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Bass Sultan Hengzt reagiert auf Jennifer Rostocks „Hengstin“

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Was Bass Sultan Hengzt getan hat, als er das neue Lied „Hengstin“ von Jennifer Rostock entdeckt hat? Er hat sich „einen gekeult“ und nach dem Finish gedacht: „Ey, geiler Beat. Darauf rapp ich.“ 

So erklärt der Rapper zumindest die Entstehung von „Stute“ am Beginn des Videos. Dass er bei diesem kreativen Entstehungsprozess geistig wohl nicht ganz anwesend war, weil er ja, wie er sagt, an sich selbst herumgespielt hat, erklärt vielleicht auch, warum seine Antwort auf „Hengstin“ so peinlich ist. Die Reime, die darin vorkommen, lassen vermuten, dass er sie aus der Porno-Ramsch-Kiste zusammengeklaubt hat: „Du laberst von Feminismus / Doch ich hör nur raus, dass du an den Dick musst / Da ist noch eins, was du wissen musst / Von zu viel blasen auf den Knien reißt der Meniskus“. 

Peinlich ist auch, dass sich Bass Sultan Hengzt wohl aufgrund des Titels „Hengstin“ persönlich angesprochen gefühlt hat. Und weil Stummbleiben bekanntermaßen als Zustimmung gedeutet wird, hat der Rapper diese Herausforderung von Jennifer Rostock natürlich nicht unerwidert auf sich sitzen lassen können. Dabei heraus kam eben „Stute“, ein Lied, das dem Rapper hoffentlich ein Fremdwörterbuch zu Weihnachten beschert, in dem er nachschlagen kann, was „Feminismus“ bedeutet. Und es dadurch vielleicht schafft, im 21. Jahrhundert anzukommen. 

Während „Hengstin“ nämlich vor starken, feministischen Klängen und Tönen schier aus den Lautsprecherboxen zu platzen scheint, fragt man sich bei „Stute“, ob man nicht aus Versehen auf einen Porno geklickt hat. Das liegt nicht nur an der blonden, tätowierten Frau in schwarzer Unterwäsche, die sich auf dem Bett räkelt und Frontfrau Jennifer Weist darstellen soll. Es liegt vor allem an den Sätzen, die sich Bass Sultan Hengzt aus dem Mund zieht: „Ein paar Fragen fielen mir dazwischen ein / Müsste sie nicht in der Küche sein? / Find’ ich ihre Brüste klein? / Und wie riecht sie wohl zwischen ihren Beinen?“ Dreh- und Angelpunkt seiner archaischen Gedankengänge ist auch wieder Jennifer Weist, der schon sein Tweet vom 28.10 galt: ein Foto von ihr und der Message „Würde ich decken.“

Auch bei "Hengstin" kann man sich fragen, inwiefern bestimmte Parts des Videos sich um eine Stärkung des Feminismus verdient machen. Aber zu so einer Diskussion kommt es ja bei "Stute" nicht mal.

Der misogyne Ton zieht sich hier durch die gesamten 3:52 Minuten, in denen sich der „Hengst“ hinter einer fetten Sonnenbrille versteckt. Besonders schön sind die Momente, in denen sich der Kameramann in den schwarzen Gläsern spiegelt – denn sie sind die einzigen, in denen so etwas wie Reflektiertheit erkennbar ist. Vielleicht sieht er mit seiner Brille aber auch nur in die gute, alte Vergangenheit, in der man mit peinlichem Herumgeprolle in Form von frauenverachtenden Darstellungen und Champagnerflaschen vierzehnjährige Jungs begeistern konnte.  

Apropos Herumgeprolle: Eigentlich dachten wir ja, Bass Sultan Hengzt sei schon ein bisschen weiter und reifer und klüger als "Stute" jetzt vermuten lässt. Zumindest sagte er 2014 in einem Interview mit jetzt, dass er "keine Prollscheiße" mehr machen wolle und schockiert gewesen sei, dass Fans ihn für einen Frauenhasser gehalten hätten. "Diese Typen hatten kein bisschen gepeilt, dass das mein Humor ist", erklärte sich der Rapper damals und fügte hinzu, dass er "sehr viel reifer geworden"sei. Und auch, als er 2015 auf seinem Album "Musik wegen Weibaz" zwei sich küssenden Jungs platzierte, reagierte er eigentlich cool auf die homophoben Kommentare, die es von seinen Fans hagelte. Seine Reaktion: "Schön, dass die sich aufregen."

Das also bleibt die letzte Hoffnung: dass "Stute" auch wieder so eine Aufrege-Aktion ist. Aber ob dieses Werk auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen soll wie das Kuss-Cover, ist zu bezweifeln.

mew

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