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Jungs, wie fühlt ihr euch nach dem Bart-Kahlschlag?

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Die Mädchenfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ich sag’s gleich: Ich hab ja keinen! Und werde mit etwas Glück auch nie einen haben. Aber ihr, ihr tragt ihn ja seit einiger Zeit sehr gern. Auch das sag ich gleich: Find ich gut. Bart ist gut. Steht euch. Dafür gibt es Beweise.

Weil der Bart schon länger und immer noch modisch ist, hattet oder habt ihr also fast alle einen, sogar, wenn er eher spärlich ausfällt. Ihr experimentiert damit herum, konturiert, lasst euch mal einen Vollbart stehen, mal einen Schnäuzer. Obwohl ich ja selbst gar keinen will, bin ich darauf schon ein bisschen neidisch.

Vor allem gibt es da eine Sache, bei der ich mich wirklich frage, wie sich das anfühlt: der Kahlschlag. Die gute alte komplette Nassrasur. Der Moment, wenn ihr nach einer Phase mit viel Haar im Gesicht auf einmal keines mehr habt. Das ist wohl ein Gefühl, das ich niemals werden haben können, ein Moment, der mir verwehrt bleibt.

Am nächsten käme ich dem Gefühl wohl, wenn ich mir den Kopf rasierte. Will ich aber gerade nicht. Was könnte dem noch ähnlich sein? Vielleicht ist es so wie damals, als ich mir so fies das Kinn aufgeschlagen habe und dann nach zwei Wochen kein Pflaster mehr brauchte, aber die Stelle noch ganz empfindlich und die Haut ganz rosa und fein war? Oder wie damals, als meine feste Zahnspange entfernt wurde und der ganze Kopf auf einmal viel leichter war und mir meine Zähne so glatt vorkamen? Vielleicht auch so wie wenn man an einem heißen Sommertag einen Berg raufläuft und sich oben in einem kalten Bach das Gesicht wäscht und mit den nassen Händen die Haare nach hinten streicht?

Vielleicht aber auch ganz anders. Ihr müsst es ja wissen. Und darum stelle ich keine weiteren Mutmaßungen an, sondern sage: Jungs, beschreibt mal, wie sich frisch rasiert anfühlt. Mit allen Details. Bitte.

>>> die Jungsantwort von christian-helten



Die Jungsantwort von christian-helten:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Ich bin überzeugter Bartträger. In meinem Gesicht steht immer irgendwas zwischen Fünftage- und Dreimonatebart.

Ich bin zufrieden mit diesem Gesichtsarrangement. Sieht besser aus als die glatte Variante und spart Zeit. Aber manchmal, vielleicht ein Mal im Jahr, rasiere ich mir die Wangen glatt. Weil ich sehr große Lust drauf habe. Die Gründe sind nicht tiefschürfend oder weltbewegend, es sind eher kleine Dinge. Aber du  wolltest ja Details.

Abwechslung

Erstens gleicht der Rasur-Drang ein bisschen der Lust, sich zu verkleiden oder eine ungewohnte Klamotte anzuziehen. Wie ein überzeugter Kapuzenpulliträger es genießt, sich für eine Hochzeit mal in seinen schicken Anzug zu werfen, finden wir Bartjungs es gut, uns ab und an in unser glattes Ich zu verwandeln. Weil es Spaß macht und weil wir irgendwann ein bisschen vergessen, wie wir ohne Bart eigentlich aussehen. Macht uns das jünger? Gescheiter? Cooler? Wie genau sieht unser Kinn gleich wieder aus? Sind wir unter den Haaren vielleicht ein bisschen fett geworden am Hals?

Die Rasur

Das Tolle am Abschneiden eines Barts ist, dass es sich ein bisschen wie Zauberei anfühlt. Der Rasierschaum ist wie das rote Tuch eines Zauberers, hinter das wir uns begeben, um als jemand anders wieder hervorzukommen. Eine richtige Verwandlung, für die es kein langes Warten braucht wie etwa beim Züchten eines Barts, sondern nur wenige Momente.

Ausnahmen: Die ersten zwei, drei Male: Da legen wir auf dem Weg zur Glätte jeden erdenklichen Zwischenstopp ein und dokumentieren ihn fotografisch: Die Koteletten-Kinnbart-Kombo, den Homer-Simpson-Bart, den Musketier, den Mexikanischer-Drogendealer-Schnauzer und, klar, wir machen auch ein Bild mit Hitlerbärtchen und Scheitel, über das wir erst sehr lachen und dann sehr erschrecken.

Hallo Haut!

Ja, und dann sind sie weg, die Haare. Dann ist da nur noch Haut. Ungewohnte, glatte , ziemlich helle Haut. Sie kommt uns sehr verletzlich vor (manchmal ist sie ja auch ein bisschen verletzt), schutzlos, wie etwas, das jetzt mit viel Bedacht und Vorsicht behandelt werden muss. Wir sind deswegen ziemlich sanft beim Auftragen unserer Aftershave-Lotion, sie fühlt sich angenehm kalt an, und wir nehmen viel mehr, als wahrscheinlich nötig wäre.

Dann schauen wir uns an. Wir entdecken die Narbe aus der achten Klasse wieder und die kleine Delle am Kinn. Wir streicheln mal drüber, um zu testen, wie sie sich anfühlt. Sehr weich, in eine Streichelrichtung aber auch manchmal ein bisschen kratzig, wenn wir nicht richtig gegen den Strich rasiert haben. Überhaupt fahren wir uns in den ersten 24 Stunden nach dem Kahlschlag die ganze Zeit über die Haut. Wegen des Reizes des Neuen, aber auch, um festzustellen, ob es schon wieder Nachwuchs gibt im Gesicht.

Draußen

Das Beste ist aber der Moment, in dem wir zum ersten Mal rausgehen. Wenn das Draußen die Stellen berührt, die sonst von Haaren bedeckt sind, ist das ein sehr überraschendes Gefühl. Temperaturunterschiede gab es dort nämlich sehr lange nicht, es konnte uns dort kein Regentropfen anplätschern, kein Lufthauch streicheln, kein Fahrtwind kühlen, kein Sonnenstrahl wärmen. Es ist, als würde unsere Haut erst jetzt wieder richtig existieren.

Rückbesinnung

Spätestens am nächsten Morgen ist es aber vorbei mit dem Wonnegefühl. Weil jetzt der Hals juckt, sich rötet, die „Hautirritationen“ auftauchen, denen unser Aftershave doch laut Werbespot eigentlich „zuverlässig vorbeugt“. Weil da vorne rechts ein Pickel sitzt und rot in die Welt blinkt, deren Licht er früher nie erblickt hätte im Schatten des Vollbarts.

Und dann wissen wir wieder, warum wir uns so lange nicht glatt rasiert haben.




Text: nadja-schlueter - und christian-helten; Foto: Lucton / photocase.de

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