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„Alle dachten, ich bin ein bisschen deppert, weil ich nicht richtig schreiben kann“

Nachdenkliche Sprüche mit Bilder

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Sebastian Zawrel redet bayerisch, ist 32 Jahre alt, wohnt in Amberg und arbeitet als Großhandelskaufmann. Seine Facebookseite „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“ hat mehr als 220.000 Likes, wirkt dafür aber ziemlich bodenständig. Wir haben ihn angerufen und uns mit ihm über schlechtes Deutsch, Menschen, die Spruchbilder liken, und Money Boy unterhalten.

jetzt: Deine Sprüche strotzen vor Fehlern. Wieso schreibst du, wie du schreibst?

Sebastian Zawrel: In den Timelines gibt es Leute, die nicht richtig schreiben können. Und genau diese Leute teilen gerne diese Motivationsspruch-Bildchen und machen sie teilweise auch selbst, was oft ziemlich witzig anzuschauen ist. Scheinbar kam vor mir keiner auf die Idee, das auf die Spitze zu treiben. Ich schätze, es hat genau zur richtigen Zeit eingeschlagen.

Wie fing das alles an? War das geplant?

Da muss ich jetzt etwas weiter ausholen.

Ja bitte!

Vergangenes Jahr im März lag ich zwei Wochen mit Grippe flach und mir war wahnsinnig langweilig. Also habe ich einen Fake-Account erstellt und in verschiedenen Amberger Foren meinen Senf dazugegeben. Mit dem schlechten Deutsch bin ich in den Foren richtig bekannt geworden, und alle dachten, ich bin ein bisschen deppert, weil ich nicht richtig schreiben kann. Dann habe ich zu dem Account die Seite gemacht, sie ist erstmal ein halbes Jahr dahingedümpelt und hat kaum Likes bekommen. Letztes Jahr im Oktober entstand dann diese Eigendynamik. Aber geplant war es nicht, dass ich so eine riesige Seite aufziehe.

Was möchtest du mit deiner Seite erreichen?

Mein Ziel ist es, Leute zu unterhalten und auch Leute zu ärgern, die es nicht verstehen, das finde ich schon ganz amüsant.

Es gibt Leute, die deine Sprüche ernst nehmen?

Ja, ich bekomme immer noch wahnsinnig viele Mails, in denen die Leute sagen, wenn ich schon nicht schreiben könne, solle ich doch bitte nicht so eine Seite machen. Am Anfang hat es bestimmt die Hälfte nicht verstanden, inzwischen würde ich sagen, dass es die Leute zu 95 Prozent kapieren. Wenn jetzt jemand in die Kommentarzeilen etwas schreibt, mit dem er zeigt, dass er es nicht verstanden hat, finden die Leute, die meine Seite liken, das auch ganz witzig.

Nachdenkliche Sprüche mit Bilder
Nachdenkliche Sprüche mit Bilder
Nachdenkliche Sprüche mit Bilder
Nachdenkliche Sprüche mit Bilder
Nachdenkliche Sprüche mit Bilder

Vor einem Jahr hast du in einem Interview noch selbst gesagt, dass du das Ganze ernst meinst.

Das stimmt, das war in der Anfangszeit, als die Seite groß wurde. Ich war damals selbst komplett erschrocken, ich habe über Nacht Mails vom SWR und vom BR bekommen und habe mir gedacht: Jetzt muss ich es durchziehen. Dann habe ich darauf beharrt, dass es ernst ist. Inzwischen habe ich die Sache aber aufgelöst. Mit inzwischen 220.000 Likes müsste eigentlich auch der Letzte gecheckt haben, dass es Satire ist.

 

Die Leute, die deine Sprüche kommentieren, machen sich die Satire sogar selbst zu eigen. Sie schreiben in der Sprache, die du verwendest.

Genau, das hat sich mit der Zeit ergeben, dass in den Kommentaren kaum noch ein Wort richtig geschrieben wird.

 

Man könnte sagen, du prägst dadurch die Jugendsprache. Was hältst du von den Vorschlägen zum Jugendwort des Jahres?

Mir ist von den Wörtern keines geläufig. Ich denke eher, dass die zur Wahl stehenden „Jugend“-Wörter eigentlich von irgendwelchen Marketingexperten stammen. Ich kenne keine 16- oder 17-Jährigen, die so reden. Vielleicht tun das manche, ich kann es mir schwer vorstellen.

 

Deine eigene Kunstsprache, vor allem die „1“, erinnert an den Rapper Money Boy. Hat er dich inspiriert?

Damals, mit meinem Fake-Account, habe ich die Seite von Money Boy verfolgt und er hat immer  diese „1“ statt „eins“ geschrieben. Das hab ich dann auch gemacht und beibehalten. Aber das schreibe ich nicht auf meine eigene Kappe, dass ich die 1 ins Internet gebracht hätte.

 

Du hast als Rapper 2005 unter dem Namen Exzess1 selbst ein Album rausgebracht. „Jamberg über alles“ heißt es.

Ach, das sind uralte Kamellen. Ich würde es unter Jugendsüden einordnen.

 

Rappst du denn immer noch?

Ich habe im Freundeskreis einige, die rappen, zum Beispiel der Boarische Bou oder Liquid. Wenn man da mal zusammen sitzt und was trinkt, dann nimmt man was auf, aber das ist just for fun. Ich habe keine Ambitionen, in der Richtung etwas zu starten.

 

Und wie geht es mit „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“ weiter?

Gerade habe ich das Postkartenbuch über den Riva-Verlag herausgebracht. Das ging nicht von mir aus, der Verlag ist auf mich zugekommen. Jetzt möchte ich erst einmal sehen, wie sich das Buch verkauft. Wenn es gut läuft, könnte ich mir zum Beispiel ein Buch mit einzelnen thematischen Kapiteln vorstellen, mit nachdenklichen Sprüchen zu jeder Lebenslage.  

 

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