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Aus dem Leben einer Social-Media-Masochistin

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Angestrichen

"There was a time, I am told, when exes lived in Texas and you could avoid them by moving to Tennessee. Cutting ties is no longer so easy—nor, I guess, do we really want it to be. We gorge ourselves on information about the lives of our exes. We can’t help ourselves."

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Auseinander-sein war mal. Heute ist man immer noch unfreiwillig eng zusammen.

Wer sagt das? Maureen O'Connor in ihrem Text All My Exes Live in Texts: Why the Social Media Generation Never Really Breaks Up" auf The Cut, einer Frauenseite des New York Magazines. Und wer mit der Musik der 80er nicht so firm ist: "All my exes live in Texas" ist ein Song von George Strait aus dem Jahr 1987.

Und worum geht es genau?

Um unsere Unfähigkeit anders als George Straite in den 80ern einfach umzuziehen, wenn wir verflossenen Lieben aus dem Weg gehen wollen. Stattdessen verfolgen sie uns über soziale Netzwerke, den Google-Chat oder die fiese Autokorrektur, die immer den Namen des Ex' vorschlägt, wenn man eine bestimmte Buchstabenkombination zu verwenden wagt. Dabei beschreibt die Autorin ziemlich viel, was man von sich selbst oder dem eigenen Freundeskreis kennt: Der Ex sieht auf den Urlaubsbildern auf einmal unverschämt gut aus, postet ein Bild mit der neuen Freundin (die im schlimmsten Fall über ihr Sexualleben bloggt) oder liked ständig die eigenen Posts. Und das gilt nicht nur für frühere Langzeitbeziehungen: Auch der One-Night-Stand freundet einen mittlerweile auf Facebook und erinnert so konsequent an die Existenz dieser einen Nacht.

Anstatt das allerdings zu verdammen, schreibt O'Connor, dass wir doch genau das wollen: Die Tür zur Vergangenheit nicht so richtig zumachen. Immer noch ein bisschen durch den Spalt lugen und überprüfen, was der andere macht. Sie bezeichnet sich und ihre Freunde deshalb als "Social-Media-Masochisten", die gerade in einsamen Nächten oder Momenten der Langeweile Cyberstalking beim Ex betreiben. Natürlich nur, um für ein eventuelles Treffen in der Realität gestählt zu sein, schon klar...  

Und wenn ich aber kein "Social-Media-Masochist" sein will?

Dafür gibt es mittlerweile glücklicherweise ein paar Haushaltstricks: Bei Facebook und Chats kann man Menschen blockieren, für Twitter gibt es 

mutetweet, wodurch Menschen nicht entfolgt, ihre Tweets aber ausgeblendet werden. Problematisch wird es allerdings, wenn der Ehemalige dann auf anderen Kanälen Kontakt aufnimmt, um nachzufragen, warum man ihn denn geblockt hat. Sowas mündet meistens in halbherzigen Rechtfertigungsversuchen, sodass die Kommunikation über einen weiteren, viel zu langen Zeitraum nicht sterben muss.

Ein weiteres Problem ist die große Menge Datenmüll, die Beziehungen mit der Zeit auf sozialen Netzwerken hinterlassen. Die Autorin empfiehlt deshalb, für das Zusenden von (Nackt-)Fotos nur Snapchat zu verwenden - da werden die Bilder automatisch nach einer bestimmten Zeit wieder gelöscht.

Wem das noch in der Beziehung zu unromantisch erschien, dem hilft die App killswitch, die automatisch den Facebook-Account von Bildern und Postings mit dem Namen des Verflossenen entrümpelt. Und wer wirklich hartgesotten ist und trotz Trennung immer noch Telefonkontakt zum Ex sucht, der kann sich die App "The Ex Lover Blocker" kaufen: Wenn man dort in einem schwachen Moment die Nummer des ehemaligen Partners wählt, werden stattdessen vorher eingegebene Freunde angerufen, um einen abzuhalten. Hilft das auch nichts, verunglimpft einen die App eigenständig auf der eigenen Pinnwand als Weichei. Aber das ist dann wohl eine ganz andere Art des Social-Media-Masochismus.

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