Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Innenministerium will Selfie-Verbot für die Bundestagswahl

Foto: Instagram

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Eigentlich ist es ja schön, wenn Bürger Begeisterung für die Demokratie zeigen. Wenn sie wählen gehen, stolz darauf sind, das auch zeigen und damit womöglich ihre Mitmenschen motivieren, es ihnen gleichzutun. Stichwort Wahlbeteiligung, Stichwort lebendige Demokratie, Stichwort Bürgerpflicht. 

Nun leben wir aber in einer Zeit, in der man, wenn man anderen Menschen etwas zeigen möchte, das Internet zu Hilfe nimmt. Genauer: Man fotografiert sich. Heißt: Der stolze Wähler der Gegenwart postet ein Selfie aus der Wahlkabine. Und hat damit künftig ein Problem.

Der Spiegel berichtet in seiner jüngsten Ausgabe von Plänen des Bundesinnenministeriums, solche Wahlkabinen-Selfies bei der kommenden Bundestagswahl zu verbieten. "Zum Schutz des Wahlgeheimnisses" soll in der Wahlordnung festgelegt werden, dass "nicht fotografiert oder gefilmt werden darf", zitiert das Magazin Regierungskreise. Der Paragraf 56 der Bundeswahlordnung solle geändert werden, damit der Wahlvorstand künftig Bürger von der Stimmabgabe ausschließen kann, wenn sie beim Knipsen ihres Wahlzettels in der Kabine erwischt werden.

Streng genommen ist das nur logisch: Die Wahl muss laut Grundgesetz geheim sein, das Bundeswahlgesetz verlangt, „dass der Wähler den Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen und falten kann“. Wenn man beides konsequent auslegt, erscheint es schlüssig, dass der Wähler sich auch nicht selbst via Smartphone der Beobachtung des Internets aussetzen darf.

Zuletzt gab es um Ballot-Selfies - so werden sie im englischsprachigen Raum genannt - Aufregung, als bei den Präsidentschaftswahlen in den USA einige Promis ihre Follower live an der Ausübung ihrer Bürgerpflicht teilhaben ließen. Darunter waren zum Beispiel Justin Timberlake und Eric Trump, der Sohn des Präsidenten, der per Twitter ein Foto seines Wahlzettels samt Kreuz über dem Namen seines Vaters verbreitete.

Zur Verteidigung der US-Selfiesünder muss man allerdings festhalten: In den USA ist die Gesetzeslage etwas undurchsichtig, weil die Bundesstaaten für die Wahl-Regeln verantwortlich sind. Ballot-Selfies sind deshalb teils bei Geldstrafen von bis zu 1000 Dollar verboten, teils erlaubt – und teils müssen sich Gerichte damit befassen, ob das Wahlgeheimnis dadurch verletzt wird oder nicht. Im Bundesstaat New Hampshire ging sogar Snapchat gegen die Anti-Selfie-Gesetze vor und bekam in einem Gerichtsverfahren schließlich Recht.

 

Eine Frage bleibt allerdings noch offen: Wenn die Wahl geheim bleiben soll, wie soll dann kontrolliert werden, dass keiner heimlich in der Wahlkabine sein Smartphone hervorkramt?

 

che

  • teilen
  • schließen