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Frauke Petry und die Sache mit der Unwahrheit

Screenshot Facebook/Faktenzoom

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Update 20.12.2016: Wir haben die Überschrift dieses Artikels geändert, weil Frauke Petry laut Übermedien offenbar eine einstweilige Verfügung erstritten hat, die die Aussage verbietet, Frauke Petry sage am häufigsten die Unwahrheit. Ebenso sind  die Petry offenbar  in den Mund gelegten Behauptungen der Studenten der Journalistenschule nicht mehr zulässig, die SPD fordere eine Obergrenze für Flüchtlinge und  aus der Türkei dürften immer noch Asylanträge gestellt werden. Beide Aussagen haben wir erst mal entfernt - beobachten den Rechtsstreit darüber aber weiter. 

Update 17.6.2016 :"Mittlerweile hat der Medien-Journalist Stefan Niggemeier den Studenten der Kölner Journalistenschule Mängel in ihrer Auswertung nachgewiesen. Laut Niggemeier wurde unter anderem ein Zitat der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry sinnentstellend verändert. Seine komplette Analyse findet ihr hier.

Wir hatten für diesen Artikel mit einem der Journalistenschüler telefoniert, der mehrfach darauf hinwies, dass es sich nicht um eine repräsentative Studie handelt. Das haben wir in unserem Text auch betont. Dass offenbar einige Zitate verändert worden waren, war für uns aus dem vorliegenden Material nicht ersichtlich. Aus Transparenzgründen haben wir an unserem Artikel nichts verändert."

Wie oft lügt Frauke Petry in Talkshows? Und wie gut kennt sich Katrin Göring-Eckardt wirklich mit Flüchtlingen aus? Das Team von Faktenzoom, ein crossmediales Projekt der Kölner Journalistenschule, ist diesen Fragen auf den Grund gegangen. Das Leitthema: Halten sich Politiker in Talkshows wirklich immer an die Fakten? Das Ergebnis: Nein, tun sie nicht. Und die Studenten haben herausgefunden, dass bei manchen Politikern sogar fast ein Viertel aller Aussagen falsch ist.

Aber wie findet man heraus, ob ein Politiker lügt? Dazu hat sich das Team von Faktenzoom hingesetzt und vier Monate lang Talkshows geguckt. Um möglichst aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, sahen sich die Studenten die Talkshows nicht live an, sondern in der Mediathek oder auf Youtube. "Wir haben Minute für Minute angesehen und ausgewertet", sagt Projektmitglied Sebastian Moritz, 25. 

Sieben Politiker standen bei den Forschungen besonders im Fokus: Darunter bekannte Talkshow-Gesichter wie Katja Kipping (Die Linke), Frauke Petry (AFD) und Markus Söder (CSU). Auswahlkriterium: Sie gehören relevanten Parteien in Deutschland an und sagen besonders viel in Talkshows. Wichtig war dem Team außerdem: Sie wollen den Politikern keine Lügen unterstellen. Sondern lediglich aufzeigen, wie oft sie von den Fakten abweichen.

702 Aussagen haben die Studenten ausgewertet. Mit einem Recherche-Leitfaden stellten sie sicher, dass alle (das Team hatte zwölf Mitglieder) dieselben Kriterien beim Faktenchecken berücksichtigen. Immer, wenn ein Politiker eine Tatsache behauptete, wurde sie in eine der folgenden Kategorien eingeordnet: "prüfbar", "Allgemeinwissen", "Binsenweisheit" und "nicht prüfbar". Nur Behauptungen, die prüfbar waren, wurden recherchiert. Ihr Projekt sei auch nicht repräsentativ und erst recht keine Studie.

Aber wie stehen die Politiker selbst zu den Ergebnissen? Bevor sie sich vor den Fernseher gesetzt und Talkshow-Bingewatching betrieben haben, informierten die Studenten die Parteien über ihr Projekt. Die fanden die Idee super. Die AFD freute sich, dass das Projekt endlich für mehr Transparenz sorgen könnte. Die SPD schrieb dem Forscherteam: "Der Faktencheck (...) versachlicht die Debatte und trägt zur Wahrhaftigkeit bei".

 

Das Projekt bekam über das gesamte politische Spektrum Rückendeckung. Bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse vergangenen Dienstag. Frauke Petry bezeichnete das Projekt in einem beleidigten Facebookpost daraufhin als eine "Mischung aus Dummheit, Anmaßung und Gesinnungsstrebertum". Und sie schimpft weiter: "Wenn dies die Zukunft des deutschen Journalismus ist, dann sollte man sich noch ernsthaftere Sorgen um diese Branche machen als ohnehin schon." Faktenzoom-Mitglied Sebastian versteht Petrys Ärger nicht: "Wir haben den Politikern vor der Veröffentlichung der Ergebnisse fünf Tage Zeit gegeben, um sich zu äußern. Manche haben das Angebot angenommen, andere eben nicht."

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