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"Demnächst müsste so eine Box von der Academy ankommen"

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Es war zunächst nur sein Abschlussfilm: Inzwischen hat Patrick Vollrath, 30, für „Alles wird gut“ einige Preise in seiner Wohung stehen, unter anderem die „Rail d'Or“ aus Cannes. Jetzt hat Vollrath sogar Aussichten auf den Oscar. Er ist in der Kategorie "Bester Kurzfilm" nominiert. Das Stück, das in nur sechs Tagen in Wien abgedreht wurde, handelt von einem geschiedenen Vater, der aus Liebe zu seiner Tochter am gemeinsamen Wochenende in eine dramatische Sackgasse steuert. Ein Anruf beim frisch gekürten Oscar-Nominierten.

jetzt: Patrick, wie hast du von der Oscar-Nominierung erfahren? Am Telefon?

Patrick Vollrath: Nein, vor der offiziellen Pressekonferenz bekommt niemand Bescheid, nicht einmal Leonardo DiCaprio. Ich saß am vergangenen Donnerstagnachmittag vor meinem Computer und habe diese Konferenz verfolgt.

Einen Champagner hattest du schon kaltgestellt, oder?

Ich habe gehört, wie unser Filmtitel verlesen wurde und war dann natürlich ziemlich benommen. Zum Feiern blieb aber erst einmal keine Zeit, direkt darauf kamen schon die ersten Gesprächsanfragen per Telefon. Eine Stunde später hatte ich die ersten Journalisten in meiner Wohnung stehen, und dann ging es direkt ins ORF-Studio zum Interview. Erst abends habe ich das ganze Filmteam in eine Bar bestellt, und wir haben die ganze Nacht, nun ja, ein paar Bier getrunken.

Einen Champagner hattest du schon kaltgestellt, oder?

Ich habe gehört, wie unser Filmtitel verlesen wurde und war dann natürlich ziemlich benommen. Zum Feiern blieb aber erst einmal keine Zeit, direkt darauf kamen schon die ersten Gesprächsanfragen per Telefon. Eine Stunde später hatte ich die ersten Journalisten in meiner Wohnung stehen, und dann ging es direkt ins ORF-Studio zum Interview. Erst abends habe ich das ganze Filmteam in eine Bar bestellt, und wir haben die ganze Nacht, nun ja, ein paar Bier getrunken.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Alles wird gut“ war dein Abschlussfilm an der Filmakademie Wien. Wusstest du gleich: Das ist ein richtig guter Film geworden?

Nach dem Dreh war ich nicht besonders überzeugt, auch beim Schnitt noch unsicher. Aber als meine Professoren das Ergebnis positiv bewertet haben, war ich motiviert, das Teil mal in die Welt zu schicken.

Hatte dir  jemand den Rat gegeben, den Film bei der Academy einzureichen?

Eigentlich nicht, das habe ich aus Eigeninitiative getan, später auch mit Hilfe einer Agentur. Die Professoren kennen sich mit der Verwertung von Kurzfilmen nicht besonders aus. Es ist immer gut, den Film zunächst als Premiere auf einem Festival zeigen zu können. In unserem Fall waren das die internationalen Filmfestspiele in Cannes. Wenn du dort gewinnst, bekommst du automatisch Aufmerksamkeit. Die Leute von der Academy geben außerdem eine Liste von Festivals heraus, deren Gewinner sie für die Oscars im Auge haben. Also habe ich den Film bei möglichst vielen dieser Festivals eingereicht.

Einen direkten Weg zur Academy gibt es nicht?

Nein. Erst wenn dein Film bei einem anderen Festival ausgezeichnet wurde, kannst du ihn für die Oscars einreichen. Und bis dorthin ist es ein weiter Weg. Die großen Festivals haben 2000 bis 3000 Anwärter und wählen davon um die 100 aus. Gegen die muss man sich erst einmal durchsetzen. Dann kommt es auf die Longlist der Academy, später auf die Shortlist an, und am Ende steht mit viel Glück die Nominierung für die Oscars. 

Fahren alle, die am Film mitgewirkt haben, zur Verleihung nach Los Angeles?

Ich weiß leider noch nicht, wie viele Leute ich eigentlich mit zur Verleihung nehmen darf. In den nächsten Tagen müsste hier so eine Box von der Academy ankommen, da stecken die Urkunden, Einladungen und so weiter drin. So ein Trip nach Los Angeles kostet ja auch viel Geld, die Academy zahlt für nichts. Ich will niemanden zwingen, sich zu verschulden, obwohl ich natürlich gerne alle dabei hätte. Ich habe meinen Flug nach LA natürlich schon gebucht. 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Besonders deine Hauptdarstellerin, die erst achtjährige Julia Pointner, hätte einen Platz bei der Verleihung absolut verdient. Im Film spielt sie Lea, die Tochter des verzweifelten Single-Vaters Michael Baumgartner, als hätte sie schon jahrelange Schauspielerfahrung. Wie hast du sie entdeckt?

Für das Casting der Kinderrolle habe ich sechs Monate gebraucht, zu Beginn war ich noch nicht einmal sicher, ob es ein Mädchen oder ein Junge werden soll. Julia und Simon Schwarz, der den Vater spielt, haben dann von Beginn an harmoniert, das hat perfekt gepasst. Der Dreh selbst hat nur sechs Tage gedauert.

 

Haben sich die beiden vor den Dreharbeiten kennenlernen können?

Nein, Simon Schwarz ist ein gefragter Typ, der hatte nicht viel Zeit. Nach dem Casting haben sie sich erst wieder am ersten Drehtag für die Abholszene zu Beginn des Films getroffen.

 

In der Szene fahren die beiden mit dem Auto durch Wien und plaudern über die Woche in der Schule, was ziemlich spontan wirkt. Hast du bei solchen Szenen mit Improvisation gearbeitet?

Ja natürlich, alle Dialoge sind improvisiert! Wir mussten eigentlich nur das Zusammenspiel der beiden einfangen. Die Sprechpassagen für eine Achtjährige in einem Drehbuch aufzuschreiben, wäre für mich als damals 29-Jährigen verdammt schwierig gewesen. Kinder sprechen ja eine ganz andere Sprache als ich, das kommt improvisiert viel natürlicher rüber.

 

Die Wochenendvater-Thematik des Films ist nicht unbedingt naheliegend für dein Alter. Wie kamst du zu diesem Thema?

Ich bin in der Zeitung auf einen ähnlichen Fall gestoßen, der dem im Film sehr ähnlich war. Das hat mich sehr berührt. Diese Frage: Wie kann jemand aus Liebe etwas tun, das demjenigen, den er liebt, wahnsinnig schadet? Der Vater im Film ist ja kein böser Mensch, sondern eigentlich ein liebender Vater.

 

Ist dein Hang zum Drama auch auf den Einfluss deines Filmakademie-Lehrmeisters, dem Regisseur Michael Haneke, zurückzuführen?

Wir ticken sehr ähnlich. Dass ich damals an der Filmakademie genommen wurde, lag sicherlich auch daran, dass ich mich wie er für solche Themen interessiere. Ich mag seine Arbeiten sehr und glaube, dass wir grundlegend dieselben Ansichten darüber haben, was einen guten Film ausmacht. Aber klar, ich habe auch viel von ihm gelernt.

Wie schaut es eigentlich bei der Konkurrenz aus? Kennst du die Filme der anderen Nominierten?

Einen der Filme habe ich damals schon beim Studenten-Oscar gesehen, die anderen kenne ich nicht. Ich bin auch nicht der Typ, der Vergleiche anstellt.

 

Was rechnest du dir für Chancen aus?

Am Ende entscheidet die Jury. Schon die Nominierung ist super, die Zeit in LA wird sicher fantastisch. Und natürlich die Verleihung: Die schaue ich, seit ich 13 Jahre alt bin, im Fernsehen. Und nun, 17 Jahre später, bin ich selbst dabei, das ist wahnsinn. Der Oscar selbst wäre nur die Kirsche auf der Torte.

 

Aber du willst das Ding schon haben, oder nicht?

Ach, ich bin da sehr entspannt. Ich glaube nicht wirklich, dass wir gewinnen.

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