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Was passiert, wenn ich meine Rechnungen nicht bezahle?

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Das Horrorszenario:
„Wenn sie nicht aufmachen, dann tun wir es!“, brüllt jemand von der anderen Seite der Wohnungstür. Der Gerichtsvollzieher hat bereits zehn Minuten lang geklingelt, ohne dass du einen Ton von dir gegeben hast. Du kannst dich nicht mehr vom Fleck bewegen. Die Situation ist festgefahren. Viel zu lange hast du die Anschreiben ignoriert, die dich dazu bringen sollten, diese eine Rechnung zu erstatten. Du hörst wieder Stimmen. Jemand versucht, das Türschloss zu öffnen. „Hoffentlich wollen sie dir nicht auch noch die Kosten für die Schäden an der Tür aufhalsen“, denkst du. Dabei hättest du dir einfach Geld leihen können. Es ging doch auch nur um ein paar Euro. Eine lächerliche Jeans mit Versand. Und die war auch noch reduziert. Du schwörst dir nie wieder zu zögern, und Online-Bestellungen ohne Ausnahme sofort zu überweisen – dann hörst du das Schloss knacken. Wie konnte es nur so weit kommen? Wie konntest du nur die Kontrolle verlieren?

Auch wenn diese Vorstellung unwahrscheinlich erscheint: Ganz ohne Konsequenzen kann es doch nicht sein, wenn man seine Rechnung nicht unmittelbar begleicht. Eine meiner Freundinnen hat neulich behauptet, Mahnungen hätten allgemein keine Gültigkeit. Nichts könne einen dazu zwingen innerhalb eines gewissen Zeitraumes für eine Leistung aufzukommen – Mahnschreiben gehören laut ihr ins Altpapier. Aber wodurch verdienen dann Inkasso-Unternehmen, also Firmen, die Gläubigern beim Schuldeineintreiben helfen, ihr Geld? Irgendwie hat sie auch recht, wenn sie behauptet, dass es unfair ist, wenn man mit EC-Karte zahlt, das Bankkonto wegen einer Unachtsamkeit gerade nicht gedeckt ist und man dafür überhöhte Summen zahlen soll. Oder wenn man schlicht vergessen hat, eine Rechnung zu begleichen. Aber was kann wirklich passieren und was ist rechtens, wenn man in Zahlungsverzögerung kommt?

Egal, durch welche Umstände man nicht sofort zur Zahlung eines Produkts oder einer Dienstleistung kommt: Früher oder später schickt der Gläubiger dem Schuldner eine Zahlungserinnerung. Diese „Erinnerungen“ begnügen sich selten damit, ohne weitere Konsequenzen freundlich um baldige Schuldenbegleichung zu bitten – eine Mahngebühr wird fällig. „Es gibt derzeit einen Trend zu hohen Mahngebühren, es wird versucht, eine Art Strafe für Kunden, die nicht rechtzeitig zahlen, zu verhängen“ sagt der Rechtsanwalt Peter Kehl. „Dabei zählen aber eigentlich nur tatsächliche Mehrkosten, die der Schuldner verursacht.“ Buchhaltungskosten dürfen nicht auf den Schuldner abgewälzt werden, lediglich entstandene Zusatzkosten, wie zum Beispiel eine Briefmarke, können berücksichtigt werden. Bei per E-Mail versandten Mahnungen darf gar keine Bearbeitungsgebühr erhoben werden. Falls der Kaufvertrag eine Lastschrift vorgesehen hat, kommen noch Kosten für die Rücküberweisung, die die Bank vom Gläubiger verlangt, hinzu. Diese sind von Institut zu Institut zwar unterschiedlich, belaufen sich aber meistens auf ungefähr drei Euro. Sie können an den Schuldner weitergegeben werden. „Es gab auch Fälle, in denen eine Fluglinie 50 Euro für die Rücklastschrift verlangt hat“, erklärt Kehl, „Fünf Euro sind für ein Mahnschreiben aber eigentlich schon zu viel.“

Indem eine erste Mahnung verschickt wird, gerät der Schuldner in „Verzug“. Nur falls ein spezieller Zeitraum zur Zahlung im Kaufvertrag festgelegt ist, bedarf es keines Mahnbescheids, um in Verzug zu geraten – in manchen Fällen beinhaltet auch die Rechnung eine entsprechende Passage, die Verzugszinsen ankündigt. Prinzipiell kann der Gläubiger an diesem Punkt einen Anwalt oder ein Inkassobüro einschalten. Weitere Abmahnungen sind nicht notwendig. Aber auch der Gläubiger ist dazu angehalten, die neu entstehen Kosten gering zu halten. Er obliegt der „Schadenminderungspflicht“. „Inkassobüros gelten vor Gericht als sehr umstritten und ihre Auftragskosten dürfen die Höhe der Geschäftsgebühr, die ein Anwalt verlangen würde, nicht überschreiten. Und die sind gesetzlich festgelegt.“

Wenn man den gestellten Forderungen nicht nachgeht und auch keinen Einspruch erhebt, kann der Gläubiger im nächsten Schritt einen Mahnbescheid erlassen. Ein Mahnbescheid meint ein vereinfachtes Gerichtsverfahren, das ohne entsprechendes Urteil von berechtigten Unternehmen, Rechtsanwälten oder Inkassobüros erlassen werden kann. Wieder hat der Schuldner die Möglichkeit gegen den Bescheid vorzugehen. Falls er keinen Widerspruch einlegt, wird der Bescheid automatisch rechtskräftig und der Schuldner muss der Zahlung verbindlich nachgehen.

 „Manchmal überweisen Schuldner nach der ersten oder zweiten Mahnung auch nur den Betrag der Hauptforderung und schenken den Verzugskosten keine Beachtung“, sagt Peter Kehl. „Das klappt auch manchmal. Der Gläubiger muss nämlich abwägen, wie hoch die Erfolgsaussichten sind und ob es sich für ihn lohnt, ein Verfahren anzuleiern und weitere Kosten auf sich zu nehmen, um an seine Gebühren zu kommen.“

Julian Schmitzberger, 24, hält sich für einen zuverlässigen Schuldner. Das liegt wohl daran, dass er bis vor kurzem noch kein Online-Banking hatte und vor impulsiven Shopping-Attacken im Internet sicher war. Seine Freunde führen zum Glück weder eine Statistik, noch ist einer von ihnen Mitglied bei der Schufa. Zahlungserinnerungen kriegt er höchstens per SMS.


Fünf Tipps, die man im Kopf behalten sollte, wenn man ein Mahnschreiben bekommt:   

1.     Die veranschlagten Mahngebühren sollten nachvollziehbar sein. Wenn sie die Materialkosten übersteigen und keine sonstigen Kosten angefallen sind, sind sieben Euro schon zu viel!

2.     Bei Einwänden sofort reagieren! Der Gläubiger sollte kontaktiert werden, wenn keine Klarheit über die Zusammensetzung oder den Anlass der Gebührenerhebung herrscht. Einen Musterbrief gibt's auf mahnkosten.info

3.     Falls ein Rechtsanwalt oder Inkasso-Unternehmen eingeschaltet wird, muss dieser Schritt auch berechtigt sein. Der Gläubiger steht unter der Pflicht die Kosten niedrig zu halten.

4.     Bei Mahnungen, die über das Internet versandt werden, entstehen nur Buchhaltungskosten. Diese dürfen nicht an den Schuldner abgewälzt werden und müssen nicht bezahlt werden.

5.     Auch Schufa-Einträge können gelöscht werden, wenn der Gläubiger sie zu Unrecht veranlasst hat.

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