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Quer durch die Neunziger mit Natalia Imbruglia und ihrem wurstdummen Ehemann

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www.nin.com Jede Woche stellen wir an dieser Stelle einige CDs vor, die diese Woche erscheinen. Nicht unbedingt die besten, nicht unbedingt die schlechtesten - sondern einfach die, die wir erwähnenswert finden. Nine Inch Nails – With Teeth (Nothing) The Dissociatives – The Dissociatives (Virgin) Thirteen Senses – The Invitation (Mercury Records) The Lovers – Abba Are The Enemy (Newmemorabilia Records) Tanga – Come Up For Air (Monkey Music) Fangen wie gleich mit dem dicksten Brocken an: Nine Inch Nails. Frontmann und Seele Trent Reznor, der Räuber Hotzenplotz des Industrial Rock, wird in ein paar Tagen vierzig Jahre alt und schenkt sich und einer seltsam hypnotisierten Fanschar dieses langerwartete Album. Vierzig Jahre! Trotzdem, so hört man, möchte er auch auf der kommenden Welttournee wieder Keyboards zerschlagen. Damit machte er sich ja Anfang der Neunziger einen Namen, und erst später mit hochentzündetem Synth-Noise-Rock, mit Klang gewordenen Drohgebärden und vielen vertonten Mittelfingern. „With Teeth“ nun, gut abgehangen, sehr konzentriert, finde ich ziemlich imposant, tatsächlich, auch wenn ich Trent sonst nicht gerade zum Schokofondue einladen würde. Dürfte die erste Nine Inch Nails-Platte sein, die ich mir in den Schrank stelle. Reznor ist ruhig, die Kraft kommt aus den Pausen, aus der Länge der Stücke, die sich sparsam synthetisiert wie Starkstrom-Schiffstaue ums Gemüt legen. Am besten gefällt mir „Right Where It belongs“, fast eine Klavierballade. Andererseits, hä, eine Klavierballade von Trent Reznor? Ach, heute wühlen wir armtief in den Neunzigern, diesem spröden Corel-Draw-Jahrzehnt. Als nächstes kommen nämlich The Dissociatives. Klingt nicht aufregend, sind aber zu fünfzig Prozent Daniel Johns, der, genau, der kindliche Anführer von Silverchair war. Der Band, die 1995 mit einem Frosch auf dem Cover ein paar Millionen Grunge-Platten absetzte. Daniel Johns also, ich erinnere mich, den hätte ich damals ganz gerne als Banknachbar gehabt, so dreckscool und versträhnt war der. Jetzt ist er 25 und mit Natalie Imbruglia verheiratet, was vermutlich nicht passiert wäre, wenn er wirklich mein Banknachbar gewesen wäre. Daniel und Natalie, ein schönes Paar, eine schöne Liebe. Ach, und jetzt diese neue Musik, tsss, netter Pop. Irgendwie ein bisschen wie Badly Drawn Boy, nur ohne das Geniale. Super finde ich, dass die Liedtitel von Daniel Johns immer noch total grungig klingen „Sleep Well Tonight“ und „Horror With Eyeballs“ - da riecht man doch noch die verschwitzten Holzfällerhemden. Fast Folkpop ist das jetzt, zum Ende hin, könnte auch aus Cornwall kommen und zwar 1998, kommt aber aus Australien und zwar 2005. Ist aber trotzdem irgendwie goldig und der Natalie Imbruglia gefällt das bestimmt. Huch, mir auch. Wirklich aus Cornwall kommen jetzt die Thirteen Senses, was ich einen wurstdummen Namen finde, so gefühlig. Aber diese Band, dieses Debüt, ist auch so: gefühlig. Mich rührt das stark, dass ein paar Jungs aus dem hintersten englischen Zipfel, so ganz anachronistische Travis-Musik machen. Und zwar richtig mit allen Schikanen, mit Knaben-Klavier, großen kuhtraurigen Coldplay-Variationen und ach, es ist eine Britpopfreude. Ich habe schon Anfang des Jahres zu Christoph Koch gesagt: „Du, Christoph Koch, 2005 wird ein Britpop-Jahr. Oasis werden ein unfassbares Album machen und alle wollen dann wieder Britpop hören.“ Und jetzt kommen als Herolde schon mal die Thirteen Senses, die nur noch ihren Namen ändern müssen, bevor ich sie uneingeschränkt weiter empfehle. Richtig von Belang ist ihre Musik freilich nicht, oberflächlich vielleicht sogar, aber so schön! Fast so schön wie die Liebe von Daniel Johns (Ex-Silverchair) und Natalie Imbruglia. So, was kommt auf unserer Expedition durch die Neunziger jetzt noch? Industrial, Grunge und Britpop hatten wir schon, fehlt nur noch: Madchester! Die drittwichtigste Band dieses wegweisenden Genres, nach den Stone Roses und Happy Mondays waren die Inspiral Carpets, bei denen damals (1991) immerhin ein gewisser Noel Gallagher erst gut genug zum Verstärker schleppen war. Irgendwie gelang den Inspiral Carpets aber nie so ein richtig großes Ding, und wohl deswegen musste Carpets-Frontmann Tom Hingley jetzt mit den Brüdern Hanley (Ex-The Fall!!) die Band The Lovers gründen, und nun eine ziemlich dürftig layoutete Platte unterschieben. Verbittert sind die Typen wohl, sonst ließe man sich doch nicht zu einem trotzigen Titel wie „Abba Is The Enemy“ hinreißen. Das interessante ist: Dieser Orgelrock, diese slackigen Psych-Gitarren und der wütende Hingley-Gesang klingen sehr nach etwas, was ja topangesagt ist : 70’s-Garagenrock mit 80’s-Beats. Ganz modern die alten Recken also und eigentlich auch wirklich kredibler als irgendwelche schnöseligen College-Studenten aus Texas. Trotzdem werden The Lovers nicht viel reißen, das grauslige Rock’nRoll-Monster will ja immer frisches Fleisch, will in zarte Jungmänner-Ohren beißen und nicht in so sehnige Britannia-Veteranen. Trotzdem, Chapeau! Noch mal gut einen eingeschenkt, Tom Hingley! Hm, sehr männliche Thematiken heute. Waren die Neunziger nicht überhaupt ein männliches Jahrzehnt? Ja? Dann wollen wir sie jetzt vergessen und noch eine ganz neue, wunderschön angemalte Mädchen-Platte anhören, auf der nur Tanga steht. Die Sängerin heißt Natalie! Schon wieder. Und sie ist mindestens so süß wie die Liebe zwischen Daniel Johns (Ex-Grunge) und Natalie Imbruliga. Die Band Tanga nun, ich weiß nicht, macht Musik zu der sich vielleicht ganz gut in der Badewanne sitzen lässt. Es blubbert so. Beats blubbern, Effekte tröpfeln, die Stimme von Natalie hallt wie in einem Schwimmbad. Trifft man irgendwo eine Mädchenstimme mit elektronische Aufstrich, muss man sie immer sofort mit Moloko vergleichen, das ist oberste Rezensenten-Regel! Tja, Moloko sind besser als Tanga, soviel steht fest, aber doch auch ganz anders. Die Tanga –Songs sind eher chillig als straight, eher verspielt als cool. Schon sehr sorgfältig rhythmisiert das Ganze, aufgenommen in Berlin. Lounge-Musik, bei der die Leute irgendwas mit Kokos trinken. Braune Flip-Flop-Füße, die aber nicht tanzen, sondern nur so wippend im Hinterhof rumstehen. Gibt es eigentlich einen Opel Tanga? Falls ja, hat er bestimmt ein Faltverdeck, damit man die Sonne reinlassen kann. Außerdem erscheinen diese Woche: Lyrics Born – Same !@#$ Different Day (Quannum/Epitaph) Das neue Lyrics Born-Album „Same !@#$ Different Day“ ist ein kompletter Remix von „Later That Day“, der vorigen Platte. Lyrics Born zeigt, dass HipHop nicht nur Rap ist, deshalb hört es sich manchmal nach James Brown, manchmal nach Jurassic 5 und manchmal nach N.E.R.D. an. Alles in allem eine super Platte zum Im-Benz-durchs-Ghetto-bouncen, die aber auch auf der WG-Party vom weltoffenen Politikstudenten von Nebenan aufgelegt wird. (hannes-kerber) Les Babacools – Mundo Stereo (SPV Recordings) „Mundo Stereo“ ist mein Aufsteh-Album, weil – und das steht im Beipackzettel – mit diesem Album der Sommer kommt. Die neue Les Babacools-Platte ist ein wunderbarer Mix aus Reggae, schnellerem Funk, HipHop, kubanischem Latin und manchmal harten Gitarrenriffs, die nicht so ganz reinpassen wollen. (hannes-kerber) Ryan Adams - Cold Roses (Universal) Der weltbeste Junge mit der Gitarre hat mal eben wieder vier Handvoll Meisterstücke aufgenommen. Eine Platte die man sich schnellstens schenken sollte und alleine anhören. Aimee Mann - "The Forgotten Arm" (V2 Recordsl) Die gute Frau Mann macht ja auch eher sehr wenige schlechte Lieder, trotzdem gibt es hier nichts, was so richtig neuen Spaß macht. Martin Jondo - Rainbow Warrior Eine EP der deutschen Funk'nReggae-Hoffnung Martin Jondo, der für Freunde dieser Sparte ziemlich bald zur Lichtgestalt im Kiffernebel werden dürfte.

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