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Jungs, welche Drinks bestellt ihr nie im Leben?

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Wodka gemischt mit Cranberry-Nektar, Pfirsichlikör, ein bisschen Orangensaft und Eiswürfeln, die zwischen all dem im Glas klimpern. Das klingt nach einem guten Drink. Leider bestellen wir Mädchen ihn viel zu selten. Wir müssten dann nämlich sagen: „Einmal „Sex on the beach“ bitte.“ Der Name des Cocktails ist eine Zumutung. Man will ihn nicht aussprechen, ohne dabei möglichst ironisch dreinzublicken. Das mit dem ironischen Blick klappt nur leider meist so gut wie platonisches Freundschaft schließen oder Schlussmachen im beidseitigen Einvernehmen: also gar nicht. Wenn man jedenfalls Pech hat, muss man nach der „Sex on the beach“-Bestellung ein unironisch gemeintes Lächeln des Barkeepers anblicken.  

Ähnlich ungern bestellen wir übrigens Doppelbock. Dieses Mal nicht wegen des Namens. Eher wegen des fehlenden Niveaus. Doppelbock klingt nach Männern am Stammtisch. Nach Bierbauch und fehlender Hellsichtigkeit. Am Ende wird es dann meist ein „Aperol Sprizz“. Nicht zu süß, geht leicht über die Lippen.  

Euch Jungs beobachtet man in Gesellschaft wiederum nur sehr selten beim Bestellen eines „Aperol Sprizz“. Ein bisschen, so scheint es, sind Prosecco-Getränke Mädchensache. Ihr Jungs müsst harte Sachen bestellen: Negroni, Campari Orange oder Martini. Und wenn ihr Whisky bestellt, muss es natürlich der mit der besonders rauchigen und torfigen Note sein. Wir Mädchen fragen uns da manchmal: Schmeckt euch das wirklich? Oder macht euch Jungs das Alkohol Trinken einfach besonders viel Spaß, wenn es sich in Wirklichkeit um eine Mutprobe handelt?  

Gibt es Drinks, bei dessen Bestellung ihr euch vor euren Kumpels schämen müsstet? Die ihr niemals im Leben ordern würdet – obwohl sie eigentlich gut schmecken?     


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Zunächst mal: Sex on the Beach finden wir auch ziemlich bescheuert. Würden wir auch nicht bestellen.

Und ja, es gibt sie, diese Getränke, die wir wesentlich seltener bestellen als unser Gaumen danach verlangt. Sommerabend auf einem Münchner Gehsteig, schlendernde Menschen in Feierabendstimmung – da will ich oft viel lieber den erwähnten Aperol Sprizz trinken. Eigentlich passt er viel besser in meine Norditalien-Flanierstimmung als ein schnöder Krug Helles. Doch die folgende Szene wiederholt sich immer wieder: Die Bedienung kommt, meine zwei Tischgenossen ordern Weißbier und Becks, und ich: „Für mich auch ein Weißbier.“

Nix Sprizz. Denn: Auch wenn wir es nur ungern zugeben – in solchen Momenten überfällt uns manchmal tatsächlich ein latenter Trieb zum Männlichkeitsbeweis. Eine verborgene Angst, weibisch auszusehen, wenn wir ein Mädchengetränk in der Hand halten. Der Sprizz, so sagt die innere Stimme, passt nicht zur Jungsrunde, da muss fest angestoßen werden, mit Biergläsern, die nicht gleich zerbrechen. Tief in uns wissen wir natürlich, dass das alles totaler Quatsch ist. Dass kein ernstzunehmender Mensch sich beschweren würde, dass wir ein Mädchengetränk wollen. Weil es egal ist, ob ein Getränk nach Stammtisch und Bierbauch klingt oder nach Sex in the City. Schmecken muss es. Und selbst wenn sich jemand beschweren würde: Es wäre ein leichtes, diesem Menschen die Lächerlichkeit und Antiquiertheit seiner Beschwerde um die Ohren zu pfeffern. Trotzdem sind wir da oft in denselben eigentlich dämlichen Rollenmustern gefangen, die euch davon abhält, euch zwei Maß dunkles Kellerbier zu genehmigen.

Und es gibt tatsächlich noch ein paar andere Getränke mit Jungs-Embargo: Im Bereich der Alkoholika wären da die Bitzel-Sachen wie Prosecco, aber auch die Familie der Liköre und natürlich all diese Cool-Lemon-Bier-Verschnitte. Bei den Nichtbetrunkenmachern meiden wir Sachen wie Rooibos-Tee und Eiskakao – all die weichen Wohlfühlsachen eben, die man sich auch in einem Werbespot vorstellen kann, in dem eine Frau am Fenster ihres Hauses steht und mit einer Tasse des jeweiligen Getränks in der Hand verträumt in die Ferne blickt.

Einzige Ausnahme: Der White Russian. Sahnig-süß wie er schmeckt, müssten wir ihn eigentlich verschmähen. Aber da ist ja der Dude, der Big Lebowski. Der trinkt White Russian und hat diesem Drink eine Aura männlicher Scheiß-drauf-Coolness gegeben. Deshalb hat wahrscheinlich jede Jungs-WG schon mal einen „White-Russian-Abend“ gemacht, und es gehört zum guten Ton, hin und wieder einen zu bestellen und dann darüber zu debattieren, ob Sahne oder Milch reingehört.

Was sagt uns das? Dass es letzten Endes wirklich nicht auf den Geschmack ankommt. Und dass Rollenbilder oft noch mehr Macht über uns haben, als uns lieb ist.                                                                               .         
christian-helten

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