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Keine Radikalinskis

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„Wir können es schaffen“, ist der Satz des Abends. Der Satz, der Mut machen und anspornen soll, der Satz, der rechtfertigt, warum gut 20 Studenten sich am Freitagabend im Foyer der Hochschule für angewandte Wissenschaften München versammelt haben, um darüber zu diskutieren, wie man es denn schaffen kann. „Wir glauben nach wie vor daran, dass die Studiengebühren sich abschaffen lassen, die Hessen haben es vorgemacht“, ruft Tobias Dreier, Geschäftsführer der Studierendenvertretung der LMU, und boxt jedes Wort bestätigend mit der Faust in die hohle Hand. „Mein Optimismus hat mich noch nicht verlassen!“ Wie im Hörsaal klopfen die Fingerknöchel der Anwesenden Beifall auf die Tische.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die lange Tafel, an der die Organisatoren des Protests sitzen, ist ein Stillleben mit drei Hornbrillen, vier Laptops und diversen Spezi-Flaschen. Bis zu fünfzig Studierende kommen zu den wöchentlichen Treffen des Bündnisses „Studieren ohne Studiengebühren“ (SoS), der harte Kern umfasst 15 Personen. Wenn einer redet, dann klingt es ein wenig wie eine Grundsatzrede, die Wortbeiträge werden per Handzeichen angekündigt und der Unmut über bezahlte Bildung in gesittete Sätze gepackt. „Wir sind keine Radikalinskis oder so was“, sagt der 23-jährige Malte Pennekamp und betont wiederholt die Prinzipien des Gebühren-Protests: „Wir sind überparteilich, gewaltfrei und wir lehnen Studiengebühren jeglicher Art ab, weil sie sozial ungerecht sind.“ Nachdem die Grundsätze geklärt sind, wird konkret geplant: Netzwerke müssen geformt und Unterstützer gewonnen werden, Banner bemalt und Flyer gedruckt, die Demonstrationsroute koordiniert und mit Ordnern bestückt werden. Sternförmig verteilen sich die Arbeitsgruppen im Foyer, von draußen weht der Geruch von Grillkohle und verbranntem Fleisch herein und die Zeitschaltuhr der Flurlampe lässt die Studenten alle paar Minuten im Dunkeln stehen. „Nachher gibt’s noch Bier!“, ruft Malte. Dann ziehen sich die Gruppen zum Arbeiten zurück. Seit Herbst 2008 setzt sich das Bündnis für die Abschaffung der Semesterbeiträge ein und die bisherigen Ergebnisse unterfüttern den Leitsatz des Abends mit Fakten: Bis heute haben 27.000 Studenten eine Petition zur Änderung des bayerischen Hochschulgesetzes unterschrieben. Mit Ausnahme von Bayreuth haben alle bayerischen Studierendenvertretungen für die Abschaffung der Gebühren gestimmt, im Landtag warten derweil entsprechende Gesetzesentwürfe auf ihre zweite Lesung. Zur ersten Demonstration in München kamen im Oktober rund 4000 Teilnehmer, am 2.Dezember gingen bayernweit mehr als 10.000 Studenten auf die Straße und für den nächsten großen Protest am 13.Mai wünschen sich die SoS-Mitglieder „10.000 Teilnehmer plus X“. München, Regensburg, Würzburg, Nürnberg, Augsburg und Triesdorf haben bereits ihre Teilnahme bestätigt. „Jeder, der auftaucht, ist cool," sagt LMU-Student Stefan Liebl. „Jeder, der nicht auftaucht ist trotzdem cool.“ Mehr Informationen auf der Homepage des Bündnisses "Studieren ohne Studiengebühren".

Text: marie-piltz - Foto: studiengebuehrenbayern.de

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