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Warum lässt du dir dein Gesicht tätowieren?

Foto: privat

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„Ich habe schon Jobangebote wegen meines Gesichts bekommen“

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Svetlana (23), arbeitslos, aus Zebulon (North Carolina, USA)

Foto: privat

"Als ich mein erstes Gesichts-Tattoo habe stechen lassen, war ich 18 Jahre alt. Der erste Laden, bei dem ich war, wollte es erst nicht machen, da bin ich woanders hin gegangen. Ich habe mir ein kleines Herz unter das Auge stechen lassen. Das Symbol gefällt mir, weil es dafür steht, dass ich ein großes Herz habe, wovon ich zu selten Gebrauch mache. Das zweite habe ich mir mit 19 stechen lassen, es ist das Luzifer-Symbol auf meiner Wange. Ich glaube an die gute Seite von Luzifer. Für mich ist Luzifer jemand, der mir bei der Orientierung hilft. Ansonsten habe ich noch auf der Stirn ein buddhistisches Muster, eine Zombiefrau auf dem Hals, weil ich gerne Horrorfilme schaue, und noch viel mehr.

Viele der Tattoos haben mit meinem polytheistischen Glauben zu tun. Ich erkenne viele Gottheiten an, besonders die dunklen. Als ich das zweite Tattoo habe machen lassen, habe ich niemandem davon erzählt. Die Leute, denen ich dann zum ersten Mal wieder begegnet bin, haben ziemlich komisch reagiert. In der kleinen Stadt, in der ich wohne, sind sehr viele Menschen engstirnig und konservativ eingestellt. Meine Familie ist christlich und da ist das schon ein Problem gewesen. Meine Mutter fand das nicht so cool. Inzwischen hat sie aber verstanden, dass ich sowieso mache, was ich will. Es passiert mir manchmal, dass Menschen die öffentliche Toilette verlassen, wenn ich sie betrete. 

Es gibt in meiner Stadt sonst niemanden, der ein Tattoo im Gesicht hat. Komischerweise bekomme ich eher positive Kommentare von Menschen, die keine Tattoos haben. 'Ich finde, du bist sehr mutig', hat mir zum Beispiel mal jemand gesagt. Manchmal ist es sehr nervig, weil mein Gegenüber nur über die Tattoos und ihre Bedeutung reden und nichts von mir als Mensch wissen will. Es gibt einen sehr blöden Facebook-Kommentar, in dem ein Mann schreibt, dass ich wahrscheinlich viel besser ausgesehen habe, bevor ich die Tattoos hatte. 

Ich war auf dem College, bin aber jetzt gerade arbeitslos. Dass ich Tattoos im Gesicht habe, kann ein Problem auf der Arbeitsstelle sein, ich habe aber auch schon Jobangebote gerade wegen meines Gesichts bekommen. Zum Beispiel wollte mich ein Schmuckladen einstellen, weil sie meinten, ich würde die Aufmerksamkeit der Kunden auf mich lenken. Leider ist der Laden zu weit weg, sonst würde ich jetzt dort arbeiten."

„Es macht einen nervös, wenn jemand so nah am Auge mit einer Maschine arbeitet“  

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Max (39), Dolmetscher und Übersetzer aus Berlin

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"Ich habe mir mein Tattoo am 24. Dezember 2015 stechen lassen. Mein Tätowierer hat dafür extra den Laden aufgemacht. Ich hatte ein paar Monate davor eine Beziehung beendet, die zehn Jahre gedauert hat. Es war gut, das dann zu markieren. Es hat überhaupt nicht wehgetan. Der Moment war aber sehr aufgeladen und mit viel Adrenalin verbunden, weil das eine krasse Stelle ist. Das macht einen einfach nervös, wenn jemand so nah am Auge mit einer Maschine arbeitet. 

Es gibt verschiedene Bedeutungen für das Tränentattoo, je nach Kultur variiert das. Für mich bedeutet es Trauer und Verlust. Es gibt Leute, die nach zehn Jahren im Knast eine Träne neben ihr Auge tätowieren lassen. Oder solche, die jemanden umgebracht haben. Zum Glück haben auch berühmte Leute wie Amy Winehouse eine Träne im Gesicht und haben niemanden umgebracht. Einen der witzigsten Kommentare, nachdem ich mir das Tattoo habe stechen lassen, war 'Äh, du hast da irgendwas'. 

Ich werde aber insgesamt öfter auf die Tattoos an meinen Händen angesprochen. In der Arbeit ist das Tattoo eigentlich kaum ein Thema. Wenn ich auf einer wichtigen Veranstaltung dolmetsche, wo alle Anzug tragen, werde ich manchmal etwas komisch angeschaut, aber das war`s. Ich habe niemals bereut, dass ich mich für dieses Tattoo entschieden habe, ich würde es auch niemals entfernen lassen. "

„Der Tätowierer meinte, ich könnte doch noch ein bisschen mehr machen – und ich habe ihm vertraut“ 

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Thiemo (34), Verkäufer aus Berlin

Foto: privat

"Der erste Kommentar meiner Freundin nach dem Stechen war: 'Gott, das ist ja groß.' Inzwischen mag sie es zwar, aber sie beschwört mich, dass ich mir nicht noch ein weiteres Tattoo ins Gesicht machen lasse. Und das, obwohl sie überall am Körper tätowiert ist.

 

Ich habe mein Gesichtstattoo vor 10 Monaten stechen lassen. Das war ein sehr großer Schritt. Ich habe das immer schon machen lassen wollen. Erst hatte ich nur zwei Striche an der Seite geplant aber dann meinte der Tätowierer, ich könnte doch noch ein bisschen mehr machen – und ich habe ihm vertraut. Für mich bedeutet das Tattoo nichts Besonderes. 98% Prozent meiner Tattoos haben keine Bedeutung und sind einfach nur Körperschmuck für mich.

 

Ich werde auf der Straße schon viel angeschaut. Gestern in der Bahn standen ein paar Kids um mich herum, die haben mir dann ihre Arme gezeigt und mir erklärt, wo sie überall Tattoos haben wollen. Es ist immer ein Thema, wenn ich irgendwo neu bin.  Eine andere Person meinte: 'Oh, dein schönes Gesicht!' Viele sagen aber mittlerweile, dass das Tattoo eindeutig zu meinem Gesicht gehört."

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