr von uns schon mal die Frage „Liegt es an mir?“ gehört, wenn es bei euch untenrum mal nicht auf Kommando geflutscht hat? Deshalb besser ein kurzes Schulterklopfen und wieder zur Normalität übergehen. Keine tröstenden Worte sondern mehr Selbstverständlichkeit, wenn es mal nicht so klappen will. Leider zeigt ihr diese Selbstverständlichkeit meist nur dann, wenn bei uns alles gewohnt glatt läuft. Nach dem Motto: Ihr könnt ja sowieso immer und überall. So entsteht ein Leistungsdruck, dem selbst wir Jungs nicht immer gewachsen sind. Steht unser Teil in einem von fünfzig Fällen mal nur auf Halbmast, dann startet ihr Trostarien oder stellt unser gesamtes Liebesleben in Frage. Das ist erstens keine „extrem entspannte“ Reaktion und zweitens nicht fair. Vergesst nicht: Auch unser Geschlechtsteil hat keinen Knopf zum An- und Ausschalten. Und außerdem: Wenn jemand beim Sex mit dem Kopf auch ein bisschen bei der Partnerin ist statt nur an sich zu denken, dann kann der Bluttransport vom Hirn in den Schwanz schon mal ins Stocken geraten. Zur allgemeinen Beruhigung: Schon beim nächsten Mal werdet ihr genau von dieser Empathiefähigkeit im Bett wieder so richtig profitieren. andreas-glas

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