Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Mädchenfrage: Jungs, warum könnt ihr gegen uns nicht verlieren?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Die Mädchenfrage

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ihr wisst das nicht, aber ich bin eine der besten Dart-Spielerinnen, die es gibt auf der Welt. Es ist keine besonders brauchbare Begabung, ich habe sie mir nicht ausgesucht, sie ist mir eher so zugeflogen. Jedenfalls: Ich verliere nie – denn jemand aus Mitleid gewinnen lassen, kommt nicht in Frage. Und bei euch schon dreimal nicht. Denn dafür macht es mir viel zuviel Spaß, euch beim Verlieren zuzuschauen. Dann zieht ihr nämlich in der Regel eine Show ab, die echt nett anzuschauen ist: innerhalb einer Zehntelsekunde wandelt sich eure souveräne (gerne auch mal: gönnerhafte) gute Laune in gekränkte Griesgrämigkeit. Ihr habt "keinen Bock mehr" auf eine zweite Runde und könnt gar nicht schnell genug an die Bar schnüren, um euer nächstes Bier zu bestellen. Manchmal gelingt es euch noch, zwischen zusammengebissenen Zähnen „Glückwunsch“ zu knurren. Klar, niemand verliert gern – auch ich nicht. Irgendwie juckt es mich auch, wenn ich beim Pokern wieder knapp am Sieg vorbeigeschrammt bin oder zugeben muss, dass ich Mist gelabert habe. Aber dabei ist es mir relativ egal, ob mir das jetzt bei Jungs oder Mädchen passiert. Meine schlechte Laune ist sozusagen genderneutral. Vielleicht können wir Mädchen Niederlagen gegen euch besser verkraften, weil wir uns damit abgefunden haben, dass ihr uns manchmal einfach körperlich überlegen seid. Deshalb versuchen wir erst gar nicht bei Liegestütz, Gewichtheben oder Trinkgelagen mit euch mitzuhalten. Manchmal freuen wir uns sogar, dass ihr talentierter seid als wir, vielleicht beim Kochen, Regal aufbauen oder Organisieren – ist ja schließlich auch ganz praktisch für uns. Aber ich glaube, bei euch ist das anders, komplizierter. Gerade wenn es um eigentliche „Männerdomänen“ geht, wie Poker, Dart oder Fußball, reagiert ihr in der Regel allergisch, wenn wir besser sind als ihr. Sieht man ja allein schon daran, dass ihr 2007 nie hören wolltet, dass die deutsche Frauenfußball-Mannschaft erfolgreicher sei als ihr männliches Pendant. Da wurdet ihr immer richtig sauer. Das könne man nicht vergleichen, das sei eine ganz andere Liga und so weiter und so fort. Warum ist es für euch so eine Katastrophe, gegen uns zu verlieren? Und vor allem: Warum ist es schlimmer, gegen mich, die heimliche Dartweltmeisterin zu verlieren, als gegen irgendeinen schmerbäuchigen, aber männlichen Nerd, der vielleicht einmal Glück hatte? Auf der nächsten Seite kannst du die Jungsantwort lesen.


Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie ist das: Ihr seid zu dritt an irgendeinem halbspelunkigen Ort mit einem Billardtisch und möchtet bei dem folgenden Spiel halbwegs lässig aussehen. So ein Mädchenabenddings. Da der vierte Mitspieler fehlt, fragt eine von euch, ebenfalls ganz lässig, diesen ziemlich gutaussehenden Typen an der Bar, ob er vielleicht mitspielen möchte. Nach einigem Zögern willigt er ein, sagt aber sofort (er lispelt leicht, aber nur ganz leicht, und das findet ihr auch ein bisschen süß): „Ich bin wirklich wahnfinnig schlecht in dem Spiel, wahnfinnig schlecht.“ Als er an die Reihe kommt, blickt er euch mit riesigen Augen von unten an und fragt: „Welche Kugel muss ich anspielen?“ Ihr lacht ein wenig und sagt dann: „Na, die vollen natürlich!“ Und dann sagt der Typ noch: „Och, ich glaub, ich kann daf nicht.“ Irgendwie süß, denkt ihr euch. Der kann es echt nicht, will aber unbedingt. Ihr klopft ihm auf die Schulter und sagt: „Doch, bestimmt! Trau dich ruhig! Das wird schon.“ Und dann trifft der Typ die Kugel, locht ein und dann noch eine und noch eine. Als er fertig ist, grinst er euch an und sagt: „Hey, ich habe echt nicht gewusst, dass das fo einfach geht. Ist ja der Wahnfinn!“ In solchen Momenten fühlt man sich verarscht. Wir denken sofort wieder an diese ersten zehn Minuten nach der Matheschulaufgabe, als manche von euch auf dem Gang gackerten: "Oh Gott! Es war so schwer! Ich habe nichts richtig! Oh Gott!". Wir standen immer etwas betreten neben euch, murmelten mundfaul etwas von: "Naja, ging schon. Lief eigentlich gar nicht so schlecht". Wir hatten dann eine 4 plus und ihr eine 1 minus. Die Zeiten, in denen wir es komisch fanden, wenn ihr Fußball spielt, sind schon lange vorbei. Wir finden, dass ihr im Gegenzug nun endlich auch mit dieser nervigen Koketterie „Och, ich glaube, ich kann das gar nicht“ aufhören könntet. Wir finden Mädchen cool, die Sachen machen, die sie gerne tun. Und wenn man was gerne tut, kann man auch dazu stehen. Heute ärgern wir uns nur noch, wenn ihr bei „Menschärgeredichnicht“ gewinnt. philipp-mattheis

  • teilen
  • schließen