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Schleichwerbung auf Instagram: Influencern drohen Strafen

Illustration: Lucia Götz

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Drei Zeichen, um genau zu sein: ein Hashtag und die Buchstaben a und d, könnten eine Menge Instagram-Influencer vor Strafzahlungen in Höhe mehrerer tausend Euro bewahren. Doch um diese drei Zeichen und die Bildunterschrift „#ad“ (engl.: „Werbung“) wird demnächst vor einem Gericht gestritten. Denn dem Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) reicht ein Hashtag nicht aus, um Werbung auf Instagram deutlich von objektiven Beiträgen zu trennen. „Für den Leser solcher Posts muss sofort erkennbar sein, dass er einen Werbepost vor sich hat“, sagt Angelika Lange, die Geschäftsführerin des VSW. Sie fordert eine Kennzeichnung für soziale Medien, wie sie im Pressegesetz für Print-, TV- und Hörfunk-Medien festgelegt ist. „In einer Zeitung steht ja auch ‚Anzeige’ über einem solchen Beitrag.“

Lange sagt, ihren Verband hätten in der letzten Zeit etliche Beschwerden aus der Wirtschaft erreicht. Deswegen habe der VSW „eine Reihe von Abmahnungen“ an diverse Influencer verschickt. Wie viele Abmahnungen und an wen genau, behält Lange für sich. „Wir wollen ja niemanden an den Pranger stellen“, sagt sie, „uns geht es ausschließlich um die Praxis.“

Schleichwerbung auf Instagram, Youtube oder Facebook ist nichts Neues. Bei so manchem Nutzer hat man ja längst das Gefühl, er lächelt nur noch mit Gesundheitstee, einem bestimmten Haarpflegeprodukt oder Protein-Shake in die Kamera. Rein zufällig vor dem Machhu Pichu oder beim Coachella-Festival. Es gibt reihenweise Mädels, die scheinbar nur dank eines bestimmten Lippenstifts total fröhlich im türkisen Wasser plantschen. Und Typen, die ausschließlich wegen Ernährungszusatz dicke Muckis noch und nöcher bekommen. Natürlich fordern sie ihre Follower mit ihren Posts dazu auf, es ihnen nachzumachen. Natürlich verdienen sie daran, wenn ihre treuen Follower ihren Kaufbefehl befolgen und mit bestimmten Codes auf bestimmten Webseiten einkaufen. Und noch natürlicher kassieren die großen Influencer mehrere zehntausend Euro, wenn sie ein bestimmtes Produkt auf eine bestimmte Art bewerben. Stylebook zufolge bezahlen Firmen bei Accounts ab 100.000 Followern bis zu 800 Euro für ein Bild, ab 1.000.000 schon 15.000 Euro.

Achtung, #ad – so sehen bezahlte Posts dann aus: 

„Dass das in Deutschland zu Problemen führt, habe ich schon lange erwartet“, sagt der Rechtsanwalt Carsten Ulbricht. Als Partner der Stuttgarter Kanzlei "Bartsch Rechtsanwälte" berät Ulbricht seit Jahren Klienten in Fragen von Social Media und E-Commerce. Weil es in Deutschland noch keinerlei Gerichtsentscheidung darüber gibt, wann ein Instagram-Post werblich ist und wann nicht, gibt es auch keine klare Vorgabe. „Wir fangen erst an, dieses Gebiet zu beackern“, sagt Lange.

In diesem Punkt ist sie sich mit Ulbricht einig: Beide wollen eine Rechtsprechung. Doch während der VSW fordert, die Regeln des Pressegesetzes auf soziale Medien zu übertragen, will Ulbricht erreichen, dass ein simples #ad genügt. „In den USA hat sich das so etabliert“, sagt er. „Dort gab es schon vor Jahren ein entsprechendes Urteil.“

Den VSW bezeichnet er als „zweifelhaften Laden“, „die mahnen massenhaft ab“, sagt Ulbricht. Deswegen strebt er ein Musterverfahren an. Einer seiner Klientinnen, die vom VSW abgemahnt wurde, hat er deswegen dazu geraten die Abmahnung zurückzuweisen. Sie habe die betreffenden Beiträge immer mit #ad kommentiert, „ich sehe also eine gute Erfolgsaussicht“, sagt Ulbricht.

Generell rät er Influencern, werbliche Beiträge entsprechend zu kennzeichnen, um Abmahnungen und etwaige Maßnahmen der Landesmedienstalten zu verhindern. „Sollten kennzeichnungspflichtige Beiträge tatsächlich überhaupt nicht gekennzeichnet worden sein, erscheint die Abgabe einer Unterlassungserklärung zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens in der Regel sinnvoll“, schreibt er auf seinem Blog. Wer eine solche Unterlassungserklärung abgibt, dann aber gegen sie verstößt, dem droht eine Vertragsstrafe von „5.100 Euro, bei drei oder mehr gleichzeitig festgestellten Verstößen sogar 15.300 Euro.“

Der Youtuber „FlyingUwe“ ist seit Anfang Juni der erste deutsche Influencer, der von der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) zu einer Geldstrafe von 10.500 Euro verurteilt wurde. Sie sah bei ihm „fortgesetzte Verstöße gegen die Werbekennzeichnungspflichten“. FlyingUwe, der eigentlich Uwe Schüler heißt, habe „trotz mehrfacher Hinweise der MA HSH unterlassen, drei YouTube-Videos, in denen er Produkte ausgiebig positiv darstellt, im Bewegtbild als Dauerwerbesendung zu kennzeichnen“. Lothar Hay, Medienratsvorsitzender der MA HSH, sagte dazu: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Wer professionell auf YouTube oder ähnlichen Plattformen agiert, muss sich auch an die geltenden Werbebestimmungen halten.“

 

Instagram will übrigens selbst zur Problemlösung beitragen. „Da sich mehr und mehr Partnerschaften zwischen Personen und Firmen auf Instagram bilden, ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Community einfach erkennt, wenn eines ihrer Mitglieder für seinen Inhalt bezahlt wird“, schreibt das Unternehmen.

 

Deshalb werde in den kommenden Wochen ein neues Feature ausgerollt. Bezahlte Posts und Stories sollen mit „Paid partnership with...“ gekennzeichnet sein. Der Ad-Hashtag und sein Rechtsstreit könnten also überflüssig werden – allerdings nur für Instagram. Youtube und Facebook haben, zumindest bislang, keine ähnlichen Maßnahmen angekündigt.

 

Deswegen will Ulbricht auch vor Gericht, wenn das „Paid partnership with“-Tag kommt. „Wir brauchen ja ein Gesetz für alle Medien, nicht nur für Instagram“ sagt er – und vermutet, dass sich der Streit um Schleichwerbung weiter verschärft. „Schließlich können andere, traditionelle Medien, fragen, warum sie sich Einschränkungen unterwerfen müssen, die es in sozialen Medien nicht gibt.“  

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