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Jungs, würdet ihr euer Sperma spenden?

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Jungs, es geht heute mal wieder ums Kinderkriegen. Aber nicht um die Kinder, die wir mit euch in die Welt setzen, sondern um jene, für deren Erzeugung ihr Geld bekommt, die ihr aber nie zu Gesicht bekommen werdet: die Kinder von der Samenbank. In regelmäßigen Abständen tauchen in Studentenmagazinen Tipps für ungewöhnliche oder lukrative Nebenjobs auf. Gerne erzählen dann einige lustige Studenten von ihrem Leben als Fußball-Maskottchen oder Urlaubsclub-Animateur. Aber kaum jemand erzählt, dass er sich seine letzte Monatsmiete erwichst hat. Warum eigentlich nicht? Als ich vor Jahren das erste Mal vom Nebenjob Samenspende gehört habe, war ich erstmal ein bisschen neidisch. Für einen einzigen Orgasmus könnt ihr, so ihr gesund und munter seid und das Becherchen trefft, rund 100 Euro einstreichen. Von einem vergleichbaren Stunden- oder wohl eher: Minutenlohn, können wir nur träumen. Den einzigen Körpersaft, den wir verkaufen dürfen, ist unser Blut – das tun wir aber eher aus selbstlosen Gründen, denn die paar Taler, die wir dafür bekommen (wenn überhaupt), entschädigen gerade so eben fürs Schwindligwerden. Unsere Eizellen dagegen könnten wir höchstens illegal im Ausland verscherbeln – aber ehrlich gesagt: die behalten wir ganz gerne für uns. Ich habe keine Freunde, die ihr Sperma spenden. Zumindest weiß ich nichts davon, denn ich habe nie gefragt. Vielleicht, weil die Vorstellung davon, wie ihr von einer Schwester in Weiß ein Becherchen entgegennehmt und euch dann mit ein paar Pornos in einem sterilen Klinik-Zimmer einschließt, um den Lümmel zu bügeln, nicht zu meinen bevorzugten Tagträumen gehört. Vielleicht aber auch, weil das Thema bei näherer Betrachtung ethisch ganz schön verzwickt ist und euch einem unangenehmen Rechtfertigungszwang aussetzen könnte. Stellen wir mal kurz eine Rechnung auf: Samenbanken wollen, dass ihr sie regelmäßig besucht. Normal ist ein Vertragsverhältnis von mindestens einem Jahr, währenddessen ihr im Schnitt jede zweite Woche zum, äh, Spenden kommt. Das macht aufs Jahr hochgerechnet 26 Einzelspenden á zwei bis sechs Milliliter. Ein Milliliter wiederum enthält rund 20 bis 150 Millionen Spermien, das heißt, wenn ihr so richtig potent seid, könntet ihr theoretisch jährlich knapp vier Milliarden Kinder zeugen. Das ist natürlich zugespitzter Quatsch. Aber ein bisschen schwindelig wird uns angesichts dieser Dimensionen schon. Geht euch das nicht so? Würdet ihr jederzeit so mir nix, dir nix euer Ejakulat gegen Bares aushändigen? Ist das nicht unangenehm, mit fremden Leuten einen Wichs-Termin auszumachen? Und fragt ihr euch nicht insgeheim, wie viele Kleinkinder da draußen mit eurem Erbgut rumlaufen? Oder liegt es tatsächlich in eurer männlichen Natur, euren Samen möglichst breit zu streuen? marie-piltz


In Japan soll es ja Automaten geben, in denen kleine, geile Geschäftsmänner gebrauchte Unterhosen von japanischen Schulmädchen kaufen. Was haltet ihr davon? Der Vergleich hinkt natürlich, aber es gibt da eine Art emotionaler Analogie. Wir verkaufen ein Ausscheidungsprodukt unseres Körpers, schleudern es sozusagen hinaus in die Welt und uns ist vollkommen egal, was damit passiert: Ob ein japanischer Opi damit onaniert oder eine 1,90-Meter-Lesbe sich damit ein Baby bastelt (Entschuldigung) – wir sind raus. Die Unterhose oder das Sperma – beides wäre so oder so entstanden, warum nicht auch damit noch Geld verdienen? Nur ist es eben ganz so einfach nicht. Während eine Unterhose – gebraucht oder neu – ganz eindeutig in den Bereich des Unbeseelten einzuordnen ist, wird es beim Sperma komplizierter. Es ist unser einziges Ausscheidungsprodukt, das eine Art Wiederverwendungswert besitzt, wenn es an richtiger Stelle eingesetzt wird. Im Mittelalter stellte man sich vor, dass in der Flüssigkeit ganz viele kleine Männchen säßen, kleine Kopien unserer selbst. Das ist natürlich eine naive Vorstellung, trifft in diesem Fall aber die Sache auf den Punkt. Bei einer Spermaspende setzen wir kleine Duplikate unseres Ichs in einen Zug ins evolutionäre Nirgendwo – und riskieren, dass irgendwann der Planet mit Wesen bevölkert ist, die mit der Hälfte unseres Chromosomensatzes herumlaufen. Das ist irgendwie verdammt unheimlich. Unserem eigenen Genpool wünschen wir ja grundsätzlich viel Glück im Daseinskampf, aber gerade deswegen hätten wir gerne ein Wörtchen mitzureden, wer die zweite Hälfte beisteuert. Eine Spermaspende ist somit ein Stück Kontrollverlust, der fühlt sich nie gut an. Ach so, was das Onanieren betrifft – das geht eigentlich fast überall. stefan-winter

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