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Jungs, wieso vertraut ihr uns bei der Verhütung?

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Liebe Jungs,
 
Thema Pille. Die nehmen einige, ich behaupte jetzt mal: extrem viele von uns Mädchen, seit frühesten Jugendjahren. Macht im besten Fall schöne Haut, pralle Brüste, einen schmerzfreien und regelmäßigen Zyklus und schützt, das ist am allerbesten, vor der ungewollten Schwangerschaft. Natürlich macht die Pille auch ganz viel Schlimmes, zum Beispiel, wenn man sie nicht verträgt. Es gibt immer mehr Mädchen, die sie deshalb nicht mehr nehmen, aber darum soll es jetzt gar nicht gehen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Es soll darum gehen, dass die, die sie nehmen, nicht nur sich selbst, sondern auch euch damit auf den ersten Blick einen super Gefallen tun: Ihr müsst nur einen schnellen HIV- und anderweitige Geschlechtskrankheiten-Test machen und zack, seid ihr raus aus der Verhütungsnummer. Denkt ihr. Weil wir es euch halt auch weismachen, und weil es für euch bequem ist, uns das zu glauben.


 Das ist jetzt hart, und ich bin sicher, ihr wollt es nicht hören, weil es euch ganz krank macht, wenn ihr länger drüber nachdenkt, aber: Jungs, ihr seid ja so was von nicht ganz bei Trost. Wie könnt ihr uns da nur vertrauen? Wenn ich ein Typ wär’, Alter, ich würde ja jeden Abend dabei sein wollen, wenn meine Freundin oder Bettgeschichte die Pille nimmt. Und sicherzustellen, dass sie sich ein paar Stunden danach nicht allein im Klo einschließt. Im Ernst: Was weiß denn ich, was die Alte reitet? Klar, Liebe basiert auf Vertrauen, Intimität basiert auf Vertrauen und man soll sowieso immer nur an das Gute im Menschen glauben. Gleichzeitig wissen wir aber doch auch alle, dass die Menschen verrückt sind, und dass die Verrücktesten direkt unter uns weilen und dabei am harmlosesten aussehen. Und was wir noch wissen, ist, dass alle Mord-, Totschlag-, Betrug- und Verbrechensfälle der Welt fast immer in direktem Zusammenhang mit Liebes-, Sex- und Affärenangelegenheiten stehen. 
 Es passiert in der billigsten Soap ja schon drei Mal die Woche, dass eine Frau einen Typen durch ein Kind an sich binden will und huch, die Pille „vergisst“. Und es muss nicht mal der Wunsch sein, einen Typen an sich zu binden. Es können abertausend andere Vollschatten sein, die eine Frau verleiten können, einfach einen kleinen Fehler in ihren Pillenzyklus einzubauen. Es kann finanzielle Not sein, es kann eine Kurzschlussmacke sein, es kann eine ernsthafte psychische Erkrankung sein, es kann ein Vollsuff sein, es kann pure Nachlässigkeit oder Verpeiltheit sein – Jungs, es kann ungefähr fucking alles sein! Wie könnt ihr uns denn da nur vertrauen? Wir verstehen’s nicht! Dringende Aufklärung! Beste Grüße, eure Mädchen

Die Jungsantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Liebe Mädchen, eben habe ich herausgefunden, dass es sich bei dem ranzigen Lebenshilfe-Zitate, das mir bei eurer Frage durch den Kopf ging, in Wirklichkeit um das "Gelassenheitsgebet" handelt. Vermutlich, auch das habe ich herausgefunden, geht es auf Reinhold Niebuhr zurück, einen amerikanischen Theologen, der tot ist. Weil Gebete, anders als Sprichwörter, aber eher immer noch besser werden, je abgegriffener sie sind, und weil wir sonst sehr selten Gebete auf der Seite haben, kann man das also schon noch mal bringen. Finde ich. So geht es also, das Gebet: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." Frauen in geblümten Kochschürzen sticken so was sonst auf Zierdeckchen. Schon klar. Aber hier hat es schon viel Schönes, dieses Gebet. Weil: Du erzählst uns da nichts, aber auch gar nichts Neues. Alles erlebt. Die Petra, die aus Ingolstadt zum Feiern nach München kommt, ein bisschen mit dem Paul anbandelt, merkt, dass es in München doch mondäner ist als daheim – und dann eben bleibt. Weil hoppla, und wo ich jetzt eh schon mal schwanger bin, da sollten wir ja vielleicht auch besser heiraten. Meine Eltern, die du noch nie gesehen hast in den fünf Wochen, die unserer Affäre jetzt geht, die sähen das nämlich nicht so gern mit einem unehelichen Kind. Die kommen schließlich auch aus Ingolstadt. Und natürlich auch die Susi, die nach vier Beziehungsjahren von Kindern angefangen hatte. Im sechsten Beziehungsjahr hat der Jonas immer noch nicht recht gezogen bei dem Thema. Und kurz vor dem siebten dann eben zack: Pille vergessen, oder Durchfall. Oder weiß der Henker was. Schwanger jedenfalls. Uns ist übrigens klar, dass das alles ganz, ganz üble Unterstellungen sind. Aber ihr habt nun mal damit angefangen. Und zwar ja mit viel Inbrunst. Und wenn ihr so damit anfangt, dann überlassen wir das Thema Kondome jetzt mal für den Moment dem Bundesgesundheitsministerium und sagen hier deutlich: Zum Teufel ja, wir empfinden eure Kontrolle über die Verhütung in schlechteren Momenten als Waffe. Aber was hilft das schon? Man hat sich in den besseren Momenten eben mal auf eine Verhütungsmethode geeinigt. Und wenn die nicht Kondom heißt, denn herrscht eben Vertrauen – oder nackte Angst. Und in welchem Zustand kann man eine Beziehung führen? Eben. Also wieder das Gebet. Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann: Natürlich können wir sagen: Schatz, vielleicht doch mal lieber wieder mit Kondom?! Aber seid ehrlich: Wenn’s da nicht drum geht, eure Körper vom Hormon-Kram zu befreien, dann brüllt dieser Vorschlag ja heraus, dass das Vertrauen beim Teufel ist. Und dann kann man ja auch gleich alles lassen. Den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann: Wenn's die Pille für den Mann jemals geben sollte, müssen wir uns halt trauen, unsere Körper mit Hormonen vollzuballern. Oder eben die Klappe halten und vertrauen. Und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden: Schönes Wochenende. Sehen uns gleich daheim. Wir freuen uns drauf! Gruß, eure Jungs Cover: AllzweckJack/photocase.de

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