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Warum „Wonder Woman“ so wichtig ist, ...

Foto: Clay Enos / AP

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Superheldenfilme gab es in letzter Zeit ja zu Genüge. „Es gibt nie genug“, werden Comicfans jetzt widersprechen. Sie mögen recht haben, aber es waren einige. Manche haben mehr und manche weniger Aufsehen erregt, aber der Superheldenfilm, der am 2. Juni in den USA anläuft, wird schon jetzt heftig diskutiert, im Libanon verboten, mit Lob überschüttet, er löste einen Shitstorm aus, in den der Bürgermeister von Austin eingreifen musste, und in New York werden gerade Spenden für Schülerinnen gesammelt, damit sie sich den Film ansehen können. Der Grund für all die Aufregung ist vor allem einer: Der Held ist eine Frau. Es geht natürlich um „Wonder Woman“.

 Die Geschichte um die Amazonenprinzessin führt, im Prinzip seit sie 1941 zum ersten Mal in einem Comic auftauchte, immer wieder zu neuen Diskussionen: Zum Beispiel zwischen denen, die nicht einsehen wollen, dass Superkräfte mit Brüsten und einer Vagina vereinbar sind, und denen, die Wonder Woman als Inbegriff der feministischen Revolution sehen. Wie sich die Superheldin seit ihrer Entstehung entwickelt hat, von einer feministischen Ikone zu einer Jungfrau in Nöten und wieder zurück, empfiehlt es sich unbedingt, in diesem Comic nachzulesen.

Denn heute, 76 Jahre später, wird der Filmstart wieder zum Anlass genommen, um über Wonder Woman, Sexismus und Gleichberechtigung zu streiten. Im folgenden Fall ging es aber mal nicht um die Gleichberechtigung der Frauen, sondern um die der Männer:

Das "Alamo Drafthouse Cinema" in Austin hatte für den 6. Juni eine Vorstellung nur für Frauen angekündigt: „Die ikonischste Superheldin in der Geschichte der Comicbücher hat endlich ihren eigenen Film und wie könnte man das besser feiern als mit einer Vorstellung ausschließlich für Frauen? Verzeihung, die Herren, aber wir ergreifen unsere Girl Power und sagen „keine Jungs erlaubt“ für einen besonderen Abend im Alamo Ritz.“

Bürgermeiter von Austin hat die perfekte Antwort auf Hassbrief

Die Antwort darauf: Ein böser Shitstorm mit dem Inhalt, dass das wohl jetzt die neue Form der Gleichberechtigung sei und dass bei einer Vorstellung nur für Männer alle Feministinnen ausgerastet wären. Ein Mann namens Richard Ameduri war besonders erzürnt und sammelte seinen Zorn in einen Brief an Steve Adler, den Bürgermeister von Austin.

Er schreibt, dass er alle Männer dazu aufrufe, Austin zu boykottieren und dem Ansehen der Stadt zu schaden. Die Idee einer weiblichen Heldin sei ein gutes Beispiel dafür, dass Frauen sich gerne mit dem Anschein von Erfolg schmücken, ohne wirklich etwas zu leisten oder erfolgreich zu sein. Von klein auf würden sie lernen, dass es okay ist, mit Make-Up so zu tun, als seien sie besser, als sie eigentlich sind, und bei Olympia würden sie Goldmedaillen einheimsen, obwohl sie nur gegen die zweitklassigen Athleten antreten. Alles in allem seien Frauen das „zweitrangige Geschlecht“. Und wenn es keine Gegenveranstaltung nur für Männer gebe, dann werde er niemals nach Austin kommen.

 

Krasse Drohung – dachte sich wohl auch Bürgermeister Adler und antwortete mit einer genialen Mail:

 

„Lieber Herr Ameduri, ich schreibe, um Sie darauf hinzuweisen, dass Ihr Mail-Account gehackt wurde von einer  bedauernswerten und ungewöhnlich feindseligen Person. Bitte stellen Sie die Sicherheit Ihres Accounts sofort wieder her, damit die unwissenden und sexistischen Tiraden Ihren Ruf nicht beschädigen.“

 

Seinen Brief schließt Adler mit dem Hinweis, dass er sich bei einem zukünftigen Besuch in Austin bewusst sein sollte, dass dort alle willkommen seien, selbst Leute wie der Verfasser der E-Mail, deren Ansichten eine Schande für Modernität, Anstand und den gesunden Menschenverstand seien.

 

Spendensammlung für Kinotickets

 

Dass es noch Menschen gibt, die solche Ansichten vertreten und das auch noch öffentlich, zeigt umso mehr, wie wichtig echte Superheldinnen in unserer Zeit sind. Im Alltag oder eben in Kinofilmen, vor allem, wenn die so gut sind, wie die Kritiken bisher versprechen. Und sie zeigen auch, wie wichtig es für junge Menschen ist, starke feministische Vorbilder gezeigt zu bekommen, um sich an ihnen zu orientieren im Kampf gegen die Richard Ameduris dieser Welt.

Deshalb sammelt auch die gemeinnützige Organisation Girls Inc. in New York gerade Geld, um 70 Schülerinnen das Kinoticket zu bezahlen. Die Aktion wurde zusammen mit der „Legion of Women Writers“ gestartet, einem Netzwerk für Frauen, die in der Medien- und Unterhaltungsbranche arbeiten. Was auf noch einen Grund hinweist, warum die „Wonder Woman“-Verfilmung so wichtig ist: Mit Patty Jenkins steckt zum erstem Mal eine Frau als Regisseurin hinter einer so teuren Superhelden-Produktion. Und mit dem Erfolg, der dem Film jetzt schon prophezeit wird, dürfte das die Türen nicht nur für starke Frauenrollen, vor sondern auch hinter der Kamera einen Spaltbreit weiter öffnen. Die gewünschten 1200 Dollar für die Kinotickets waren auf gofundme.com jedenfalls schon nach einem Tag zusammen. Mittlerweile wurde das Finanzierungsziel schon zum zweiten Mal erhöht, auf mittlerweile 7000 Dollar.

 

Vielleicht sollten die Initiatorinnen der Kampagne darüber nachdenken, die Überfinanzierung dazu zu nutzen, auch die männlichen Schulkameraden mit ins Kino zu nehmen. Und ja, vielleicht sollte es auch „Wonder Woman“-Veranstaltungen nur für Männer geben, damit auch die aufgebrachten Email-Schreiber aus Austin den Film sehen. Denn natürlich ist es für Frauen wichtig, starke weibliche Figuren in der Popkultur zu finden, aber genauso wichtig ist es doch auch für Männer, zu sehen, dass es diese Figuren gibt. Am allerbesten wäre sicherlich, in allen Schulen einen allgemeinen Kino-Pflichtbesuch für „Wonder Woman“ einzuführen. Die Schüler und Schülerinnen würden sich sicher überreden lassen, auf ein bisschen Mathe zu verzichten für eine Lehrstunde in Sachen Feminismus und eine Tüte Popcorn.

 

Bei uns kommt der Film am 15. Juni in die Kinos.

 

tf

 

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