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Fastfood statt Fitnessstudio

Illustration: Federico Delfrati

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Vor ein paar Wochen habe ich eine Kolumne geschrieben mit dem Titel „Ich, Darth Vader“, in der ich mich gefragt habe, warum ich so streng zu Dante (11) und Paul (8) bin. So kenne ich mich gar nicht. Mittlerweile glaube ich, dass ich die Antwort gefunden habe: Ich bin neidisch…

… auf ihren Stoffwechsel

Dante ist elf Jahre alt und hat in seinem ganzen Leben noch kein Fitnessstudio von innen gesehen. Er hält McFit für den Veggie-Burger von McDonalds. Und trotzdem hat er einen Waschbrettbauch, auf dem Borussia Dortmund seine Mannschaftstrikots frühlingsfrisch waschen könnte, während mein Bauch aussieht wie der Wäschesack, in den die dreckigen Trikots nach dem Spiel geschmissen werden. Beim Badeurlaub am Strand würde er mir damit jede Frau ausspannen, obwohl ich seit elf Tagen zum Frühstück Magerquark mit Chia-Samen runterwürge, um ein paar Gramm abzunehmen, während Dante anscheinend ein Enzym im Körper hat, das Fruitloops in Steroide umwandelt. Das ist nicht fair.

… auf ihre Freiheit

Es ist Mittwochabend. Eigentlich hätte ich diese Kolumne schon gestern abgeben müssen und laut Putzplan an unserem Kühlschrank muss ich heute auch noch die Wohnung saugen. Ich bin also ein bisschen gestresst und aus dem Kinderzimmer höre ich Dante und Paul darüber streiten, welches Spiel sie spielen wollen. „Jungs, Schluss jetzt! Wenn ihr nicht leise sein könnt, dann räumt Dante jetzt die Spülmaschine aus und Paul deckt den Tisch für das Abendessen“, schimpfe ich über den Flur.

Stille. Endlich. Brav machen die beiden, was ich ihnen aufgetragen habe. 

Verdammt.

Jetzt hab ich ein schlechtes Gewissen. Sie haben ja gar nichts falsch gemacht. Kinder machen nun mal Geräusche, wenn sie spielen. Will ich Pantomimen großziehen? Natürlich nicht. Ich fand es in dem Moment einfach unfair, dass sie spielen dürfen und ich arbeiten muss, obwohl ich auch lieber Freizeit hätte. Ziemlich kindisch von mir, ich weiß. Tut mir leid, Jungs …

… auf Ihre Beziehung zu Sonja

Ich liebe Sonja. Aber ich habe zwei Nebenbuhler. Der eine schläft mit Kuscheltieren und der andere wohnt noch bei Mutti. Zum Geburtstag habe ich Sonja einen Ring von Tiffany & Co. geschenkt. Von meinen Konkurrenten hat sie ein selbstgeschnitztes Schneidebrett bekommen. Ich finde mein Geschenk besser, aber trotzdem habe ich gegen die beiden Jungs keine Chance. Das ist ein bisschen wie in der Duplo-Werbung, wo der eine keine Kosten und Mühen scheut, um die Dame zu beeindrucken und der andere Heini überzeugt mit Schokolade. Ich werde immer nur die dritte Geige in Sonjas Leben spielen und so sehr sie mich auch liebt – und ich bin mir sicher, dass sie das tut – ich werde nie so ein starkes Band zu ihr haben wie ihre beiden Söhne. Das war eine neue Erfahrung für mich, als wir zusammengezogen sind. Aber das bestätigt auch, was für eine tolle Mutter Sonja ist. Und das ist ein Grund, warum ich mich in sie verliebt habe.

 

… auf ihren Vater

Um ganz ehrlich zu sein: Ich kenne den Vater von Paul und Dante nicht. Wir haben uns nur einmal kurz gesehen, als er die Kinder für ein Wochenende abgeholt hat. Deswegen kann ich nichts über ihn sagen. Ich möchte stattdessen die Fakten sprechen lassen:

Hilfe bei den Mathe-Hausaufgaben? Max: 1 vs. Papa: 0

Den Kindern morgens um 6:30 Uhr Frühstück machen? Max: 2 vs. Papa: 0

Dantes Hamster einfangen, wenn er ausgebüchst ist? Max 3 vs. Papa: 0

Sonja helfen bei der Organisation eines Kindergeburtstages? Max: 4 vs. Papa: 0

Früher vom Büro heimkommen um Paul von der Schule abzuholen? Max: 5 vs. Papa: 0

 

… und trotzdem ist er ihr Held und ich bin nur der Freund ihrer Mama. Vorerst zumindest. Aber zieh dich lieber warm an, Daddy.  Ich neige dazu, Herzen im Sturm zu erobern. Frag deine Ex-Frau …

 

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