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So kriegst du die Haare schön

Illustration: Daniela Rudolf

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Schon ein First-World-Problem, klar, aber dafür ein ganz schön großes: Beim Friseur weiß man nie, wie man ihm eigentlich klar macht, was man wirklich will. Oder noch schlimmer: Man weiß es selbst nicht mal wirklich und muss sich irgendwie ans Ziel hangeln. Und dann, wenn die Haare ab sind, weiß man nicht, ob und wie man jetzt um Korrekturen bitten soll. Ein einziges Minenfeld, so ein Friseurtermin.

Deshalb haben wir mal einen gefragt, der es wissen muss: Julian Knapp, 28 Jahre alt, führt gemeinsam mit seiner Mutter einen Friseursalon in Elsdorf in Niedersachsen. Seine Kunden kommen für einen Haarschnitt sogar aus Hamburg und Bremen angereist.

jetzt: Wenn mir ein Friseur eine hässliche Frisur macht, erfährt der das gar nicht, weil ich denke: „Auch schon egal, bloß weg hier.“ Bin ich damit ein Einzelfall?

Julian Knapp: Nee, bist du garantiert nicht. Die Leute sagen oft lieber gar nichts, statt sich zu beschweren. Ich kenne das ja von mir selbst, zum Beispiel in Restaurants: Das Essen war irgendwie nicht so geil, aber was soll man machen? Geh ich halt nächstes Mal woanders hin. Dabei ist Nichtssagen, Abhauen und nicht mehr wiederkommen wirklich die schlechteste Lösung von allen, davon hat keiner was.

Aber kann man bei einer ruinierten Frisur denn überhaupt noch was machen? 

Klar, immer. Man muss eben nur Klartext miteinander sprechen. Und dann schneidet oder färbt man so lange weiter, bis der Kunde zufrieden ist. Beim Färben ist es doppelt sinnvoll, das Problem sofort anzugehen. Denn je frischer die Farbe, desto einfacher ist es, sie noch zu beeinflussen.

Wie bereite ich mich denn idealerweise auf einen Friseurbesuch so vor, dass es gar nicht erst zu so einer Situation kommt?

Man muss erst einmal den richtigen Friseur finden. Ich vergleiche das ganz gerne mit Tattoostudios: Wer ein Tattoo will, rennt auch nicht in die nächstbeste Bude und lässt da irgendjemanden drauflosstechen. Man guckt sich die Läden und Typen doch erstmal an und nimmt sich Zeit, das richtige Studio zu finden.

Aber wie gehe ich da vor?

Überlegen: In was für einen Salon möchte ich denn gern? Eher in eine Wellnessbude, einen Technoladen, wo fühle ich mich wohl? Ein Friseurbesuch ist ja auch Seele baumeln lassen, sich ausklinken aus allem, was nervt. Da muss man gern hingehen. Entdeckt man einen, der ganz passend aussieht, würde ich auf jeden Fall persönlich hingehen und mich beraten lassen, bevor ich einen Termin mache. Oder, noch besser: Mir dort probehalber mal die Spitzen schneiden lassen und abchecken, wie die drauf sind. Und unbedingt fragen, was die für Ideen hätten, falls man mal was Aufwendigeres wollen würde. Und wenn das alles gut klingt: Termin fürs nächste Mal ausmachen und das Aufwendigere wagen.

Und wie mache ich dem Friseur klar, was mir genau vorschwebt? 

Unbedingt Bilder zeigen! Seit es Smartphones gibt, ist das ja super einfach und angenehm geworden. Google-Bildersuche, Instagram und Beauty Blogs, man findet da echt alles in jeder Variante und zwar richtig schnell. Viel besser als das ewige Rumblättern in diesen trostlosen Frisurenbüchern von 1981, die früher immer beim Friseur rumlagen. 

 

Kann ich meine Wunsch-Frisur auch beschreiben?

Mündliche Beschreibungen sind immer so eine Sache. Da gehen die individuellen Vorstellungen einfach zu weit auseinander. Was ich unter einem Zentimeter verstehe, ist meist etwas anderes, als der Kunde unter einem Zentimeter versteht. Und was für mich ein Kupferrot ist, ist für jemand anderen schon braun.

 

„Einige haben sehr unrealistische Erwartungen an einen Friseurbesuch“

 

Und wenn sich jemand etwas aussucht, das überhaupt nicht zu seinem Typ passt? Sagst du das dann?

Ich bin ziemlich experimentierfreudig, ich sage dann eher: „Wenn du dir das wünscht, probieren wir das natürlich aus!“ Aber ich breche eh gern mit Regeln. Es wurde zum Beispiel immer gelehrt, dass es bei der perfekten Frisur darum geht, die ideale Gesichtsform herauszuarbeiten, die da wäre: oval. Aber wieso sollen denn alle ovale Gesichter haben? Meine Freundin zum Beispiel hat ein recht rundes Gesicht, nach Friseurmaßstäben würde man das durch die Frisur jetzt zu schmälern versuchen. Verstehe ich nicht. Sie hat die schönsten Wangenknochen der Welt, ich finde, die muss man betonen, das ergibt doch erst den Wow-Effekt.

 

Gibt es etwas, das dich an Kunden ärgert?

Einige haben schon sehr unrealistische Erwartungen an einen Friseurbesuch. Die haben es eilig, wollen mal eben blonde Haare oder ein tolles Volumen und rufen dann an oder schreiben bei Facebook, was das denn so pauschal koste und wie schnell das ginge. Das kann man aber gar nicht sagen, ohne die Person gesehen zu haben. Bleiben wir beim Beispiel blond: Da muss ich erstmal gucken, was die Person für Haare hat, wie lang die sind, welche Farbe die haben, was da drin ist. Reicht da ein Aufheller oder muss man da vielleicht zwei Tage dran arbeiten, weil sie vorher schwarz waren und noch dazu zwei Meter lang sind? Auch etwas anstrengend sind die, wie soll ich sie nennen, … Hypochonder?

 

Hypochonder?

Naja, vielleicht ist es nicht ganz das richtige Wort. Sagen wir es so: Der Arzt hat Hypochonder als Patienten, der Friseur hat Kunden, die sich ganz entschlossen hinsetzen und sagen: „Also ich will jetzt mal alles anders, ich will eine komplette Typveränderung! Aber auf gar keinen Fall mehr als einen Zentimeter abschneiden und Farbe auch nicht.“ Da fehlen einem dann natürlich die Worte. Was soll man da vorschlagen? Eine schöne Flechtfrisur?

 

Was machst du als Friseur, wenn du merkst, dass du mit einem Kunden oder einer Kundin nicht klarkommst?

Ehrlichkeit. Alles andere endet in Unzufriedenheit auf beiden Seiten. Kenn ich von Kollegen, die nachher sagen: „Ich hab’s irgendwie geahnt, dass das mit der so endet.“ Dann sag ich: „Wieso hast du es dann überhaupt gemacht?“ Jeder Friseur muss in dem Salon, in dem er arbeitet, die Freiheit haben, einen Kunden von vornherein an einen Kollegen oder eine Kollegin abzugeben, wenn er ein blödes Gefühl bei der Sache hat. Dafür muss man die Eier in der Hose haben. Und zwar nicht nur, wenn es um Sympathien geht, sondern auch, was das technische Know-How angeht. Wenn jemand eine Frisur verlangt, bei der man weiß, dass die Kollegin sowas besser kann, muss man frei raus sagen können: „Du, das ist nicht mein Gebiet, mach lieber einen Termin bei meiner Kollegin.“

 

„Sich mit dem  Friseur gut zu verstehen und offen reden zu können, ist wichtig für das Gelingen eines Haarschnitts“

 

Und andersherum: Wenn ich in dem Salon eine Friseurin sehe, die mir vom Stil und von der Art her irgendwie sympathischer ist als die, die mir zugeteilt wurde, darf ich das dann sagen oder ist das eine Beleidigung?

Das als Friseur als Beleidigung aufzufassen, wäre falscher Stolz. Sich mit dem eigenen Friseur gut zu verstehen und offen reden zu können, ist mit das Wichtigste für das Gelingen eines Haarschnitts. Im Zweifel also immer zu der Person gehen, die einem am passendsten erscheint. Man kann das ja freundlich sagen. Oder, noch besser und etwas höflicher: Sich bei der Person, die einem zugeteilt wurde, nur den Pony nachschneiden lassen und das nächste Mal bei der gewünschten Kollegin einen Termin machen.

 

Warum benutzen Friseure eigentlich so gerne Rundbürsten? Zu Hause macht das ja kein Mensch und eigentlich sorgt es auch nur dafür, dass sich die neue Frisur irgendwie perückenhaft anfühlt.

Das ist eine Frage der Kommunikation beim Styling, kann man ja vorher klären. Rundbürste macht man oft, um ein bisschen Volumen in die Haare zu bringen, aber im besten Fall fragt einen der Friseur vorher, was für ein Styling einem später vorschwebt und empfiehlt einem dann etwas Passendes. Wenn man nur föhnen will und bisschen Glätteeisen, ganz wie zu Hause, oder auch einfach gar nichts, außer an der Luft trocknen lassen, muss man das sagen.

 

Wo lässt du dir privat deine Haare schneiden?

In meinem Salon. Es sei denn, ich bin auf Reisen. Da muss ich mir dann was suchen, und das ist gar nicht mal so einfach. Mein aktueller Haarschnitt kommt aus Toronto.

 

Und wie sagst du deinem Friseur, was du genau willst?

Ich sag eigentlich gar nicht viel, außer: „Schau mich an und mach mal, worauf du so richtig Bock hast. Wenn du deinen Job liebst, wird schon was Gutes dabei herauskommen.

Noch mehr, was du außer deinen Haaren am Körper herumträgst:

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