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Love is the Answer

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www.bubblecore.com Jede Woche stellen wir an dieser Stelle einige CDs vor, die diese Woche erscheinen. Nicht unbedingt die besten, nicht unbedingt die schlechtesten - sondern einfach die, die wir erwähnenswert finden. Rilo Kiley – Take Offs and Landings (Barsuk Records) Mice Parade – Bem-Vinda Vontade (Fatcat Records) Diverse - Studio One Lovers (Soul Jazz Records) Dwight Trible & The Life Force Trio – Love is the Answer (Ninja Tune) Ein verregneter Abend im Sommer. Ein Hauch von Herbst liegt bereits in der Luft, ein Hauch von Abschied, aber noch ist nichts entschieden. Ein Schwebezustand, eine Zwischenzeit. Zur Ruhe kommen, Innehalten, aber kein Stillstand. Melancholie, aber noch keine Herbsttraurigkeit. Danach hört sich „Take Offs and Landings“, das erste Album von Rilo Kiley an, das nun endlich auch hierzulande veröffentlicht wird. „Someday we’ll meet beyond the stars and it’ll be away from here/ someday we’ll meet beyond the time and the bars and it’ll be away from here/august/august of last year before the leaves disappeared”, heißt es etwa in dem schönen Lied “august”. Über Rilo Kiley gibt es viele kleine Anekdoten zu erzählen. So soll die bezaubernde Sängerin Jenny Lewis eine relativ viel versprechende Hollywood-Karriere für die Musik aufgegeben haben. Die bekannteste Geschichte ist natürlich, dass Rilo Kiley die erste Band auf Conor Obersts Label Saddle Creek war, die nicht aus Omaha, Nebraska, stammte. Mit ihrem letzten Album „More Adventurous“ haben sie sich allerdings wieder von Saddle Creek verabschiedet und gründeten ihr eigenes Label Brute/Beaute Records, weil sie das Gefühl hatten, das Album könnte die Kapazitäten von Saddle Creek sprengen. Amazon.com hielt es denn auch für das beste des Jahres 2004, noch vor Franz Ferdinand. Mit „Take Offs and Landings“ kann man nun nachhören, wie alles begann: mit Trompeten-Fanfaren, Geigen, Orgel- und Keyboard-Klängen, dazu Jenny Lewis liebliche Stimme, die auf Hymnen wie „Science vs Romance“ ein wenig traurig und auf Stücken wie dem Schlafliedartigen „bulletproof“ ein wenig kindlich klingt. Und dazwischen – man höre und staune – tauchen immer wieder geradezu rockige Gitarrenpassagen auf. Und wir schütten gleich noch eine ordentliche Prise Indie-Folk oben drauf. Diesmal geht’s aber mehr in die Schwurbel-Ecke und deshalb hört sich „Bem-Vinda Vontade“ von Mice Parde auch lange nicht so unangestrengt an wie „Take Offs and Landings“. Böse Menschen könnten schon den Titel, der „Willkommen Wille“ bedeutet, für etwas arg ambitioniert halten. Allerdings passt er zum Vorgängeralbum „Obrigado Saudade“ und zur Musik, die manchmal auch etwas ambitioniert klingt. Platten von Mice Parade sind musikalische Collagen, komplexe Tüfteleien, in der Flamenco-Gitarren und Jazz-Elemente, Hardcore-Schlagzeuge und Indie-Geschrammel, einfache Pop-Melodien und komplizierte Post-Rock-Songstrukturen ohne Strophe und Refrain wie selbstverständlich nebeneinander stehen. Und das, obwohl die Musik im Gehirn nur eines Mannes entsteht, der noch dazu fast alle Instrumente selber spielt. Adam Pierce scheint nimmermüde zu sein, spielt neben seinem Soloprojekt Mice Parade noch in drei weiteren Bands (Him, The Swirlies, Igloo), betreibt sein eigenes Label Bubble Core und setzt sich in seiner Freizeit auch noch für die isländische Band Múm hinters Schlagzeug. Diese Zusammenarbeit beschert einem denn aber auch das schöne Duett „Nights Wave“ mit einer hauchenden und summenden Múm-Sängerin Kristin Valtysdóttir. Ein Stück, das die Musik von Pierce auf den Punkt bringt: komplex und einfach zugleich, eine Hymne wie aus einer Traumwelt voller Schwerelosigkeit. Bei den anderen Stücken fehlt diese Leichtigkeit allerdings manchmal. Genug aus der Schwurbelwelt eines New Yorker Multiinstrumentalisten und rein in den Kosmos von Jamaikas bekanntestem Label „Studio One Records“ mit der Compilation Studio One Lovers, eine Zusammenstellung mit Songs alter „Lover’s Rock“-Haudegen. Wobei Haudegen wohl eindeutig der falsche Begriff ist bei dieser verliebten, manchmal schon derart schnulzigen Musik, dass man darauf ausrutschen könnte. “Hold Me Baby”, “I Need Your Loving”, “Really Together”, “Let Him Try” heißen die Titel, Texte über Einsamkeit, Verlassensein und wie man das Herz einer Frau erobert, dazu süße Harmonien und souliger Reggae – das sind die Zutaten des Lover's Rock, der Mitte der 70er Jahre auf Parties in London, Bristol und Birmingham rauf und runter lief. Reggae-Größen wie Horace Andy, Bob Marley and the Wailers und Delroy Wilson oder The Heptones und Carlton and his Shoes sind auf diesem Sampler vereint. Eine Platte, die man auflegen sollte, wenn die Party ausklingt, alle ermattet mit ihren Partnern in der Ecke knutschen und sich die eigene Trunkenheit prima mit dem leichten Eiern dieser Songs verbindet. Von den Helden Jamaikas zu einem Held der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, zu Dwight Trible, der gemeinsam mit dem Life Force Trio eine neue Platte mit dem unschlagbaren Titel „Love is the Answer“ aufgenommen hat. Dwight Trible stammt aus L.A., hat schon mit Harry Belafonte gearbeitet, singt bei der Jazz-Kappelle Pharao Sanders Quartett, von der ich auch noch nie was gehört hab, und leitet ein bekanntes panafrikanisches Orchester, das es schon seit den Watts-Unruhen 1965 in L.A. gibt, als im Stadtteil Watts 6 Tage lang Schwarze gegen weiße Polizisten kämpften. Nun wurde Dwight Trible von Carlos Nino, einem Teil des HipHop-Duos Ammoncontact aus L.A., wiederentdeckt und zu einer neuen Platte überredet. HipHop, Jazz und Soul werden hier problemlos miteinander verbunden, neue Helden wie Daedelus oder Scott Herren sind als Gäste des alten Helden dabei. Auch wenn ich manche Stücke, gelinde gesagt, eher nervig finde, Songs wie „The 10th Jewel“ oder der Titelsong „Love is the answer“ sind großartig. Beim Hören hat man kurzzeitig das Gefühl, Liebe, Schönheit und Kunst könnten wirklich die Antwort auf die Übel dieser Welt sein (vor allem, wenn man sich vorher schon mit dem Lovers Rock hat weich spülen lassen). Außerdem erscheinen diese Woche: Tiefschwarz – Eat Books (Fine/Four Music) Tiefschwarz blättern im Almanach der elektronischen Musik und halten fest, was im letzten Jahrzehnt an tanzbaren Strömungen aus den Computern und Synthesizern kam. Das ist hübsch abwechslungsreich und gut gemacht. Die peitschenden Tracks bekamen oft eine Gaststimme vorgesetzt, etwa mal Matt Safer (The Rapture) oder das Chikinki-Team, nach dem man sich sehr bald sämtliche Finger lecken wird. Damit ist die Tiefschwarz-Platte nicht nur zur gehaltvollen Retrospektive, sondern weiß auch, wie der Weg weiter geht. Das ist Post-Electroclash, wenn man komische Worte benutzen will. Nikka Costa – Can’t never did nothin’ (Virgin) Yo, diese Frau hat echt schon was erlebt in ihrem jungen Leben. Sie war schon als Kind ein Star, brach dann aber mit elf ihre Karriere ab, weil ihr Vater, der für Sammy Davis jr. und Frank Sinatra (Nikkas Taufpate!) als Produzent gearbeitet hat, gestorben war. In den Achtzigern versuchte sie ein Revival mit einer Dance-Platte, die allerdings floppte. Erst Mitte der 90er tauchte sie wieder mit einem Album auf und veröffentlicht nun, trotz ihrer langen Karriere, erst ihre fünfte Platte. Und die ist trotz Horror-Cover sogar ganz gut, da Frau Costa eine herrlich altmodische Form des R&B zelebriert, als dieser noch Funk und Soul hatte und nicht mit Schmalz und Schleim verschüttet wurde. The Junior Varsity – Wide Eyed (Victory Records) Leidenschaftlicher Indie-Pop, diesmal nicht aus England, sondern von fünf Jungs aus Illinois, die für ihre Musikkarriere extra das College geschmissen haben. Nett, aber irgendwie kommt es einem auch sehr bekannt vor. Brian Setzer – Rockabilly Riot! A Tribute to Sun Records (Surfdog Records)

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