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Mädchenfrage: Zerbrecht ihr euch eigentlich auch den Kopf über Kinder?

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Seit etwa einem Jahr tobt in den Medien nun schon eine Debatte darüber, warum die Frauen hierzulande eigentlich kaum mehr Kinder kriegen wollen und kehrt in immer neuen Schleifen wieder – ich sag nur: Gebärstreik vs. Gebärmaschine und Rabenmütter vs. Latte-Macchiato-Mütter. Bis vor kurzem wäre mir diese ganze Diskussion wahrscheinlich schnuppe gewesen, aber bis vor kurzem dachte ich auch: lieber einen Hund als ein Kind. Dann wurde die Freundin eines Freundes schwanger und einige Jungs in meinem Bekanntenkreis drehten plötzlich leicht hohl: Ihr könnt doch jetzt noch kein Kind bekommen! Wir sind doch noch viel zu jung dafür! Was ist mit Party machen und Rock’n’Roll und überhaupt? Das waren die ersten Reaktionen. Obwohl sie gar nicht selbst Vater wurden, hatte ich das Gefühl, dass sie sich irgendwie um ihre Jugend betrogen sahen oder dass ihnen der Spaß verdorben wird. Da ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass das Thema Kinderkriegen bei uns Mädchen, selbst wenn wir noch gar keine wollen, immer ein Thema ist. Denn schwanger, ob gewollt oder nicht, werden eben wir und nicht ihr. Und die Frage, was mache ich eigentlich wenn, begleitet uns wahrscheinlich schon seit den ersten zaghaften sexuellen Kontakten mit euch. Ausgelöst durch die seltsamen Reaktion auf die erste Schwangerschaft in meinem Freundeskreis frage ich mich aber nicht mehr nur, was wäre wenn, sondern wann ist eigentlich für dieses wenn der richtige Zeitpunkt? Fühle ich mich nicht wirklich noch zu jung, um ein Kind zu erziehen? Ich habe doch selber noch keinen Plan. Werden sich mein Leben und meine Beziehung nicht radikal verändern? Ist mit dann wirklich Schluss mit Ausgehen? Und der Job, den ich endlich ergattert habe, ist dann auch sicher futsch (keine Festanstellung, deshalb kein Mutterschutz)? Oder bin ich beruflich schon so weit, dass ich mir eine Auszeit erlauben kann? Oder denke ich vielleicht deshalb über ein Kind nach, weil die Karriere nicht gut genug läuft? Warum ist das eigentlich alles so kompliziert? Und, verflixt noch mal, macht ihr euch eigentlich auch so einen Kopf darüber?


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wenn ich nicht so ein verdammt feinfühliger Junge wäre, der das Wesen der Frauen kennt wie seine Westentasche, würde ich glatt sagen: Nö, da machen wir uns aber so was von überhaupt keinen Kopf drüber. Warum auch? Kinder, die kriegen schließlich immer die anderen – also ihr und ansonsten auf Zeuger-Seite vor allem ältere Männer, die dann dick werden, Brei-Kotzflecken vom Bäuerchen auf der Hose spazieren tragen und niemals mehr als zwei kleine Pils trinken, wg. Frau und Kind. Warum bitteschön soll man sich denn da einen Kopf drüber machen? Warum bitteschön soll das ein Thema sein? Kinder sind – soweit ich das aus der Dritt-Sicht eines Freundes von Freunden, deren Freundinnen leider schwanger wurden, beurteilen kann – so etwas wie das Marihuana des Alterns, also die klassische Einstiegsdroge: Wer mit Kindern anfängt, kauft sich bald ein Beistell-Tischchen und genug Bauspar-Magazine dazu, um den Eintritt in genau die Kaste vorzubereiten, die er noch wenige Jahre zuvor gehasst hat wie nichts sonst– die der vernünftigen Erwachsenen. Wenn man da nicht verdammt aufpasst, sitzt man eines Tages auf dem Gel-Sattel eines „Rotalis“-Fahrrad-Reisen-Fahrrads und radelt mit einem Neon-Helm durch die Provence, hinter sich die Bälger und ein Versorgungsfahrzeug für die ganzen Puzzles, Bauklötze und Spezial-Windeln, die ein Kleinkind heutzutage mit sich zu führen pflegt. Und da haben wir noch gar nicht über die andere hässliche Seite der Kinder gesprochen – über euch, die Mädchen. Nach allem, was ich weiß, werden schwangere Frauen höchst seltsam, und zwar eigentlich vom Zeitpunkt der Empfängnis bis zum 18. Geburtstag ihres Kindes (erst haben sie keine Lust mehr auf Sex, sprechen dann circa fünf Jahre eine grenzdebile Sprache und tragen dazu die Altkleider-Sammlung auf, und wenn ihre Kinder endlich ordentlich okay sind, geraten sie in eine Lebens- und Sinnkrise, weil sie plötzlich nicht mehr gebraucht werden). Nein danke, das ist so gar kein Thema. Und ganz ehrlich – über was sollten wir uns denn auch den Kopf zerbrechen? Über die Auswirkungen auf Beruf oder Karriere? Pfff, wurscht, im Zweifelsfall betreffen uns die Auswirkungen sowieso viel weniger als euch, und egal welche Entscheidung wir treffen, wir stehen immer gut da: Wer für sein Kind zuhause bleibt, bekommt den Von-der-Leyen-Orden am Bande, wer in Beruf und Karriere richtig ochst, wird als guter Familien-Ernährer gepriesen – wir können da nichts falsch machen. Oder sollten wir uns über den richtigen Zeitpunkt den Kopf zerbrechen? Nicht nötig: Wenn es uns wirklich überkommt, kann der richtige Zeitpunkt für uns auch noch jenseits der 50 liegen, kein Problem. Oder vielleicht darüber, warum das Ganze eigentlich alles so kompliziert ist? Sorry, ist es doch gar nicht – nicht für uns. Deswegen denkt auch kein Junge großartig über Kinder nach. Das darf man aber auf keinen Fall zugeben, erst recht nicht vor Frauen. Gibt nur Ärger. Deshalb antworte ich hochamtlich und fürs Protokoll, wie es sich für einen feinfühligen Jungen gehört, dem das Wesen der Mädchen vertraut ist: Klar denken wir auch über Kinder nach. Manchmal. durs-wacker

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