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Wartezeit: 88 Jahre

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In dieser handgemachten Silberschatulle wird das Unikat versteigert. 

Am Sonntag wäre die Verkehrsbehörde von New York fast zum Helden geworden. Beim Sicherheitscheck am Flughafen JFK baten Beamte der Transportsicherheit einen gewissen Tarik Azzougarh, gelandet aus Marokko, seinen auffällig gesicherten Spezialkoffer zu öffnen. Er hatte keinen Schlüssel dabei. Sie konfiszierten den Koffer.

Was sie nicht wussten: Azzougarh ist unter dem Namen "Cilvaringz" ein Produzent des Wu-Tang Clans. Und in seinem Koffer trug er das wohl wertvollste Stück Musik der Gegenwart: das einzige Exemplar des neuen Wu-Tang-Albums.

Das Album sorgt seit Monaten für Schlagzeilen und Entrüstung. Es soll das letzte Album der Gruppe werden – und nur ein Fan soll es zu hören kriegen. „Die Musikindustrie ist in der Krise“, verkündeten die New Yorker Rapper im Herbst feierlich. Deshalb hätten sie das Album nur ein einziges Mal auf CD gepresst, alle Originale und Mastertapes nach den Aufnahmen zerstört. Das Album mit 31 Songs wird demnächst über eine Kunst-Auktionsplattform im Internet versteigert (ein siebenstelliger Betrag wird erwartet), und ansonsten nur in Kunstmuseen über abhörsichere Kopfhörer zu hören sein.

Warum 88? Die Quersumme von 2015 ist 8. Sie mögen Zahlenmystik. 


Die Fans finden das erwartungsgemäß nur so mittel. Und jetzt hat Wu-Tang-Sprecher RZA mit einem Q&A für noch mehr Wut gesorgt: Das Album, sagte er, dürfe vom Käufer erst in 88 Jahren anderweitig verwertet werden. Fans müssen also bis zum Jahr 2103 warten. (Warum 88? Acht ist die Quersumme von 2015, steht außerdem für die Unendlichkeit, und der Wu-Tang Clan hat seit jeher einen mittelschweren Fimmel mit Zahlenmystik.)

Am Mittwoch platzte Method Man dann der Kragen. Der ist selbst Mitglied des Clans, war aber offenbar nicht so ganz eingeweiht:  

What do you mean 88 years? ... Fuck that album, I'm tired of this shit and I know everybody else is tired of it, too. ... Give it to the people, if they want to hear the shit, let them have it. Give it away free. I don't give a fuck; that ain't making nobody rich or poor. Give the fucking music out.

RZA daraufhin auf Twitter so:  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 

Alles easy also: Der Käufer darf das Album nur nicht kommerziell verwenden. Er darf es aber gratis zum Download anbieten. (Ist aber, hat RZA selbst gesagt, bei einer Millionen-Investition "eher unwahrscheinlich".)

Ach so: Das Problem am Flughafen hat sich dann noch geklärt. Die Sicherheitsbeamten schoben den Koffer durch einen besonderen Hochleistungs-Scanner und ließen Tarik Azzougarh passieren. In Richtung MoMa PS1, wo er das Album am Montag gemeinsam mit RZA dem gewogenen Auktionärs-Publikum vorstellte.

jan-stremmel

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