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Basishelden: Luftballons gegen Gentechnik

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Was ist das Problem? Anlass für die Aktion ist die Ankündigung der Bundesregierung, im Herbst die Haftungsregeln des Gentechnik-Gesetzes verwässern zu wollen. So sollen Gentechnik-Produzenten künftig nur noch dann haften, wenn die Ernte von Nachbarfeldern zu mehr als 0,9 Prozent gentechnisch verunreinigt wurde. Das hohe Haftungsrisiko für Gentech-Produzenten ist derzeit aber eine entscheidende Hürde gegen einen großflächigen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Wieso seid ihr gegen die Grüne Gentechnik? Befürworter weisen immer wieder auf höhere Erträge, geringeren Chemikalieneinsatz und Pflanzen mit verbesserten Qualitätsmerkmalen hin. Wir halten Gentechnik in der Landwirtschaft prinzipiell für nicht verantwortbar und für eine Risikotechnologie. Die Folgen des Anbaus von Gentech-Pflanzen für Mensch und Umwelt sind nicht ausreichend erforscht. Immer wieder tauchen bei gentechnisch veränderten Pflanzen unerwartete Eigenschaften auf. Freigesetzte gentechnisch veränderte Organismen schaden zudem der Umwelt. Bereits jetzt zeigt sich, dass der Anbau von gentechnisch ver-änderten Pflanzen zu Artenrückgang führt und neue resistente „Super-Unkräuter“ entstehen. Von Gen-Pflanzen produzierte Gifte reichern sich im Boden an. Gentechnik wird gerne auch ins Feld geführt, um mit ihr den Hunger in anderen Teilen der Welt zu bekämpfen. Doch alle Erfahrung zeigt: Gentechnik in der Landwirtschaft steigert nur die Abhängigkeit der Kleinbauern von großen Saatgutkonzernen, von denen sie jedes Jahr auf's Neue teures Saatgut erwerben müssen. Die Lösung der Versorgungsknappheit in vielen Entwicklungsländern liegt vielmehr in einer gerechteren Landverteilung und stabilen Institutionen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Campact-Mitarbeiter lassen Luftabllons gegen die Verwässerung des Gentechnik-Gesetzes steigen, Foto: Kathrin Doepner Spielt der nichtzugelassene Genreis, der laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace bei Aldi gefunden, auch in diese Problematik mit rein? Sind genmanipulierte Pflanzen einmal ausgebracht, lassen sie sich nicht wieder aus der Umwelt entfernen. Dies zeigt auch der aktuelle Skandal um nicht zugelassenen Genreis, der sich von Versuchsfeldern unkontrolliert in konventionellen Reisanbau verbreitet hat. Die Gensequenzen stammen von dem so genannte Bt-Reis, der Stoffe enthält, der ihn vor Schädlingen schützen soll, die aber auch verdächtigt werden, bei Menschen Allergien auszulösen. Dies zeigt: Pollenflug und Auskreuzungen können veränderten Gensequenzen auf das Saatgut von Kultur- und Wildpflanzen übertragen. Damit werden auch konventionelle und Bio-Produkte belastet. Auf der Strecke bleibt die Freiheit von uns Verbrauchern, uns zwischen gentechnikfreien und belasteten Produkten entscheiden zu können. Wer sind die Bösen? In erster Linie die großen Gentechnik-Konzerne wie Monsanto und Syngenta, die mit Gentechnik hoffen, neue Märkte zu erschließen und noch stärkere Abhängigkeiten zwischen Bauern und ihnen entstehen zu lassen. Denn zu dem Saatgut gibt es auch passende Düngemittel und Pestizide, die gleich mit verkauft werden. Bisher hindern die hohen Haftungsrisiken noch viele Produzenten umzusteigen. Mit dem neuen Gentechnik-Gesetz, das die Regierungskoalition gerade erarbeitet, soll sich das ändern und das derzeitige strenge Gesetz verwässert werden. Was macht ihr dagegen? Aktuell rufen wir zu einer Lufballon-Aktion gegen die Verwässerung des Gentechnik-Gesetzes auf. Bereits über 5.000 Bürger haben ihren Protestballon mit dem Schriftzug „Genfood Nein Danke“ hinzugefügt, der im Oktober in Berlin auf einer Breite von über 100 Metern aus tausenden Ballons entstehen soll. Die danach entschwebenden Ballons symbolisieren den Pollen von Gentech-Pflanzen, der - einmal in die Umwelt entlassen - nicht mehr rückholbar ist.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Aktion gegen Softwarepatente in Straßburg vor dem EU-Parlament, Foto: campact.de Was habt ihr bisher erreicht? Die Aktion ist sehr gut angelaufen und täglich kommen 200 neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinzu. Politisch haben wir in den letzten Monaten auch schon einiges erreichen können. Landwirtschaftsminister Horst Seehofer war zu Beginn seiner Amtszeit noch wild entschlossen, den großflächigen Anbau von Gentechnik in der Landwirtschaft rasch den Weg zu ebnen. Doch dann regte sich ordentlich Widerstand von der großen Mehrzahl der Bürger, die die Grüne Gentechnik nicht wollen. Über 7.000 Menschen beteiligten sich an einer Campact-Aktion und schickten dem Minister unter dem Motto „Stoppt Seehofer“ eine E-Mail. Schon jetzt können wir erste Erfolge feiern: Die Pläne, dass Standortregister mit Flächen von Gentech-Anbau nicht mehr zu veröffentlichen, sind mittlerweile genauso vom Tisch, wie ursprünglich geplante sehr lasche Haftungsregeln. Wie passt der kleine Konflikt ins große Bild? Wir müssen insgesamt den Trend zur Industrialisierung der Landwirtschaft stoppen und eine Agrarwende hin zu ökologischer Erzeugung unserer Lebensmittel vorantreiben. Hier ist entscheidend, wie die EU-Subventionen in die Landwirtschaft verwandt werden. Jeder und jede von uns zahlt im Jahr durchschnittlich 100 Euro in den EU-Agraretat. Die meisten Subventionen füllen die Taschen der industriellen Landwirtschaft und großer Lebensmittelkonzerne. Mit dieser Subventionspolitik muss deshalb Schluss sein. Ein erster Schritt zu einer veränderten Agrarpolitik ist Transparenz, wie die insgesamt 40 Milliarden Euro Subventionen ausgegeben werden. Wer bekommt wie viel und wofür? Derzeit ruft Campact Bürger im auf, unter transparenz-muss-her.de Wirtschaftsminister Michael Glos und Landwirtschaftsminister Horst Seehofer eine E-Card zu schicken, damit sie sich nicht weiter gegen eine weitreichende Offenlegung der Subventionen stemmen. Worauf verlasst ihr euch: Geld oder Menschen? Im Mittelpunkt von Campact stehen Menschen, die über unser Netzwerk aktiv werden und sich in aktuelle politische Entscheidungen einmischen. Doch natürlich kosten unsere Aktionen und Kampagnen viel Geld und hierfür sind wir auch immer wieder auf die Unterstützung von tausenden Menschen angewiesen. Jeden, der an einer Campact-Aktion teilnimmt, bitten wir auch um eine Spende und es freut mich immer wieder zu sehen, wie viele Menschen 5, 10 oder 50 Euro geben, damit wir weiter machen können. Es ist bei uns finanziell meist ziemlich eng, aber es reicht, um weiter neue Kampagnen und Aktionen auszuhecken und anzuschieben. Ist Basisarbeit manchmal frustrierend? Gerade eher ziemlich motivierend, wenn ich sehe, wie viele Menschen stündlich zu Campact stoßen und aktiv werden.

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