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Wo sollen wir uns noch rasieren?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Jajaja, über Körperhaare wurde schon viel geredet. Aber die Thematik wächst nun mal nach. Und außerdem hat die Firma Philipps gerade einen Körperhaarrasier auf den Markt gebracht. Nur für Männer! Angesichts dieses schnurrenden „Bodygroom“ muss doch noch mal gefragt werden dürfen, was ich eigentlich an meinem tiptop männlichen Gerüst stutzen soll? Gehen wir’s mal zusammen durch? Die Brust. Von Natur aus bei mir nicht gerade undurchdringliches Gestrüpp, eher so ein verirrtes Häufchen mittlerer Vorwitzigkeit - auf dem Kopf würde man sagen: lichtes Haar. Das jetzt noch ganz wegschneiden? Würde mich nicht stören, aber irgendwie hätte ich das Gefühl, dass ich die Stelle dann auch bräunen, stählen und ständig vorzeigen müsste. Die Achseln. Hier femininen Kahlschlag zu treiben widerstrebt mir aus Gründen, die ich nicht genau benennen kann, gar nicht hingegen ein ordentliches Abfräsen und Einkürzen in Länge und Ausdehnung. Reicht doch, oder? Nähern wir uns der Bikini-Zone, dem Lendenbereich, der Leistengegend, dem Untenrum etc. Um kurz noch sachlich zu bleiben – die männliche Anatomie macht ein Blankfegen dort vermutlich selbst mit dem Bodygroom zu einem Unternehmen beträchtlichen Aufwands. Und für das Ergebnis, dieses nacktmullartige Gewürstel, diesen geschälten Spargel, habe ich zwar unter puristisch-theoretischen Gesichtspunkten Verständnis, real-ästhtetisch bin ich dafür noch nicht bereit. Und außerdem: Ist es nicht ein leicht unangenehmes Signal, dass von einem derart aufwändig bearbeiteten Intimbereich beim ersten Präsentieren in trauter Zweisamkeit ausgeht? Kann das nicht auch ganz leicht unsympathisch wirken, übersexualisiert und überfordernd? Deswegen halte ich es hier eher wie mit englischen Landschaftsgärten: Natürlichkeit, die von Menschenhand sanft in ihre Schranken gewiesen wird. Beine lösen, da sind wir uns wohl einig, wenn sie rasiert sind unweigerlich Fragen aus: Frisch operiert? Frisch Tour de France gewonnen? Frisch Albino? Frisch verliebt? fragt aber keiner, deswegen plädiere ich, zumindest bei handelsüblicher Beinbehaarung für Rasierverbot. Und sonst? Pohaare klingen ja schon als Wort hässlich und sind tatsächlich keine Zierde, den meisten Männern fällt das nur deshalb selten auf, weil sie sich nie in einem Spiegelkabinett anziehen. Mit Rasierschaum hinten rasieren mag einem nicht gefallen, allerdings mal mit dem Langhaarrasierer ohne Aufsatz über den Podex ist ohne großen Moralverlust machbar– und zeigt enorme Wirkung. Die Bauchnabelhaarstraße Richtung Untergrund schätzt man seit dem Heranreifen als ungeheures Männlichkeitssymbol ein, die muss bleiben, Ohr und Nasenhaare gehören natürlich vergrault und Rückenhaar habe ich nicht, also, alles super oder viel zu viel oder sollte ich mehr mit Schnittmustern arbeiten? fabian-fuchs Die Mädchenantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

O Mann, das ist aber mal ne schwierige Frage, Fabian. Weil: Man hat sich doch eigentlich schon längst darauf geeinigt, dass es sich beim körperlichen Kahlschlag um persönliche Neigungen und nicht gesellschaftliche Verpflichtungen handeln sollte, oder?! Aber weil du eben mich fragst, teile ich dir gerne meine zwei bis drei Gedanken dazu mit. Bevor ich dir die Rasier-Anleitung gebe, erst mal so super-allgemein: Die Entwicklung, dass Frauen und Männer und Jungs und Mädchen schon kurz nach dem Einsetzen der Geschlechtsreife meinen, sich aller Haare außer derer am Kopf entledigen zu müssen, ist ja nicht so irre neu. Bei Mädchen handelt es sich meines Erachtens mittlerweile um eine Art kulturelles Wissen der Neuzeit, das nonverbal von einer Mädchen-Generation zur nächsten weitergegeben wird. Achsel- und Beinhaare, klar, müssen weg, weil sich sonst alle, die es betrachten, ekeln müssen. Warum sich alle vor Körperbehaarung ekeln müssen, habe ich vergessen, ich glaube, es geht da um Ästhetik. Schambehaarung dann irgendwann auch, mindestens die sogenannte Bikinizone, besser aber gleich fast alles. Und am allerbesten, wird uns seit geraumer Zeit nahegelegt, sei dazu das sogenannte „Brazilian Wax“ geeignet. Das bedeutet, um es mal ganz plastisch-drastisch zu erörtern: man geht zu einer fremden Person in einen Salon, macht sich nackt und lässt sich von ihr heißes Wachs auf Körperregionen schmieren, die man selbst nicht allzu oft zu sehen bekommt und die sehr (sehr!) empfindlich sind. Und dann wird einem alles abgerissen. Und das Ergebnis? Endlich ist man untenrum wieder so seidig-glatt wie zuletzt als Säugling. Die Radikal-Intimrasur kommt übrigens nicht, wie man vermuten könnte, aus Brasilien, sondern wurde direkt aus dem Porno-Gewerbe übernommen. Dort muss, ist ja klar, alles gut sichtbar sein, sonst verlangt der Kunde womöglich sein Geld zurück. Das also in Ansätzen die Problematik bei Frauen. Und jetzt kommt ihr Jungs auch noch an, super. Also der Reihe nach: Über eure Brustbehaarung nachzudenken, ist mir persönlich ja mit die liebste Freizeitbeschäftigung. Manchen wächst es direkt den Hals rauf ins Gesicht, andere haben vier Haare, die dafür je zwei Meter lang sind. Irgendwie ist sie immer trotzdem schön und abenteuerlich, auch, weil es so viele verschiedene Kollektionen gibt. Ich würde sagen: lass es wachsen oder, wenn du dringend meinst, rasiere es in Kotelett-Form. Aber ganz ab hat was angestrengtes an sich. Bei den Achseln kommt es meines Erachtens auf die Mode und das persönliche Gefühl an. Wenn du gerne im Unterhemd andere Menschen zur Begrüßung in den Schwitzkasten nimmst, solltest du auf eine angemessene Kürze achten. Ganz abrasieren würde ich nur empfehlen, wenn du an einer Körperhaar-Aversion leidest. Dann aber nur in Kombination mit völliger Resthaar-Entfernung inklusive Kopf. Ansonsten: einfach lassen. Jetzt zur schwierigen Untenrum-Angelegenheit. Ich unterstelle ja, dass die Haarentfernung am Geschlecht bei euch Männern hauptsächlich deshalb populär werden konnte, weil dann euer Schwanz länger aussieht und ihr damit besser angeben könnt. Klar, manche sagen, dass ihr Sexleben ganz neue Dimensionen angenommen habe, seit sie sich täglich unter der Dusche sämtliche Follikeln entfernen. Glaube ich denen aber nicht. Tue ich einfach nicht. Punkt. Und überhaupt hast du völlig recht: Die Vorstellung, dass ein Mann täglich eine nicht unerhebliche Zeitspanne darauf verbringt, sich zum idealen Sexpartner zu trimmen, ist nicht so sexy, wie man vielleicht meinen sollte. Und wer sich vor Haaren so sehr ekelt, dass er sie überall entfernt, hat bestimmt auch kein entspanntes Verhältnis zu sonstigen körperlichen Vorgängen, die unweigerlich beim zwischenmenschlichen Ringelpietz anfallen.

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