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Mama, wie fickt man?

Text: ktty
Von „Frauenarzt“, sexueller Verwahrlosung und Christopher Vorwerk



-oder: wenn Kinder nicht mehr lernen was „ Liebe machen“ bedeutet













Die Sache mit den Pornos ist ja eigentlich eine einfache Angelegenheit. Man schaut sich halt ab und zu einen an.. Man findet es berauschend, belustigend oder erregend. Dann redet man vielleicht auch noch darueber mit einer Freundin. Denn die hat schon mal einen gesehen mit Koreanern. Und man findet das komisch.



Da gibt es Menschen, die sich gerne Pornos ansehen, in denen sich die Darsteller gegenseitig anpinkeln (Urophilie) oder anderen Koerperabfall gemeinsam ausscheiden und es „geil“ finden, dem anderen dabei zuzusehen oder sich damit einzureiben (Koprophilie). Dann kann man auch ueberall Filme kaufen, in denen mehrere Maenner auf eine Frau losgehen (Gangbang) oder sogenannte „rape Fantasy“ Filme. Das gehoert dann schon in die Kategorie der etwas haerteren Pornos. Als Standard- und Gelegenheitskonsument wahrscheinlich eher als widerlich empfunden, jedoch mit dem Bewusstsein, dass es solche Vorlieben gibt und Menschen unter uns solche „abnormalen“ Fetische auch durchaus im eigenen Schlafzimmer ausleben.

Vielleicht unbekannter, ist die Tatsache, dass elfjaehrige Kinder im Wohnzimmer der Eltern genau solche Pornos ansehen und das vorgemachte dann an der vierjaehrigen Schwester ausprobieren. Mehrmals. In Behandlung bei Werner Meyer-Deters, Paedagoge der Beratungsstelle der Caritas, erzeahlt der kleine Junge dann „Aber die anderen, die machen das doch auch alle.“ Die anderen, das sind die im Porno.



Deutschlands Sozialpaedagogen und Sexualwissenschaftler reden hier von sexueller Verwahrlosung, wenn Kinder nachmachen was sie in Pornos im Internet oder Fernsehen aufnehmen, statt ihre eigene Sexualitaet und die des anderen Geschlechts langsam selber zu entdecken. Den eigenen Koerper und den des Sexualpartners zu entdecken ist nicht mehr moeglich, wenn ihnen in den Pornos alles vorgemacht wird. Es verfaelscht das Bild vieler Kinder und Jugendlichen. Die jungen Menschen machen alles moegliche miteinander,aber kuessen sich zum Beispiel nicht, denn das wird im Porno auch nicht getan.

Viele haben das Gefuehl, wenn eine Frau im Porno laut beim Analverkehr stoehnt, dass das automatisch heisst, dass Frauen sowas im allgemeinen gerne moegen. Und sind wir mal ganz ehrlich, welcher Porno versucht denn schon uns Frauen NICHT in eine Schublade zu stecken. Des Pornoguckers Persoenlichkeit kann sich sogar veraendern, so Neurobiologe und Verhaltenspsychologe Professor Klaus Mathiak. Wenn der Verzehr eines Pornos schon zum Alltag dazu gehoert, veraendert sich nicht nur die Einstellung des Betrachters zur Sexualitaet, sondern seine ganzes Wesen :“ Dann werden Sachen als normal empfunden, die man vorher als voellig unnormal empfunden haette.“



Verstaerkt wird dieser Prozess gerade unter Jugendlichen noch durch sogenannte Porno-Rapper wie Bushido, Frauenarzt oder Sido, die mit ihren Texten das Mass an Abartigeit toppen und ihr Produkt dem Publikum vor die Fuesse kotzen, Wenn sie vor kleinen dreizehnjaehrigen Maedchen und ihren coolen Mamas mit Songzeilen wie „ Kathrin hat geschrien vor Schmerz. Mir hats gefallen....Ihr Arsch hat geblutet. Und ich bin gekommen“ voller Ueberzeugung bespucken. Gut, so waere dann das Vorurteil, dass Frauen allgemein auf Analsex stehen,widerlegt. Bloss wird den Kleinen jetzt klargemacht, dass es ok ist wenn man das gegen den Willen einer Frau/ eines Menschen macht. Vorbilder, einer in die sexuelle Verwahrlosung stuerzenden Generation, die ihre Lehre geschmissen haben (Frauenarzt), wegen Drogenkonsum von der Schule geflogen sind (Sido) oder in Untersuchungshaft sassen (der deutsch – tunesiche Bushido). Das sind die neuen Lehrer und Eltern fuer die Kinder, die den ganzen Tag alleine zu Hause sind und mit denen niemand darueber spricht, dass Porno nicht Liebe ist, Sex nicht Erniedrigung bedeutet. Denn Sex bedeutet vor allem Entdecken. Entdecken des eigenen Koerpers und den des Sexualpartners. Denen bringt keiner bei, dass die normale Auffassung von Sex damit zu tun hat, dass man Spass daran hat, wenn der Bettgenosse auch Freude und Befriedigung empfindet. Vermittelt wird hier mehr „Hauptsache ICH hab meinen Spass, egal unter welchen Voraussetzungen“. Und dass dabei auch Vergewaltigungen nicht ausgeschlossen sind, machen die modernen „Kuenstler“ von heute mit ihren „Liedern“ den pubaertierenden und somit leicht beeinflussbaren Jugendlichen von heute klar. Die wissbegierigen Kinder koennen so nun nicht nur alle moeglichen Sexstellungen im Internet betrachten, sondern 24/7 im Bus, auf dem Pausenhof, im Einkaufszentrum das dazugehoerige Audioangebot verzehren.

Brainwash im uebelsten Stadium, wenn Kindern ein Porno in die Haende geraet. Kindern, denen niemand erklaert, was das eigentlich bedeutet, was sie da gerade mir grossen Augen anstarren. Ihnen wird dieses eine Bild eingetrichtert. So geht die Moeglichkeit des „selber Ausprobierens“ augenblicklich verloren, da sie keine Vergleichmoeglichkeiten haben und so das Gefuehl kriegen: „Aha, so muss das also sein.“. Selten kommt es heutzutage noch vor, dass sich Eltern mit ihren Kindern an einen Tisch setzen und ihnen erklaeren, was es bedeutet, wenn man Zaertlichkeiten ausstauscht, dass normal ist, wenn man mit 11 noch keinen Sex hatte und das es einen Unterschied gibt zwischen „Liebe machen“ und emotionslosem, allein von Gier bestimmten „Ficken“.



Landesvorsitzender der Jungen Liberalen, Christopher Vorwerk, scheint nun mit einer schier glaenzenden Loesung, dieses Problems der sexuellen Verwahrlosung durch Pornofime, anzutanzen: Man solle doch Pornomaterial in Videotheken schon fuer Jugendliche ab 16 Jahren freigeben . Dieser Meinung, dass „ Jugendliche (..) mit 16 Jahren alt genug (sind), um selbst zu entscheiden, was sie ansehen“, vertritt auch Florian Bernschneider, stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. Genau diese Befuerwoerter der Freigabe von Pornographie fuer Jugendliche ab 16 Jahren, bezeichnen diese Filme als Darstellung eines „Aktes der Liebe“ und denken, dass wenn Jugendlichen nun der Zugang zu solchen Leinwandliebesakten erleichtert wird, wuerden sich diese nicht mehr dem Internet bedienen, um an Verbotenes zu gelangen und so wuerde sich die Gefahr mindern, dass diese auf Tier-oder Kinderpronograohie stossen. Doch Vorwerk scheint da etwas nicht ganz verstanden zu haben, wenn er Pornographie als „Akt der Liebe“ bezeichnet, so Ina Lenke, FDP-Sprecherin fuer Frauen und Familie. Und glaubt Vorwerk tatsaechlich, dass Jugendliche und Kinder durch den leichteren Zugang in Videotheken auf Internetpornographie verzichten? Es bleibt immerhin genauso bequem und anonym, sich solche Fime im Internet anzusehen, statt sie in einer Videothek auszuleihen. Ausserdem bleibt einem da die wohlmoeglich eher peinliche Situation an der Kasse erspart (immerhin muss man da ja zweimal hin) und guenstiger fuer den schmalen Geldbeutel ist es ohnehin. Diese Idee bleibt also wohl auch nur eine naive und nicht ganz so gut durchdachte Idee, die die Woerter „sexuelle Verwahrlosung“ aus dem deutschen Sprachschatz vielleicht haette verbannen koennen.



Als junge Frau frage ich mich da natuerlich wie ich auf ein Kind auf diese Welt setzen kann, ohne dass dieses sich zu einem pornoverschlingenden Monster oder einem Bushidoverehrenden Steinklotz entwickelt. Muetter koennen unmoeglich verhindern, dass sich ihre Kinder nichtmal bei Freunden einen Hardcore Porno reinziehen. Aber Muetter und Vaeter koennen es ermoeglichen, dass ihre Kinder zu diesem Zeitpunkt schon distanziert denken koennen:„ dieser Porno ist nicht das, was ich zu Hause mit meiner Freundin unter der Bettdecke mache. Es ist ein Film und etspricht nicht der Realitaet. Das sind Schauspieler. Und die haben gelernt wie man richtig laut rumstoehnt. Ich stoehne, weil ich weiss dass es meiner Freundin/ meinem Freund gefaellt, wenn wir den intimsten Moment zwischen Mann und Frau gemeinsam teilen koennen.“







- http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,466198,00.html

- http://www.stern.de/politik/deutschland/581936.html?id=581936




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