Impfstoff von Astra Zeneca:Nicht zu impfen birgt erhebliche Risiken

AstraZeneca vaccine i Bella Center , torsdag den 11. februar 2021. , Copenhagen Denmark *** AstraZeneca vaccine in Bell

Die Fachleute der europäischen Arzneimittelagentur Ema sollen noch in dieser Woche ihre Einschätzung zum Astra-Zeneca-Impfstoff abgeben.

(Foto: imago images/Ritzau Scanpix)

Es ist richtig, den Berichten über Vorfälle nach Astra-Zeneca-Impfungen nachzugehen. Doch dabei darf nicht übersehen werden, wie gut das Vakzin wirkt.

Kommentar von Hanno Charisius

Über das Wochenende haben weitere Länder den Einsatz des Impfstoffs vom Pharmaunternehmen Astra Zeneca pausiert, und am Montag hieß es nach Vorfällen auch hierzulande aus dem deutschen Gesundheitsministerium: Stopp. Es sei eine "reine Vorsichtsmaßnahme", dass die Impfungen vorübergehend ausgesetzt werden. Sieben Hirnvenenthrombosen sind in Deutschland nach einer Impfung mit dem Astra-Zeneca-Vakzin gemeldet worden. Ob der Impfstoff die Ursache war, oder ob es nur ein zeitlicher Zufall war, dass die Gefäßverstopfungen nach der Impfung auftraten, müssen nun weitere Untersuchungen klären. Die verordnete Impfpause ist die richtige Entscheidung, doch sendet sie auch ein gefährliches Signal.

Ist der Impfstoff von Astra Zeneca gefährlicher als die anderen? Darauf gab es bislang keinen Hinweis. Doch jetzt fand das für die Überwachung von Impfstoffen in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich-Institut in Meldungen, die seit vergangenen Donnerstag eingingen, "eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen" in zeitlicher Nähe zur Impfung.

Die Fachleute der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) sollen noch in dieser Woche ihre Einschätzung zum Astra-Zeneca-Impfstoff abgeben. Unabhängig vom Ergebnis dieser Untersuchung steht aber bereits heute fest: Nicht zu impfen, birgt ebenfalls erhebliche Risiken.

Es ist dennoch richtig, dort, wo etwas passiert ist, eine Pause einzulegen und die einzelnen Fälle gründlich zu untersuchen. Gab es Vorerkrankungen bei den Betroffenen oder andere Risikofaktoren? Waren die Betroffenen oder einige von ihnen vielleicht mit dem Virus infiziert? Und nicht zuletzt sollten die Produktionschargen, aus denen der Impfstoff jeweils stammte, gründlich analysiert werden. Gab es vielleicht Verunreinigungen? Diese Fragen müssen schnellstmöglich und vollkommen transparent beantwortet werden. Sonst wird niemand mehr diesem Impfstoff vertrauen.

Das Vakzin schützt zuverlässig vor schweren Verläufen

Das Vakzin hat ohnedies mit Imageproblemen zu kämpfen. Vielen gilt es als zweite Wahl, nachdem erste Studiendaten zur Wirksamkeit schlechtere Werte fanden als bei den Konkurrenzprodukten. Doch vor schweren Verläufen und Tod durch das Coronavirus schützt dieses Vakzin sehr zuverlässig. Und auch vor Problemen mit der Blutgerinnung, die von dem Virus verursacht werden können.

Sollte der Impfstoff tatsächlich wegfallen, hätte das fatale Folgen für das deutsche Impfprogramm. Das ohnehin langsame Impftempo würde weiter gebremst. Angesichts der bislang geringen Zahl von gemeldeten Verdachtsfällen gegenüber den vielen problemlos verlaufenen Impfungen ist dieses Szenario derzeit jedoch zumindest unwahrscheinlich.

Nach weit über zehn Millionen Impfungen mit diesem Produkt gibt es derzeit keinen Grund zur Annahme, dass der Impfstoff das Risiko für Blutgerinnungsprobleme generell erhöht. Es wurden bislang sogar sehr viel weniger Gerinnungsprobleme nach einer Impfung gemeldet, als statistisch zufällig jeden Tag auch ohne Impfung auftreten würden. Das ist natürlich kein Beweis für die Sicherheit, doch wenn das Vakzin das Risiko wirklich erhöhen sollte, würde man eigentlich sehr viel mehr gemeldete Verdachtsfälle erwarten. Es gibt hingegen einen sehr großen Risikofaktor für Gerinnungsprobleme - eine Erkrankung an Covid-19. Dass Sars-CoV-2 die menschliche Blutgerinnung empfindlich stört, ist seit bald einem Jahr bekannt.

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