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Warum die #blacklivesmatter-Bewegung gerade wieder so laut wird

Foto: Kerem Yucel / AFP

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Eigentlich ist das Video nicht zu ertragen: In einem momentan im Netz zirkulierenden Clip (Triggerwarnung: explizite Darstellung von Gewalt) sieht man einen Mann am Boden liegen, vier Polizisten stehen und knien um ihn herum. Einer presst sein Knie in das Genick des Mannes. Mit rauer Stimme ruft er immer wieder „Bitte“ und „Ich kann nicht atmen“ und „Tötet mich nicht“.

Der Mann ist George Floyd und kam bei einem Polizeieinsatz vergangenen Montag in Minneapolis ums Leben. Er wurde nur 46 Jahre alt. Mehr als sieben Minuten hatte der Polizist auf seinem Nacken gekniet. George Floyd war Schwarz, die Polizisten, deren Handeln ihn das Leben kostete, weiß. 

Die Polizei veröffentlichte kurz darauf ein Statement unter dem verharmlosenden Titel „Mann stirbt nach medizinischem Vorfall während Polizeieinsatz“. Man habe Floyd wegen eines vermeintlichen Betrugsdeliktes festgenommen und dann erst gemerkt, dass ein medizinischer Notfall vorläge. Das auf Facebook von einer Passantin gestreamte Video sowie weitere, mittlerweile im Netz aufgetauchte Überwachungsvideos, sprechen eine andere Sprache. Dort ist zu sehen, wie Floyd Blut aus der Nase läuft und die Polizisten, trotz der Bitten mehrerer Passant*innen, nicht von ihm absteigen. Auch ist zu erkennen, dass er keinerlei Widerstand gegen die Festnahme leistet. Nachdem am Tag darauf in Minneapolis Hunderte Menschen gegen Polizeigewalt und Rassismus auf die Straße gingen, wurden die verantwortlichen Polizisten entlassen. Der Bürgermeister der Stadt, Jacob Frey, twitterte, Schwarz zu sein dürfe in den USA nicht der Todesstrafe gleichkommen. US-Präsident Donald Trump kündigte am Mittwoch weitere Ermittlungen an

Doch das reicht vielen Menschen nicht. Zu Recht. Seit Montag trenden im Netz wieder die Hashtags #blacklivesmatter, #sayhisname, #icantbreath. All diese Hashtags erzählen furchtbare Geschichten von Schwarzen Afroamerikaner*innen, die getötet wurden – und oft auch von dem skandalösen Umgang von Polizei, Justiz und Politik mit den Vorfällen. Die Geschichten von Eric Garner, der in New York bei einer Polizeikontrolle umkam. Von Ahmaud Arbery der im Februar von selbsternannten Gesetzeshütern beim Joggen erschossen wurde. #blacklivesmatter war am Donnerstag auch in Deutschland der am häufigsten genutzte Hashtag auf Twitter, gefolgt auf Platz 4 von #justiceforgeorgefloyd. Auch ein aktueller Fall von Rassismus aus New York heizt in den USA die Debatte weiter an.  Nach einem harmlosen Wortgefecht mit einem Schwarzen Mann rief eine Frau im Central Park die Polizei. Er hatte sie zuvor gebeten, ihren Hund bitte anzuleinen.

Oft geht es in den Tweets darum klarzumachen: Die Geschichte von George Floyd ist kein Einzelfall. Und deshalb darf die Thematik auch nicht immer nur hochkochen, wenn wieder ein*e Schwarze*r Person oder eine Person of Color stirbt. Sie muss ständig präsent sein damit sich etwas ändert.

Viele verweisen auch auf ein älteres Zitat von Will Smith. „Racism is not getting worse, it's getting filmed“ hatte dieser 2016 in der Show von Stephen Colbert gesagt. Smith hatte sich damals darauf bezogen, dass der Rassismus in den USA aus seiner Sicht nicht mehr so extrem sei, wie noch zu Zeiten der Rassentrennung. Er würde jetzt allerdings stärker medial thematisiert werden.

Viele der Reaktionen zeigen aber auch: Die Betroffenen sind müde. Müde davon, immer wieder darauf hinweisen zu müssen, dass Nicht-Weiße immer noch weltweit diskriminiert, misshandelt und manchmal auch getötet werden. Müde immer wieder erklären zu müssen, dass gesellschaftlich die Hautfarbe eben doch eine Rolle spielt.

Wie sehr die Hautfarbe immer noch einen Unterschied macht, zeigen auch die Erhebungen der Organisation „Mapping Police Violence“: Ihr zufolge wurden 2019 1099 Menschen in den USA von der Polizei getötet. 24 Prozent von ihnen waren Schwarz – dabei machen Afroamerikaner*innen nur 13 Prozent des Bevölkerungsanteils aus.

chha

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