Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Durchgehört und aufgeschrieben:

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Platten, die diese Woche neu sind. Euroboys - Soft Focus Cobra Killer - 76/77 Mike Ladd - Nostalgilator Blend Crafters - Blend Crafters Vol 1. Von Spar - Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initative The Album Leaf - In a Safe Place Euroboys! Euroboys! Aus Norwegen. Damit müssen wir heute anfangen, denn: die Vorgängerplatte war ausgesprochen nett. Wenn man die irgendwo aufgelegt hat, mussten alle Menschen immer sofort tanzen, selbst wenn sie eine Schale Hühnerklein in der Hand hatten. Jetzt also haben die akut unbekannten Euroboys eine neue Platte. Auf der CD ist so ein Siebziger-Jahre Protzauto, was nie schadet. Aber dann, das erste Lied: soft. Das zweite Lied: soft. Das dritte Lied: auch soft. Die ganze verdammte Platte: soft. Steht ja auch schon im Titel. Langatmiges Gesoftrocke mit authentischen Gitarrensoli und ungepflegten Koteletten. Ich beobachte mein an die Tür gelehntes Tanzbein: Es rührt sich nicht. Kein bißchen. Euroboys was soll das? Habt ihr den Typen mit dem Groove rausgeschmissen? Ich höre die Platte noch elfmal, später. Jetzt erstmal weiter zu den Cobra Killerbienen aus Berlin oder so, die der Pressetext anpreist wie die Lösung aller Probleme. Sogar Sonic Youth hätten die dufte gefunden, steht da viermal. Es ist dann aber zum Glück nur: Dauergerumse mit hysterisch gekrähten Parolen. Beat hier, Frauengekrähe da und dann schön durcheinander. Ich weiß nicht, wo man so eine Platte mit Genuß hören soll. In einem Hubschrauber vielleicht? Dieses fade Wiederholen. Im ersten Lied singen die Girls 47 mal hintereinander "Let's have a problem". Puh, Ödnis is their Taufpate. Fanden Sonic Youth sicher auch, haben's aber nicht gesagt, weil sie später mit den Girls noch Sonic auf dem Sega MegaDrive spielen wollten. In einem Lied singen die jungen Damen auch mal deutsch und zwar unentwegt den Satz "Was soll ich mit ner Ledercouch?" Drauf sitzen und zur Abwechslung mal mit dem Hintern lustige Geräusche machen! Auf der nächsten Platte steht Mike Ladd und den Titel "Nostalgilator" finde ich ganz gemütlich. Das erste Lied heißt "Dire Straits Play Nuremberg" - wie groß ist das denn! Zu hören ist dann, äh, Sprechgesang mit so elektronischem Frikasse dahinter. HipHop irgendwie, aber eher für fröhliche Fahrradkuriere. Ich muss jedes Lied skippen, weil mich so schnelles Gerede ganz nervös macht. Beim Skippen trinke ich Gösser-Bier aus der Dose, weil ich gestern in Österreich war. Das Gösser ist gar nicht schlecht, aber man bekommt davon so einen Gösser-Bauch, wie ihn alle Österreicher über 32 haben. Hm, der Nostalgilator brummt immer noch. Es gibt sicher irgendwo eine halbe Milliarde Menschen, die mir aus dem Stehgreif erklären können, warum Mike Ladd der absolute Supertyp ist und eine Statue auf dem Mond bekommen sollte. Aber hier in meinem kleinen Zimmer am Ende der Welt äh, München, habe ich keine Ahnung, warum. Raus damit! Auf die Schublade kommt jetzt Blend Crafters, von denen ich nichts weiß und den Pressetext verstehe ich auch nicht, muss aber über die Adresse der Plattenfirma lachen, die residiert nämlich im Zippelhaus 5A. Zu hören ist, verdammt, schon wieder HipHop. Irgend jemand aus der Redaktion hat mit Bleistift auf den Pressetext "nice oldschool" geschrieben. Das finde ich dann auch. Glaube ich. Wir schalten nach Hamburg. Von Spar, jaja, bei Lado. Ich weiß schon, das muss man jetzt gut finden, deswegen sage ich nur ganz leise und hämisch "Pöh, neue deutsche Welle war auch schon mal neuer!" und nicke dazu freundlich im Takt. Merkt ja keiner, dass ich nur so tue. Und weg damit, ins Regal für angesagten Müll. Wo wir schon im Norden sind - ab nach Island, da hat The Album Leaf bzw. der Mensch dahinter, ein sogenannter Jimmy LaValle, sein neues Album aufgenommen. Natürlich mit den Typen von Sigur Rós und Múm und allerlei anderen isländischen Flüstermöpsen. Ziemlich angenehm nach dem ganzen hektischen Geplärre: Akustikgitarre, Geigen und andere lange Geräusche. Ein bißchen Gesang, ein bißchen Schmerz und schon haben wir eine Platte, die ich tagelang an meinem Busen tragen würde, wenn schon Herbst wäre. Jetzt bin ich dafür aber noch zu lustig und trage deswegen lieber eine Dose Gösser-Bier.

  • teilen
  • schließen