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Perlender Pop mit alten Bekannten und neuen Helden

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www.timidtiger.de Jede Woche stellen wir an dieser Stelle einige CDs vor, die diese Woche erscheinen. Nicht unbedingt die besten, nicht unbedingt die schlechtesten - sondern einfach die, die wir erwähnenswert finden. Morcheeba – The Antidote (Pias) Benjamin Diamond – Out of Myself (!K7) Wan Light – Carmaline (Labrador) Spoon – Gimme Fiction (Matador) Timid Tiger – Timid Tiger & A Pile of Pipers (L’Age D’Or) Pop lebt – das wird diese Woche klar. Und zeigt sich von seinen schönsten Seiten: von kitschig und hymnisch über verschwurbelt und schräg bis lustig und tanzbar. Mit die schönsten Pop-Perlen kommen diese Woche von: Morcheeba . Es gibt sie wieder, die Band, die Mitte der Neunziger daran beteiligt war, dass TripHop in die Plattenregale einzog. Doch nach Gold- und Platinauszeichnungen ging bei den Gebrüdern Godfrey und Sängerin Skye Edwards erst mal gar nichts mehr. Man trennte sich, die Brüder werkelten allein vor sich hin, entdeckten neue musikalische Einflüsse (angeblich Sonic Youth, My Bloody Valentine) und eine neue Sängerin: Daisy Marty, die auf „Lighten Up“ ein wenig klingt wie Cranberries-Sängerin Dolores O'Riordan und auf „Everybody loves a loser“ (spitzenmäßiger Titel) auch ein klein wenig nach Björk. Soundmaschinen wurden auf „The Antidote“ durch Instrumente ausgetauscht und auf manche Stücke hat sich sogar eine Flöte oder Harfe verirrt, so dass man sich kurzzeitig auf einem Mittelalter-Markt wähnt. Und dennoch ist diese Platte durch und durch Morcheeba und gar nicht so weit von dem entfernt, wo vor über 2 Jahren Schluss war. Bestens geeignet, sonnige Strandbad-Nachmittage noch sonniger zu machen und sich von der Welt für eine Album-Länge zurückzuziehen. Auch der nächste Musiker hat sich dem Schönklang verschrieben. Auch seine Karriere begann Mitte der Neunziger und – na klar – auch er hat damals eine neue Musikrichtung mitgeprägt. „Music sounds better with you“ hieß der Song, Stardust die Band und Benjamin Diamond war die Stimme dazu. Gemeinsam leiteten sie den French House à la Daft Punk ein. So jedenfalls steht es geschrieben. Statt wie bisher mit Elektro-Tüftelein wartet Monsieur Diamond auf seinem zweiten Soloalbum nun aber plötzlich mit Gitarren und mehreren Keyboardschichten auf, die sich zu britisch tönenden Popsongs verbinden. Nicht die Neuerfindung der Popmusik, aber fast alle Songs setzen sich wie selbstverständlich in deinen Gehirnwindungen fest. Das Album sollte simpel werden, so der Meister, nicht verkopft oder kompliziert, sondern ganz Gefühl. Und so hört sich „Out of Myself“ an wie elf Schnappschüsse von perfekten Augenblicken, die gerade deshalb perfekt sind, weil sie so einfach und gerade nicht außergewöhnlich sind. Nun endlich mal eine Band, die nicht schon seit zehn Jahren stilprägend unterwegs ist, sondern mit „Carmaline“ erst ihr zweites Album veröffentlicht: Wan Light. Irgendwie muss ich dabei immer an Heavy Metal denken, obwohl man Wan Lights Musik als das glatte Gegenteil jeglicher Rockposen beschreiben kann. Wan Light sind zwei Schweden Mitte vierzig, die irgendwann beschlossen haben, nicht mehr für andere Bands Schlagzeug und Bass zu spielen, sondern lieber eigene Musik zu machen. Sie singen über Tod und die Vergänglichkeit des Lebens und verpacken ihre Botschaften in so wundersame und traumhafte Popsongs, dass sie zu Hause schon als die schwedischen Mercury Rev oder Flaming Lips gefeiert werden. Doch die Songs auf „Carmaline“ sind verschrobener, kauziger und musikalisch reduzierter. Weniger Bombast und Pathos, aber nichts desto trotz Hymnen, die mal mit elektronischen Beats produziert sind und mal nur mit einem Piano daherkommen. Und über allem die seltsam näselnden und quäkenden Stimmen von Krister Svensson und Manne Karnock. Ein Traum: „The eskimo in me“ ist schon jetzt eines meiner Lieblingslieder 2005. Von dem schwedischen Newcomer-Duo wieder zurück zu einer Band, die der Indie-Welt schon länger bekannt ist: Spoon aus Austin mit „Gimme Fiction“, ihrem fünften Album. Spoon haben wahrscheinlich alles mitgemacht, was man als amerikanische Indie-Punkrock-Band durchmachen kann: Ermüdende Touren durch die Weiten der USA mit ihren seltsamen Konzert-Orten, euphorische Vergleiche mit den Pixies in der US-Presse, ein Major-Deal, Scheitern, Rausschmiss und wieder von vorne anfangen im Indie-Zirkus mit seinen ausgedehnten Touren und wenigen EP-Veröffentlichungen. Doch mit „Gimme Fiction“ haben es Spoon nun wieder geschafft und werden erneut gefeiert. Und das zu Recht. Das Album ist zwar nicht poppig eingängig wie die drei oben vorgestellten Platten. Die Songs brechen aus der gängigen Indie-Bandbreite aus, gehen irgendwie immer um mehrere Ecken herum, bringen Beatles und Alice Cooper zusammen und sind nicht selten ziemlich düster. Aber mit jedem Mal Hören schrauben sich diese Stücke mehr ins Herz und ins Ohr und man entdeckt immer wieder neue Facette an dieser Platte. Und nun noch eine Band, deren Debüt-Album irgendwie nicht so recht zu den anderen Platten passen will, aber nach so viel pathetischem Gefühlsgeschwurbel vielleicht gerade recht kommt: Timid Tiger. Das Kölner Quintett bezeichnet sich selbst als Zeichentrickorchester und ihr Musik auf „Timid Tiger & A Pile of Pipers” als Cartoon’n’Roll. Jedenfalls wollen sie den Soundtrack zum Tagesablauf ihres Maskottchens – dem schüchternen Tiger – spielen. Von Zähneputzen bis zu spazieren und auf Konzerte gehen macht dieser Tiger alles, was auch wir so machen. Das klingt total behämmert, denn wer will schon, dass ein Zeichentrick-Tiger das eigene triste Leben noch einmal lebt. Will man nicht gerade durch Musik dem Alltag entfliehen? Aber egal. Der Tiger-Mix aus Gitarren-Pop, Swing und Rock löst bei mir sofort den Impuls aus, bis zur völligen Erschöpfung in meinem Zimmer rumzuhüpfen, und macht so was von extrem gute Laune, dass ich die ganze Tigergeschichte wieder vergesse. Außerdem erscheinen diese Woche: Ghinzu – Blow (V2) Das Eröffnungsstück der fünf Belgier haut einen gleich ziemlich von den Socken: rauschhafte Lärmattacken und ruhiges Dahinplätschern reichen sich in neun, irrwitzigen Minuten die Hand. Die englischen Kollegen von Muse oder Starsailor hätten es nicht besser gekonnt. Die Mischung aus Balladen und Noise-Abfahrten lassen „Blow“ nie langweilig werden, nur die Texte (Sex, Sex, Sex und ein paar Drogen) nerven ein wenig. Turbonegro – Party Animals (Burning Spear) Vom notgeilen belgischen Noisepop à la Ghinzu ist es kein allzu großer Schritt zu den Liedern der norwegischen Turbonegro, die meist vom heiteren Homo-Rudelbumsen und Saufen handeln. Nur dass ich mir im Gegensatz zu Ghinzu bei Turbonegro sicher bin, dass sie sich dabei nicht wirklich ernst nehmen. „Party Animals“ bietet den bekannten Mix aus Hardcore, Punk und Glam, durchaus mit Ohrwurm-Charakter. e:gum – Keyboard Lies (klein records) Nun noch zu einem völlig anderen Genre: Auf „Keyboard Lies“ treffen kühle Elektro-Rhythmen auf eingängige Melodien und sexy Stimmen. Elektroclash nannte man das mal und im Fall von e:gum wird daraus eine prima Verschmelzung von virtueller und realer Welt. Aber wen wundert’s, schließlich verbergen sich hinter e:gum Hans „überall aktiv“ Platzgumer und Catriona Shaw, die gemeinsam schon als Queen of Japan aufgefallen sind. Weezer – Make Believe (Geffen/Universal) Die kalifornischen Superhelden Weezer sind zurück, diesmal mit einem von Rick Rubin produzierten Album. Und obwohl das eigentlich eine Qualitätsgarantie ist, blitzt nur noch in wenigen Songs die Brillanz der alten Zeiten auf.

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